Die großen Schlagzeilen Ostbayerns. Mittelbayerische Zeitung
Metern Höhe ihr letztes Hochlager. Von dort aus wollen sie die Gipfeletappe in Angriff nehmen. Dafür teilt sich die Gruppe auf: Der erste Trupp unter Führung von Gerhard Schmatz bricht am frühen Morgen des 1. Oktober 1979 auf. Gegen 14 Uhr erreichet er „überglücklich“ sein Ziel, wie Schmatz später schreibt. Mit seinen 50 Jahren ist er der bis dahin älteste Mount Everest-Bezwinger. Doch die Schneeverhältnisse sind schlecht. Schmatz versucht seine Frau davon abzubringen, am nächsten Tag auch bis ganz nach oben aufzusteigen. Vergeblich.
Schlechtes Wetter
Am 2. Oktober brechen mehrere Seilschaften auf. Auf ihrem Weg liegt unter anderem der Hillary-Step, ein schmaler Grat: „Links fällt die Wand 2000 Meter nach Nepal ab, rechts bricht ein steile Eisflanke 3000 Meter nach Tibet ab“, berichtet Kämpfe. Um 13 Uhr hat er sein „Traumziel“ erreicht und steht auf dem Dach der Welt. Auf dem Rückweg, das Wetter wird schlechter, trifft Kämpfe Hannelores Gruppe, etwa 15 Minuten unterhalb des Gipfels. „Hannelore hat einen guten Eindruck auf mich gemacht“, erinnert er sich. „Sie hat mir noch ein Eisbonbon gegeben, solche hatte sie immer dabei“, erzählt er. Schneewehen peitschen den Bergsteigern ins Gesicht. Kämpfe erreicht gegen 18 Uhr das Lager. Zwei Stunden später kommt müde und erschöpft einer der Sherpas aus Hannelores Gruppe. Aufgeregt erzählt er, dass die anderen oben in einer Schneehöhle biwakieren. Er habe Hannelore und Ray noch angefleht, mit ihm abzusteigen. Sherpa Sundare, der mit den beiden oben bleibt, wird das Abenteuer als Einziger überleben.
Gerhard Schmatz kann nicht einmal die Leiche seiner Frau bergen. „Ein langer, erfolgreicher, aber unendlich tragischer Weg war zu Ende“, notiert er später zu Hause über die Ereignisse. Noch jahrelang war die Leiche der „German woman“ ein gefrorenes Mahnmal für andere Bergsteiger: Sie saß im Schnee, an den Rucksack gelehnt, hoch über dem Südsattel, bis der Wind sie schließlich in die Tiefe weht.
Am 11. Oktober 1979 sorgt das Unglück für Schlagzeilen. Foto: Unrecht
Gipfel ist „nur der halbe Weg“
Am 27. Mai 1999, fast zwanzig Jahre nach Hannelore Schmatz, steht Helga Hengge als zweite Deutsche auf dem Gipfel der Mount Everest. Sie kehrt zum Glück wieder heil zurück. Hengge, die anders als Schmatz über die Nordroute aufgestiegen ist, hat erst nach ihrer eigenen Expedition von dem tragischen Unglück der Regensburgerin gehört. „Ihre Geschichte hat mich sehr berührt“, sagt die 47-Jährige, „sie hatte den gleichen Traum wie ich: einmal auf dem höchsten Berg der Welt zu stehen“. Dass Frauen es unter solch extremen Bedingungen, wie sie im Hochgebirge herrschen, schwerer haben als Männer, glaubt Hengge nicht. „Wer ein so großes Ziel erreichen will, muss bereit sein zu kämpfen und da ist es ganz egal, ob man Mann oder Frau ist.“ Viel Willenskraft und Begeisterung sei dafür nötig, gleichzeitig müsse man sich sicher sein, dass man im entscheidenden Moment auch loslassen könne. „Der Gipfel ist immer nur der halbe Weg“, gibt Hengge zu Bedenken. „Die Bergsteiger, die am Mount Everest ihr Leben gelassen haben, waren alle eine Warnung für uns.“ Hengge, die in der Nähe von München lebt, denkt bis heute gern an ihre Gipfelnacht vor 15 Jahren zurück: „Der fast volle Mond hat uns hinauf zum Grat geführt. Der Wind war fort und eine unendliche Stille hat sich ausgebreitet“, erinnert sie sich. Immer wenn sie heute in den vollen Mond hinaufschaue, denke sie an diese Nacht.
Hannelore Schmatz hat ihren Traum vom Gipfelglück mit dem Leben bezahlt.
Die weinende Madonna im Reihenhaus
Die großen Schlagzeilen Ostbayerns: 1977 wird Schwandorf zur Pilgerstätte für Wundergläubige. Bischof Graber lässt den Fall untersuchen.
Diese weinende Madonna lockte erst die Presse und dann hunderte Pilger ins Schwandorfer Lindenviertel. Für Fotos verlangten die Besitzer Geld und machten gute Geschäfte. Foto: Ponnath
Von Isolde Stöcker-Gietl, MZ
Schwandorf. Mit Bussen drängen sie ins Schwandorfer Lindenviertel. Die Pilger wollen zur weinenden Maria. In einem Reihenhäuschen tritt das Phänomen erstmals im Januar 1977 auf. Die Bewohnerin, eine sehr gläubige Katholikin, die sich unter dem Dach eine Hauskapelle eingerichtet hat, entdeckt beim Morgengebet die Wassertropfen auf dem Bild einer Fatima-Madonna, die sie aus Italien mitgebracht hat. Sie scheinen aus den Augen zu fließen. Die 55-Jährige glaubt sofort an ein Wunder. Der Trubel bricht los, als ein Regensburger Studienrat, ebenfalls sehr gläubig und empfänglich für Wunderdinge, mit Hilfe eines Chemiebaukastens die Echtheit der Tränen feststellt. Für die Familie beginnt ein einträgliches Geschäft.
Wände voller Marienbilder
Peter Ponnath arbeitete damals als Redakteur für die Mittelbayerische Zeitung in Schwandorf und hatte am Stammtisch von den seltsamen Vorkommnissen erfahren. „Also fuhr ich hin und klingelte an der Tür. Die Hausherrin öffnete und führte mich in die Mansarde zur Hauskapelle“, erinnert er sich im Gespräch mit der MZ. Hier wurde offensichtlich ein besonders tiefer Glaube gelebt. Ein gutes Dutzend Marienfiguren standen in Reih und Glied, die Wände waren mit Jesus- und Mariendarstellungen tapeziert. Doch bei Ponnaths Besuch weinte die Madonna nicht, sie hatte es nur im Winter getan. 27 Tage lang.
Blut- und Tränenwunder sorgen immer wieder für helle Aufregung in der katholischen Kirche. Allein in Italien soll es mehr als 190 Blutreliquien geben. Weinende, blutende, schwitzende Statuen und Heiligenbilder werden regelmäßig auch aus anderen katholischen Ländern Europas und den USA gemeldet. Öffentlich reagiert die Kirche auf solche Mysterien diplomatisch. „Der Glauben gründet sich nicht nur auf Zeichen und Wunder“, kommentierte der damalige Kardinal Joseph Ratzinger die blutigen Tränen der Muttergottes von Civitavecchia. Die meisten Wunder würden sich durch ein natürliches Phänomen aufklären, der Rest sei auf Geschäftemacherei zurückzuführen, schreibt Bernd Harder von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften in einem Aufsatz.
Im Januar 1977 stellt eine Hausfrau aus Schwandorf an einem Marienbild, das sie in ihrer Hauskapelle unter dem Dach hängen hat, Wassertropfen am Auge fest.
Als Ponnath im August 1977 seinen Artikel „Geschehen in einer Schwandorfer Familie Wunderdinge“ veröffentlichte, trat er eine Welle los. Auch „Die Woche“, die „Neue Revue“ und sogar der „Stern“ kamen in die Oberpfalz, um über die weinende Madonna zu schreiben. Beim Bistum Regensburg war man wenig erfreut, als das angebliche Wunder publik wurde und die Pilgerströme einsetzten. Bis aus dem Sauerland kamen die Gläubigen in Bussen. Ein Pilgerführer aus Essen rief an, um sich „nach dem Wallfahrtsort Schwandorf mit Zielpunkt Hauskapelle“ zu erkundigen.
Der arbeitslose Reihenhausbesitzer und seine Frau kamen angesichts des Rummels auf eine Idee. Sie ließen Bildchen von der weinenden Madonna drucken und verteilten sie unter den Besuchern – das Stück für 3,80 Mark, erinnert sich Ponnath. Von Zeitungsfotografen wurden immer höhere Honorare verlangt. Bis zu 1000 Mark wollte man für ein Bild mit der betenden Hausherrin haben. Die Schwandorfer Geistlichen reagierten zunehmend verärgert, was wiederum die Madonnenbild-Besitzerin erzürnte. Bischof Rudolf Graber schrieb einen Brief, in dem er „jegliche weitere Verbreitung der Erlebnisse“ auf unabsehbare Zeit verbat. Eine Expertenkommission wurde eingesetzt, um die Tränen auf ihre Echtheit zu überprüfen. Die Herrschaften im Reihenhaus sahen darin Missgunst. „Das alles ist eine Kampagne der Kreuzberger Patres, die Angst haben, dass durch die weinende Madonna ihre Wallfahrtskirche