Die Namenlosen. Уилки Коллинз

Die Namenlosen - Уилки Коллинз


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und vorwärts vollführt hatte, gesellte sich ein schlanker, stiller, grauhaariger Mann zu ihm, dessen persönlichem Erscheinungsbild ein deutlicher Charakter irgendeiner Art völlig fehlte; sein ausdrucksloses Gesicht und seine konventionell-ruhige Art boten nichts, was Zustimmung auf sich zog, und nichts, was Abneigung ausgelöst hätte. Das war Mr. Pendril – der Mann, an dessen Lippen die Zukunft der Waisen von Combe-Raven hing.

      „Die Zeit verrinnt“, sagte er und blickte in Richtung des Sträuchergartens, während er sich Mr. Clare anschloss.

      „Meine Verabredung mit Mis Garth ist um elf Uhr; es fehlen nur noch zehn Minuten zur vollen Stunde.“

      „Werden Sie allein mit ihr sprechen?“, fragte Mr. Clare.

      „Ich habe es Miss Garth überlassen, das zu entscheiden – nachdem ich sie zuallererst gewarnt habe, dass die Umstände, die zu enthüllen ich gezwungen bin, von sehr ernster Natur sind.“

      „Und hat sie entschieden?“

      „Sie schreibt mir, dass sie den Termin mit mir gegenüber beiden Töchtern erwähnt und die Warnung, die ich ausgesprochen habe, wiederholt habe. Die ältere der beiden schreckt – wer würde sich darüber wundern? – vor jedem Gespräch im Zusammenhang mit der Zukunft zurück, welches ihre Gegenwart schon am Tag nach der Bestattung erfordert. Die jüngere hat, wie es scheint, keine Meinung zu dem Thema geäußert. Wie ich es verstehe, duldet sie es, sich passiv vom Beispiel ihrer Schwester leiten zu lassen. Das Gespräch wird also mit Miss Garth allein stattfinden – und das zu wissen, ist für mich eine große Erleichterung.“

      Die letzten Worte sprach er mit mehr Nachdruck und Energie, als es sonst seine Gewohnheit zu sein schien. Mr. Clare blieb stehen und sah seinen Gast aufmerksam an.

      „Sie sind fast so alt wie ich, Sir“, sagte er. „Hat Ihre lange Erfahrung als Anwalt Sie noch nicht abgehärtet?“

      „Ich wusste nie, wie wenig sie mich abgehärtet hat“, entgegnete Mr. Pendril leise, „bis ich gestern von London zurückgekehrt bin, um an der Bestattung teilzunehmen. Man hatte mich nicht gewarnt, dass die Töchter sich entschlossen hatten, ihren Eltern bis zum Grab zu folgen. Ich glaube, ihre Gegenwart hat die letzte Szene dieses entsetzlichen Schicksalsschlages doppelt schmerzlich und doppelt rührend gemacht. Sie haben gesehen, wie bewegt die große Menschenmenge war – und sie waren in Unkenntnis der Wahrheit; sie wussten nichts von der grausamen Notwendigkeit, die mich heute Morgen in das Haus führt. Das Wissen um diese Notwendigkeit – und der Anblick der armen Mädchen zu der Zeit, als ich meine schwere Pflicht gegen sie am schmerzlichsten spürte – haben mich erschüttert, wie ein Mann in meinen Jahren und mit meiner Lebensweise nicht oft durch einen Kummer in der Gegenwart oder eine Unsicherheit in der Zukunft erschüttert wird. Ich habe die Fassung auch heute Morgen nicht wiedergewonnen. Bisher fühle ich mich meiner selbst kaum sicher.“

      „Die Fassung eines Mannes – wenn es ein Mann wie Sie ist – kommt mit der Notwendigkeit“, sagte Mr. Clare. „Sie hatten sicher schon Pflichten zu erfüllen, die auf ihre Weise ebenso aufreibend waren wie diejenige, die heute Morgen vor Ihnen liegt.“

      Mr. Pendril schüttelte den Kopf. „Viele ebenso schwere Pflichten; viel romantischere Geschichten. Aber keine Pflicht war so misslich, keine Geschichte so hoffnungslos wie diese.“

      Mit diesen Worten gingen sie auseinander. Mr. Pendril verließ den Garten auf dem Weg zwischen den Sträuchern, der nach Combe-Raven führte. Mr. Clare kehrte in sein Cottage zurück.

      Als er im Korridor stand, blickte er durch die offene Tür seines kleinen Salons und sah Frank in untätiger Erbärmlichkeit dort sitzen; sein Kopf ruhte erschöpft auf seiner Hand.

      „Ich habe eine Antwort von deinen Arbeitgebern in London erhalten“, sagte Mr. Clare. „In Anbetracht der Ereignisse halten sie das Angebot, das sie dir gemacht haben, noch einen weiteren Monat aufrecht.“

      Frank wechselte die Farbe und erhob sich nervös von seinem Stuhl.

      „Haben meine Aussichten sich geändert?“, fragte er. „Werden Mr. Vanstones Pläne für mich nun nicht mehr ausgeführt? Er hat zu Magdalen gesagt, in seinem Testament werde für sie gesorgt. Sie hat seine Worte vor mir wiederholt; sie hat gesagt, ich solle alles wissen, was er in seiner Güte und Großzügigkeit für uns beide getan hätte. Wie kann sein Tod eine Veränderung bedeuten? Ist irgendetwas geschehen?“

      „Warte, bis Mr. Pendril von Combe-Raven zurückkommt“, sagte sein Vater. „Frage ihn – frage nicht mich.“

      In Franks Augen stiegen die Tränen hoch.

      „Du wirst doch nicht streng zu mir sein?“, bettelte er schwach. „Du erwartest doch nicht, dass ich wieder nach London fahre, ohne dass ich zuvor Magdalen gesehen habe?“

      Mr. Clare sah seinen Sohn nachdenklich an und überlegte ein wenig, bevor er antwortete.

      „Du kannst dir die Augen abtrocknen“, sagte er. „Du wirst Magdalen sehen, bevor du zurückfährst.“

      Nachdem er diese Antwort gegeben hatte, verließ er den Salon und kehrte in sein Studierzimmer zurück. Die Bücher lagen wie gewöhnlich griffbereit. Er schlug eines davon auf und machte sich auf die übliche Weise daran, es zu lesen. Aber seine Aufmerksamkeit schweifte ab; von Zeit zu Zeit wanderten seine Blicke zu dem leeren Sessel gegenüber – dem Sessel, auf dem sein alter Freund und Plauderkamerad in so manchem vergangenen Jahr gesessen und humorvoll mit ihm gestritten hatte. Nachdem er mit sich gekämpft hatte, schloss er das Buch. „Verd…mmter Stuhl!“, sagte er. „Er wird von ihm reden. Und ich muss zuhören.“ Er nahm seine Pfeife von der Wand und füllte sie mechanisch mit Tabak. Seine Hand bebte, seine Blicke wanderten an den alten Platz, und unwillkürlich entrang sich ihm ein Seufzen. Der leere Sessel war das einzige irdische Argument, auf das er keine Antwort hatte. Sein Herz räumte die Niederlage ein und ließ seine Augen trotz allem feucht werden. „Am Ende hat er mich doch besiegt“, sagte der mürrische alte Mann. „Es gibt immer noch eine schwache Stelle in mir – und er hat sie gefunden.“

      Währenddessen betrat Mr. Pendril den Sträuchergarten und folgte dem Pfad, der zu dem einsamen Garten und dem trostlosen Haus führte. An der Tür empfing ihn der Diener, der offensichtlich schon in Erwartung seiner Ankunft bereitstand.

      „Ich habe eine Verabredung mit Miss Garth. Ist sie bereit, mich zu empfangen?“

      „Durchaus bereit, Sir.“

      „Ist sie allein?“

      „Ja, Sir.“

      „In dem Zimmer, das Mr. Vanstones Studierzimmer war?“

      „In diesem Zimmer, Sir.“

      Der Diener öffnete die Tür, und Mr. Pendril trat ein.

      Die Gouvernante stand allein am Fenster des Studierzimmers. Der Vormittag war drückend heiß; als Mr. Pendril hereinkam, schob sie gerade den unteren Teil des Schiebefensters hoch, um mehr Luft hereinzulassen.

      Sie verbeugten sich mit einer formellen Höflichkeit, die auf beiden Seiten ein unbehagliches Gefühl des Gehemmtseins verriet. Mr. Pendril gehörte zu den vielen Männern, die auf den ersten Blick höchst unvorteilhaft wirken, wenn sie unter dem Einfluss starker geistiger Erregung stehen, die sie notwendigerweise unter Kontrolle halten müssen. Miss Garth hatte ihrerseits nicht vergessen, mit welchen unziemlich reservierten Worten der Anwalt auf ihren Brief geantwortet hatte, und die natürliche Angst, die sie wegen des Themas ihres Gesprächs empfand, wurde nicht durch eine vorteilhafte Meinung über den Mann, der darum ersucht hatte, gemildert. Als sie einander in der Stille des Sommermorgens gegenüberstanden – beide schwarz gekleidet; Miss Garth’ harte Gesichtszüge hager und ausgezehrt vor Kummer; das kalte, farblose Gesicht des Anwalts ohne jeglichen erkennbaren Ausdruck, so dass es an eine geschäftliche Peinlichkeit und sonst nichts denken ließ – hätte man schwerlich zwei Menschen finden können, die äußerlich weniger stark jedes gewöhnliche Mitgefühl auf sich gezogen hätten als die beiden, die jetzt zusammengetroffen waren, der eine, um die Geheimnisse der Toten zu offenbaren, die andere, um sie zu hören.

      „Ich bedaure es aufrichtig, Miss


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