Eine Affäre in Berlin. Margaux Navara
Sex entschieden? Das und noch mehr war es wohl gewesen, ein Versprechen und zugleich eine Vorhersage, eine unabänderliche Tatsache, unwiderrufbar. Denn dass Sex mit ihr sein Ziel war, musste sie sich schon eingestehen. Sie würde sich nicht selbst belügen.
Die Wirklichkeit drängte sich in ihre Träumerei. Sie war verheiratet. Sie hatte einen Mann. Einen Mann, der gerade sein Auto suchte, damit er abreisen konnte. Doch alles, was sie im Moment deswegen empfand, war Erleichterung. Ja, er würde abreisen, und sie würde hier bleiben. Und sie würde ihn betrügen. Und ihr schlechtes Gewissen, wo immer es sein mochte, könnte warten, bis sie wieder zu sich kam.
Rolf musste auch an ihren Mann gedacht haben. Er lehnte sich in seinen Sitz zurück und nahm seinen brennenden Blick von ihr, entließ sie damit zugleich in die Realität.
„Zuerst helfen wir Ihrem Mann, sein Auto zu finden, Sophie. Und dann frage ich Sie noch einmal.“
Was? Er gab ihr Zeit zum Überlegen, nachdem sie sich schon entschieden hatte? Verdammt, er war auch noch nett! Sie würde ihm ganz und gar verfallen, wenn er so weiter machte.
Dann ließ er den Motor an und ließ ihn einmal aufröhren. Sophie wurde ganz schwach. Dieses Geräusch zusammen mit dem Brummen in ihrem Bauch sorgte für eine Hitzewelle, die sich in ihrer Vagina manifestierte und ihr Gummiknie bescherte. Würde sie nicht bereits sitzen, wäre sie zusammen gebrochen. Es war unglaublich, wie sehr das Geräusch und der Anblick des Mannes neben ihr sie erregte – sie würde tatsächlich noch kommen, ehe sie die Tiefgarage verlassen hatte, wenn sie sich nicht zusammenriss. Was sie mit aller Macht tat.
Das Tor öffnete sich nur langsam auf ein unsichtbares Signal hin, dabei summte der Wagen auf niedrigen Touren und ihr Fahrer sah sie wieder an. Sie zwang sich dazu, nicht zu ihm zu schauen, senkte aber den Blick auf ihren Schoß.
Dabei fiel ihr auf, dass sie sich auf ihre Hände gesetzt hatte. Wann war das denn geschehen? Und warum? Was wollte sie verhindern, was ihre Hände hätten tun können? Hätte sie ihn angefasst? Wäre sie am Ende noch über ihn hergefallen und hätte ihn hier im Auto vergewaltigt? Ihr Unterbewusstsein wusste wohl besser, was sie mit ihren Händen nicht tun sollte.
Der Gedanke an die versuchte Vergewaltigung ließ sie allerdings lächeln. In diesem Auto? Niemals. Es war nicht für solche Spiele gemacht. Es war bestimmt geräumig für einen Sportwagen und bequem wie ein Massagesessel, aber niemals für Turnereien der besonderen Art geeignet. Was für ein Glück, sonst würde sie jetzt vielleicht schon auf seinem Schoß sitzen und …. Oh nein, stopp!
„Worüber lächeln Sie?“ fragte er.
Sie schaute nun doch zu ihm. Gott, er sah wunderbar aus. Er passte in dieses Auto wie ein Wolf in seinen Pelz.
„Ich habe gerade an etwas gedacht, das man in diesem Auto nicht tun sollte.“ Welcher Teufel war denn jetzt in sie gefahren? So eine freche Anspielung!
Er wusste genau, was sie meinte: „Aber das man sonst überall tun kann, sofern man genug Platz dafür hat, ja?“
Seine Stimme klang einige Noten tiefer als vorher. Die Schwingungen trafen direkt auf die Nerven im Bauch und auch darunter.
„Ja, schon, aber zum Glück nicht in diesem Auto. Ich bin also erst einmal sicher.“
Wenn sie sich das lange genug einredete, würde sie es vielleicht glauben.
„Vor mir oder vor Ihnen?“ fragte Rolf. Und fügte hinzu: „Wollen Sie Ihre Hände noch lange so abquetschen?“
Sophie wurde rot. Sie nestelte ihre Hände unter sich hervor. Sie waren wirklich schon ganz gequetscht und ihre Handgelenke schmerzten wieder. Sie hatte sich mit vollem Gewicht darauf gesetzt.
„Nun, beides, scheint mir. Übrigens, das Tor ist offen, wollen Sie nicht hindurch fahren?“
„Ja, ich möchte gerne in diese Öffnung. Jederzeit. Ich bin bereit. Sie auch, Sophie?“
Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern fuhr los, langsam und gleichmäßig, so wie er es auch in einer anderen Öffnung tun würde, sofern sie sich für ihn öffnen würde.
Sophie wandte den Blick wieder von ihm ab. Ihre Gedanken schlugen Purzelbäume. Auf was ließ sie sich gerade ein? Wollte sie das wirklich? Was für eine Frage! Die Chance, mit einem so tollen Mann Sex zu haben, würde sich ihr vielleicht nie mehr im Leben bieten.
Nicht, dass sie ihrem Mann nicht treu sein wollte! Sie waren schon einige Jahre zusammen und sie hatte ihn nie betrogen. Aber sie hatten ein Problem, wie es in vielen Ehen vorkommt. Ihre Ehe war zur Routine geworden, sie sahen sich nur selten, da ihr Mann viel unterwegs war. Sie hatten auch nur noch selten Sex, eher unregelmäßig und oft – auch wenn sie sich das nicht gerne eingestand – war auch das eher Routine als heiße Lust.
Und nun bot sich hier die Gelegenheit für ein Abenteuer. Schließlich hatte ihr Mann ihr selbst sofort nach dem Telefonat, das ihn abrief, geraten, doch alleine hier zu bleiben. Sie konnte mit dem Zug nach Hause fahren, aber die vier Tage in der Stadt sollte sie doch genießen. Geschäfte und Sehenswürdigkeiten gab es hier schließlich genug, um sich die Zeit zu vertreiben.
Ihr Retter fuhr derweil mit ihr durch dunkle Straßen, bog zweimal um die Ecke und war dann etwa dort, wo sie gefallen war. Er zog langsam an allen parkenden Autos vorbei, drehte nach dem ersten Block um und nahm sich die andere Seite vor. Dasselbe taten sie noch entlang zwei weiterer Blocks. Dann fuhr er in die Seitenstraßen und in der Dritten hatten sie endlich Glück. Da stand er.
Sophie tat es leid, dass sie ihn schon gefunden hatten. Es war einfach fantastisch hier in dem heißen Feger, auch wenn sie nur mit wenig mehr als Schrittgeschwindigkeit fuhren. Die Hitze, die zuvor im Auto entstanden war – nicht die tatsächliche, der Wagen war gut klimatisiert – hatte sich gelegt, und sie hatten eine etwas unkonzentrierte Unterhaltung geführt, da beide mit dem Kontrollieren der Kennzeichen beschäftigt waren. Er hatte sie gefragt, ob sie ihre Kinder zu Hause gelassen hätten – eine Frage, die einfach zu beantworten war, da sie keine hatten. Dann wollte er wissen, in welcher Branche ihr Mann tätig sei, was sie ihm sagte. Durch die Beiläufigkeit der Fragen war sie sich gar nicht so sicher, was sie ihm alles erzählt hatte, wie ihr jetzt bewusst wurde.
„Und jetzt? Wie bringen wir jetzt Ihren Mann und sein Auto zusammen?“
„Ich muss gestehen, dass ich mein Handy vergessen habe. Deshalb wird es das Klügste sein, zum Hotel zurück zu fahren und zu schauen, ob er dort ist oder ihn von dort aus zum Auto zu dirigieren.“
„Wollen Sie mein Handy benutzen?“, schlug Rolf vor.
Sophie legte den Kopf schief, während sie überlegte. „Ehrlich gesagt, nein.“ Dabei sah sie ihm in die Augen.
Er nickte nur, er hatte verstanden.
„Also dann zum Hotel. Dies hier ist die Jägerstraße, und zwar zwei Block östlich der Friedrichstraße.“ Er fuhr um den Block, zurück zur Friedrichstraße und stellte sich etwa hundert Meter entfernt vom Hotel an den Straßenrand.
„Wie kann ich Sie erreichen?“
Das war die Frage, die Sophie gefürchtet hatte. Alles lief doch auf das Eine hinaus: Würde sie hier bleiben und höchstwahrscheinlich mit diesem Mann Sex haben oder würde sie brav nach Hause fahren und der verpassten Gelegenheit hinterhertrauern, dafür aber mit reinem Gewissen?
Sie wusste an der Art, wie sie sich die Frage stellte, bereits die Antwort. So sehr sie sich wünschte, die Größe zu haben, einfach Danke zu sagen und die treue Ehefrau zu sein, so sehr wusste sie auch, dass sie es auf ewig bereuen würde. Sie wollte diese Chance nutzen, sie wollte nicht mit irgendjemandem, aber mit diesem sexy Mann ins Bett gehen und wissen, was es auf sich hatte mit dem Fremdgehen und mit hoffentlich wildem, ungehemmtem Sex.
„Sie können mich im Hotel erreichen. Hinterlassen Sie einfach eine Nachricht, wann wir uns sehen können.“
Sie wollte schon aussteigen, als er sie am Arm packte und ein wenig zu sich herüber zog. Als sie ihm in die Augen schaute, hielt er ihren Blick bewusst