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Pascha kam die Stimme seltsam weit entfernt vor. Er reckte den Kopf aus der Decke und sah sich um, konnte Hama aber nirgends erblicken. Voll Erstaunen setzte er sich auf und blickte endlich auch in die Höhe. Da sah er oben an der Decke einen Korb hängen, aus dem die murmelnde Stimme seines Märchenerzählers klang. Kopfschüttelnd rief er: "Hama, du Hurensohn, was machst du da oben in dem Korb?" Hama öffnete die Augen und schrie entsetzt wie ein Dorfbewohner, der einen Schwarm Heuschrecken kommen sieht: "Um Gottes Willen! Wer hat mich in diesen Korb gesteckt? "Nun rief der Pascha einen Diener und befahl ihm schmunzelnd, die "Nachtigall" herunter zu holen. Als der Korb unten war und der Diener Hama erblickte, wich er erstaunt zurück: "Das ist doch Hama! Seit wann bist du, Hama, eine Nachtigall?"

      Der arme Märchenerzähler wusste nicht, wie ihm geschehen war und sagte beschämt: "Ich habe heute Nacht geträumt, dass ein Teufel mich in die Lüfte gehoben hat."

      Der Pascha sah immer noch kopfschüttelnd um sich. Nicht lange und man wurde gewahr, dass alle kostbaren Gegenstände aus dem Palast verschwunden waren und dass man in der Küche die Gans gebraten hatte. "Das hat bestimmt auch der Teufel getan!", rief Hama aus. Aber der Pascha erinnerte sich jetzt an den Mann, der von einer Gans geredet hatte und wusste sogleich, dass dieser der Dieb gewesen sein musste.

      "Das ist ein Mann! Ein Meister seines Faches!" rief er voller Bewunderung und schickte seine Ausrufer in die Stadt, um in allen Straßen verkünden zu lassen, dass er dem Dieb verzeihen werde, wenn er öffentlich beichte.

      Als der Nachtdieb das vernahm, begab er sich zum Pascha, wurde freundlich von ihm empfangen und erzählte ihm sein ganzes Leben, auch die Geschichte von der Frau, die er mit dem Tagesdieb teilen musste. Da sagte der Pascha voller Mitgefühl: "Lasst euch doch beide von dieser schrecklichen Frau scheiden und gebt das Stehlen auf! Wenn ihr Dienste bei mir annehmen wollt, werde ich euch gut bezahlen, damit ihr als ehrliche Menschen leben könnt." Die beiden Diebe überlegten sich diesen Vorschlag und nahmen ihn voller Dankbarkeit für die Güte ihres Herrschers an. Sie versprachen ihm beim Grab ihrer Ahnen, niemals wieder zu stehlen oder zu der schlauen Witwe Gultschin zurückzukehren, und sie haben dieses Versprechen auch treulich gehalten.

Die schlaue Witwe
Kurdistan erzählt

       ~ Wie man böse Geister los wird ~

      Vor einer Handvoll von Jahrhunderten, als das Band der Generationen noch nicht so lang war und die Schatten der Vergangenheit noch nicht so weit fielen, lebte ein kurdischer Schäfer, der eine Schafherde besaß und außerdem eine Frau namens Gulee, die der böse Geist seines Hauses war. Jeden Abend nach einem Tag voller Mühen zog er mit seiner Herde nach Hause, wo seine Frau mit einem Stock in der Hand auf ihn wartete. Kehrte er früh heim, schlug sie ihn, weil er früh gekommen war, kehrte er spät heim, schlug sie ihn, weil er spät gekommen war.

      Im Laufe der Zeit breitete sich Trübsinn über die Seele des armen Mannes aus. So hatte er ein, zwei Jahre zugebracht. Da sprach eines Tages ein Freund zu ihm: "Lieber Bruder, ich sehe dich das ganze Jahr in Traurigkeit versunken, was ist mit dir los?" "Was soll ich dir erzählen, lieber Freund? Daran ist nur mein Weib schuld. Ich bin schon ganz durcheinander. Sie hat mir den lichten Tag verfinstert und mein Herz vergiftet, denn ihr Wesen ist wie das Gift einer Schlange. Ich habe nie und nirgends vor ihr Ruhe." Und er erzählte ihm die ganze Geschichte. Sein Freund tröstete ihn: "Nichts einfacher als das! Ich gebe Dir einen Rat, wenn du ihn befolgst, wirst du vor ihr sicher sein." - "Oh, bitte, verrate ihn mir schnell! Was ist das für ein Rat? Sag es mir - beim Grabe deines Vaters!" - "Höre, treibe morgen Abend die Herde früh heim. Deine Frau wird bestimmt böse sein und mit dir zanken, weil du so früh kommst. Dann sage: 'Liebe Frau, beruhige dich! Ich habe heute in einer Höhle einen Goldschatz gefunden und die Herde schnell nach Hause getrieben, damit ich früh schlafen gehen kann, um bei Morgengrauen aufzustehen und unbemerkt den Schatz auszugraben.' Wenn deine Frau etwas von Gold hört, wird sie bestimmt sagen: 'Lass uns zusammen hingehen!' Du nimmst sie mit, lässt sie in die Höhle hinabsteigen und machst dich dann schleunigst fort. Auf diese Weise wirst du sie los!"

      Gesagt, getan. Wie sein Freund ihm geraten hatte, trieb der Schäfer seine Herde früher am Abend zurück. Seine Frau schrie ihn wütend an: "Warum kommst du nicht später, du blöder Kerl?" Der Mann erzählte ihr die Geschichte. Da schalt sie von neuem: "Du Lump! Willst du etwa allein gehen?" "Aber nein, liebe Frau, du kannst ruhig mitkommen - was sollte ich dagegen haben?"

      Sogleich machten sie sich zusammen daran, alles einzupacken, was sie an Stricken fanden, und vor dem Morgengrauen machten sie sich auf den Weg. Als sie bei der Höhle anlangten, sprach die Frau: "Ich steige hinunter und hole so viel Gold, wie ich mag. Du verstehst ja doch nichts davon! Du bist viel zu dumm!"

      Der Mann knüpfte einige Hanfseile zusammen, band sie seiner Frau um die Lenden und ließ sie in die Tiefe hinab. Bevor sie den Grund erreicht hatte, schnitt er den Strick mit seinem Dolch durch, und die Frau landete auf dem Boden. Da schrie sie von unten herauf: "Ach, lieber Gott! Am Ende habe ich dich schlecht behandelt, vergilt es mir nicht!" - "Du Scheusal!" rief der Mann zurück, "du hast mich jahrelang gepeinigt! Nun lebe wohl!" Damit trat er den Rückweg an.

      Die Höhle aber gehörte einem Geist. Der kam am Abend heim und fing alsbald an, schauerlich zu brüllen. Aus Furcht nahm die Frau Zuflucht zu einer List. Sie empfing ihn mit überschwänglicher Höflichkeit. Und wirklich - der Unmensch ließ sich besänftigen, und Gulee zähmte ihn nach und nach völlig. Schließlich willigte er ein, sie zu heiraten.

      Aber schon nach kurzer Zeit hatte sie den Geist in ihre Gewalt gebracht und quälte und peinigte ihn genauso wie zuvor den Hirten. Der Geist hätte manchmal vor Wut zerspringen mögen.

      Nun hatte der König dieses Landes eine Tochter. Sie war sein einziges Kind, und er liebte sie über alles. Um diese Zeit verbreitete sich das Gerücht, die Prinzessin habe den Verstand verloren. Der König ließ landauf und landab verkünden, welchem Arzt auch immer es gelänge, die Prinzessin zu heilen, der solle zur Belohnung ihre Hand erhalten. Mache sich allerdings jemand daran, das Mädchen zu heilen, und bringe es dann nicht fertig, so werde ihm der Kopf abgeschlagen.

      Eines Tages nun erschien bei dem Schäfer, Gulees ehemaligem Mann, der Geist und sagte zu ihm: "Lieber Freund, du hast einige Zeit unter dem Joch der bösen Gulee gelitten, dann hast du dich aus dem Staub gemacht. Dabei hast du sie mir angehängt. Jetzt werde ich von ihr heimgesucht. Aber ich halte es nicht länger bei ihr aus und bin in die Wüste geflohen. Dass die Prinzessin den Verstand verloren hat, liegt daran, dass ich ihr erschienen bin. Jetzt aber werde ich wegen der bösen Gulee das Land verlassen, und die Königstochter wird wieder gesund werden, weil sie mich nicht mehr zu sehen bekommt. Das ist eine günstige Gelegenheit für dich. Geh auf dem schnellsten Wege zum König und sage ihm, dass du seine Tochter heilen kannst. Dann wird sie deine Frau, und du kannst auch einmal ein bisschen glücklich sein. Ich weiß, was du durch Gulee erdulden musstest! Aber wisse: ich kann dir nur einmal helfen. Wenn du ein zweites Mal versuchen solltest, jemanden zu heilen, der den Verstand verloren hat, bringe ich dich um!"

      "Lieber Geist, "sagte der Schäfer, "das ist gut gemeint von dir! Aber was habe ich mit der Heilkunde zu schaffen? Lass mich bei meiner Schäferei bleiben. Es ist mir Glücks genug, dass ich Gulee losgeworden bin. Ich brauche nichts weiter. Warum willst Du mir Schwierigkeiten bereiten? Wenn du dich an mir rächen willst, dann töte mich gleich hier und schicke mich nicht erst zum König!"

      "Hab keine Angst, "knurrte der Geist, "ich will dir nur Gutes tun! Steh auf und mach dich auf den Weg! Nur, hüte dich, noch einmal zu versuchen, jemanden zu heilen, der den Verstand verloren hat! Sei sicher, dass ich dich dann töten werde!" Immer noch widerstrebend besorgte sich der Schäfer einige Tonkrüglein, füllte sie mit Staub und Sand und steckte sie in einen Beutel. Mit zitternden Knien und Besorgnis im Herzen ging er zum Palast


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