Trust Me. Melody Adams
Vater lachte und klopfte mir auf den Schenkel.
„Nicht, solange du zur Familie gehörst, Principessa.“
„Und du bist sicher, die wissen das?“, fragte ich skeptisch.
„Keine Bange. Hercules und Thor werden dich nicht auffressen“, lachte mein Vater.
„Hercules und Thor, hmm? – Großartig. Freu mich schon, sie kennenzulernen.“ Der Sarkasmus in meiner Stimme war mehr als deutlich. Mein Vater lachte leise.
Jemand öffnete die Tür, und mein Vater deutete mir, auszusteigen.
„Nach dir“, sagte ich, einen argwöhnischen Blick auf die zwei Höllenhunde werfend, die vor dem Auto auf und ab hüpften und wie wild bellten. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie plötzlich einen zweiten Kopf bekommen hätten. Meine Hände begannen zu schwitzen, und mein Herz raste wie verrückt.
Mein Vater zuckte mit den Schultern und stieg zuerst aus. Er reichte mir die Hand und half mir aus dem Wagen. Zwei riesige Hundeschnauzen begannen mich ab zu schnüffeln und ich konnte nur mit Mühe einen panischen Schrei unterdrücken. Was, wenn sie entschieden, dass ich wie ihre Leibspeise roch?
Tony
Ich tigerte in meinem Wohnzimmer auf und ab. Heute lief Sophias Ultimatum ab. Was, wenn sie nicht zurück kam? Ich hatte alles auf eine Karte gesetzt und dabei alles riskiert. Warum nur hatte ich das getan? Ich hätte sie nicht gehen lassen dürfen. Sie liebte mich, das hatte sie mir gesagt. Ich hätte es dabei belassen sollen und basta. Aber nein, ich wollte mal wieder zu viel. Ich wollte, dass sie wirklich mich liebt. Den wahren Tony. Mit all meinen guten und schlechten Seiten. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, ihr die Videos von der Folter zu geben? Welche Frau, die noch normal tickte, würde den Mann auf den Videos wollen. Einen Sadisten. Ein Mann, der in die Kamera grinste, während er einen Menschen ausweidete. Verdammt! Ich hätte es nicht tun dürfen. Wut auf mich selbst und Frust darüber, dass Sophia noch nicht zurück war und wohl auch nicht kommen würde, ließen mich schließlich explodieren. Mit einem lauten Brüllen rammte ich meine Faust in einen Stützbalken. Ich bearbeitete den Balken, bis meine Knöchel nur noch eine einzige blutige Masse waren.
„FUCK! FUCK! FUUUUUUUCK!“, brüllte ich.
Ich wollte gerade wieder auf den verdammten Balken einschlagen, als jemand von hinten meine Arme packte.
„Tony!“, drang Nicolos Stimme an mein Ohr. „Was ist passiert? – Hey! Rede mit mir, Mann.“
„Sie kommt nicht“, brachte ich erstickt hervor. „Sie hat mich verlassen.“
Tränen quollen aus meinen Augen. Was war los mit mir, verdammt? Ich heulte nie. Ich war kalt wie ein Fisch. Emotionslos. Ich heulte nicht, verdammt noch Mal!
„Komm. Setzen wir uns“, sagte Nicolo und führte mich zur Couch.
Kraftlos ließ ich mich niederfallen. Nicolo ging zur Bar und ich hörte wie er etwas einschenkte. Wenig später hielt er mir ein Glas vor die Nase. Ich nahm es automatisch entgegen und setzte es an die Lippen, um es in einem Zug zu leeren. Nicolo schenkte mein Glas nach, ehe er sich mir gegenüber auf einen Sessel fallen ließ.
„Erzähl! Was ist passiert? Hat sie gesagt, dass sie nicht kommen wird?“
„Nein. Sie ... Heute läuft ihr Ultimatum ab, und sie ist nicht gekommen.“
„Der Tag ist noch nicht zu Ende“, warf Nicolo ein.
„Sie wird nicht kommen!“, schnappte ich. „Welche Frau würde einen Mann wollen, der Spaß daran hat, andere zu Tode zu foltern? – Ich hätte ihr nie diese Videos zeigen sollen. Ich hab alles vermasselt!“
„Aber sie hat gesagt, dass sie dich liebt“, gab Nicolo zu bedenken.
„Ja. Das war bevor sie die Videos gesehen hat.“
„Liebe vergeht nicht so einfach, Tony. Sie ist vielleicht nur etwas verstört. Unsicher. Sprich mit ihr.“
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich ... Es ist vielleicht besser so. Sie verdient einen besseren Mann als mich. Ich musste sie gehen lassen. Sie zu halten war egoistisch.“
„Das hat dir keine Kopfschmerzen bereitet, als du sie von Alfredo gekauft hast“, erwiderte Nicolo trocken. „Seit wann gibst du einen Scheiß darauf, was richtig oder falsch ist?“
„Seit ... seit ich mich in sie verliebt habe.“
„Fuck!“
„Ja. – Fuck!“
Drei Tage waren vergangen seitdem Sophias Ultimatum verstrichen war. Ich war bereit Amok zu laufen. Gestern hatte Tony einen Mann zum Verhör gebracht. Ich hatte eine verdammte Sauerei veranstaltet. Die Art, wie ich den Kerl gefoltert hatte, sein Leiden hinausgezögert hatte, war selbst für meine Verhältnisse extrem gewesen. Nicolo hatte mich gelassen. Selbst als ich nicht aufhörte, nachdem der Kerl zu singen angefangen hatte. Er wusste, dass ich ein Ventil brauchte um meinen Frust heraus zu lassen und er hatte mir dieses Ventil gegeben. Doch die Befreiung hatte nur eine kurze Weile angehalten. Ich trainierte bis zur Erschöpfung. Hatte mir einen Holzvorrat für mindestens drei verdammte Jahre gehackt und noch immer war der Vulkan in mir nicht abgeflaut. Er würde ausbrechen. Bald. Wenn ich nicht bald etwas unternahm, dann würde es hier Mord und Totschlag geben.
Ein Wagen fuhr vor dem Haus vor. Ich ging zum Fenster und schob die Gardine zur Seite. Nicolo stieg aus seinem SUV und kam auf meine Hütte zu. Ich öffnete ihm, noch ehe er klopfen konnte.
„Hey! Du siehst beschissen aus, Mann.“
„Danke“, brummte ich. „Nicht jeder kann aussehen wie Blaubeermuffins mit Einhornglitter.“
Nicolo schüttelte seufzend den Kopf und ging an mir vorbei direkt zur Bar, als wäre er hier zuhause.
„Warum kommst du nicht rein, Nicolo? Darf ich dir einen Drink anbieten?“, fragte ich sarkastisch und schloss die Tür.
Als ich bei der Sitzecke angekommen war, kam Nicolo von der Bar zurück und hielt mir ein Glas mit Bourbon entgegen. Ich nahm das Glas an und nahm einen Schluck, ehe ich im Raum auf und ab ging, dabei immer wieder einen Schluck von dem Whisky nehmend.
„So kann es nicht weiter gehen, Tony“, erklärte Nicolo, der sich aufs Sofa gepflanzt hatte. „Sie ist wahrscheinlich zurück nach Hause. Fahr nach New York und regle die Sache. Meinetwegen entführ sie, doch tu etwas!“
Ich ging wortlos zur Bar und schenkte mir mein Glas nach. Mit dem vollen Glas in der Hand wandte ich mich zu Nicolo um. Was er sagte war richtig. Ich hatte die Idee, nach New York zu gehen und sie zurück zu holen unzählige Male in Erwägung gezogen und wieder verworfen. Doch die letzten drei Tage hatten mir gezeigt, dass sich mein Frust wahrscheinlich nicht durch Abwarten und Aussitzen auflösen würde. Es gab keinen Weg darum herum: ich brauchte Sophia wie die Luft zum Atmen. Sie war mein Heroin, meine Obsession. Ich würde für sie über Leichen gehen und ich würde sie notfalls auch mit Zwang bei mir halten. Die Idee, sie aufzugeben, ihr eine Wahl zu lassen, war eine beschissene Idee gewesen. Ich war nicht irgend so ein romantischer, anständiger und moralische Spinner. Ich nahm mir was ich wollte. Ich fragte nicht und ganz sicher bettelte ich nicht. Sie war mein. Ich hatte es gewusst, als ich sie zum ersten Mal erblickt hatte. Dass ich sie liebte änderte nichts daran, was oder wer ich war. Ich hatte das Richtige tun wollen, doch ich war nun einmal ein egoistisches Arschloch.
Ich stürzte den Inhalt meines Glases in einem Zug hinab.
„Kannst du mir einen Flug buchen? Ich hab noch ein paar Dinge zu erledigen.“
Nicolo holte einen Umschlag aus seinem Jackett und wedelte damit herum.
„Schon geschehen!“
Ich grinste. Nicolo war nicht nur mein Boss. Er war der beste Freund den ich hatte. Wir waren uns in vielen Dingen sehr ähnlich, auch wenn wir ganz verschieden aufgewachsen waren.