108 ...Antwort von X. Urs Wendel

108 ...Antwort von X - Urs Wendel


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Laufe der Zeit beruhigten sich auch die quälenden Gedanken. Ich befand mich vor der Höhle. Alles war Grau, voller Asche. So wie Schnee im Winter eine Landschaft bedeckt. Das empfand ich als deprimierend. Ich wollte unbedingt weg von dieser eintönig grauen Gegend. Alles Leben schien hier still zu stehen. Ich lief aufs gerade Wohl los. Einen Berg hinauf, an dessen Anhöhe ich ebenso nur Grau vorfand. Ich ging den Berg hinunter. Mir war unwohl und ich wollte einfach nur weiter, den trüben Ort hier entkommen. Endlich schien sich zu meinen Füßen das Grau zu lichten. Ich sah Erde und Grünflächen. Im Tal angekommen erstreckten sich dort weite Grünflächen. In mir stieg Hoffnung auf und ich peilte den nächsten Berg an. Die Luft duftete frisch und die Bäume um mich kleidete ein prachtvolles Grün. Die Vögel zwitscherten und alles war lebendig. Einfach unbeschreiblich schön. Ich hatte das Gefühl in einem ganz besonderen Wald zu sein. Die Bäume begannen sich zu lichteten und die Geräusche der Vögel verhallten hinter mir, als ich kurz darauf in Mitten einer großen Wiese voller Blumen stand. Ihre Farbenvielfalt war einfach, aber so strahlend schön, wie ich es noch nie gesehen hatte. Ich atmete ihren Duft ein und hörte fleißige Bienen summen. Der Morgentau des Vormittags verflüchtigte sich. In einiger Entfernung sah ich ein großes Holzblockhaus. Es war sehr robust gebaut. Die Umgebung wirkte angenehm und friedlich. Neugierig musterte ich das Haus und sah daneben einige Pferde auf einer Koppel. Sie waren größer und stärker als die meisten Pferde die ich bis jetzt kannte. Die Eingangstür des Hauses öffnete sich. Abwartend, wer da wohnen könnte schaute ich neugierig zur Tür.

      „Ich erwarte dich schon.“ Die Stimme hörte sich ziemlich brummig an. Verwundert sah ich einen großen Bär, was mich überraschte.

      „Komm herein, du bist weit gelaufen und kannst dich bei mir ausruhen“, forderte er mich freundlich auf.

      Mit einer einladenden Geste wies er mich an sein Haus zu betreten.

      Ich bedankte mich: „Das ist sehr freundlich von ihnen“, und versuchte zu lächeln.

      „Willkommen kleiner Bär“, sagte er beruhigend.

      Er schien meine Aufregung zu spüren.

      „Mein Name ist Max. Ich empfange selten Gäste und freue mich ganz besonders über deinen Besuch. Nur wenigen Menschen ist es vergönnt in unser Land zu reisen. Du bist einer von ihnen.“

      Kleiner Bär? Ich wusste, daß er meinen Namen kannte und wunderte mich. Hatte ich nicht einen anderen Namen? Da mir mein Name nicht einfiel, gab ich mich mit dem von ihn erwähnten Namen zufrieden und dachte nicht weiter darüber nach. Obwohl das sehr ungewöhnlich war. Seit wann hieß ich kleiner Bär?

      Er bot mir eine Tasse Kräutertee mit Honig an. Dankend nahm ich davon einen Schluck. Ein kleiner Imbiss, der aus verschiedenen Nussarten, getrockneten Früchten und etwas Käse mit frischem Brot und Butter bestand stärkte mich.

      „Das schmeckt wirklich gut!“, bedankte ich mich.

      Er lachte: „Das sehe ich dir an!“

      Eben wollte ich nach etwas Wasser fragen, da meinte er: „Komm, nimm deine Tasse mit. Hinter dem Haus ist ein Brunnen mit frischen Quellwasser.“

      Auf dem Weg zum Brunnen wunderte ich mich, wie schnell er erfasst hatte, daß ich noch durstig war. Wahrscheinlich sah er es mir an.

      „Wer bist du?“, wollte ich wissen.

      Max sah mich an und lächelte.

      „Ich bin Max, der Bär!“

      Ich ließ nicht locker. Mein Verstand sagte mir, das da irgendetwas nicht wie sonst ist, nur wusste ich nicht was.

      „Wer also bist du wirklich?“

      „Ein Bär der in den Bergen lebt und mit einem Menschen an einem Brunnen sitzt, der Quellwasser trinkt.“

      Sein lächelnder Gesichtsausdruck schwenkte in Ruhe und Ernsthaftigkeit um.

      Eindringlich fragte er mich: „Wer bist du?“

      „Wer ich bin?“, plapperte ich vor mir hin, und schaute ihn fragend an.

      Auffordernd, jedoch freundlich sah er mich an ihn zu antworten.

      „Gut, ich bin Hobbyfotograf.“

      „Ich finde du bist durstig, sitzt neben einen komischen Bären, trinkst Quellwasser und weißt nicht, was du sagen sollst.“

      Er schmunzelte. Weshalb verhielt er sich so?

      „Wer bist du wirklich?“, wollte ich wissen.

      „Die Menschen geben mir viele Namen.“

      Er schwieg einen Augenblick, und als ich ihn nach den Namen fragen wollte schnitt er mir die Frage ab.

      „Meister des Waldes, Berühmter LeichtFuß, der Unvorstellbare, Goldener Freund, Honigpranke, Winterschläfer, Würdiger alter Mann.“

      Er hielt inne, schaute mich an und sagte: „Komischer Bär, - der vor den Fragen antwortet!“

      Sogar meiner Verwunderung kam er zuvor.

      Er lachte einige Zeit, hielt sich dabei den Bauch und fragte mich: „Wer bist du?“

      Ich lachte mit: „So viele Namen kleiden mich sicher nicht. Naturfotograf, der viel fragt und willkommener Gast“.

      Er nickte mir bestätigend zu.

      Seine Gastfreundschaft war eindrucksvoll. Schließlich nahm er mich wie einen Freund bei sich auf.

      „Gut so für jemanden der nicht weiß wer er ist.“

      „Was glaubst du wo du bist?“, fragte er.

      „Ich weiß nicht.“

      „Ich weiß es auch nicht“, entgegnete er.

      „Wie bitte, du weißt es nicht?“, fragte ich erstaunt.

      „Nehmen wir an du wärst zu Hause. Wo ist das und wo bist du dann?“

      „In der Stadt, wo ich wohne“, antwortete ich.

      „Wo ist die Stadt, wo du wohnst?“

      „In Deutschland!“

      „Wo ist Deutschland?“

      „In Europa.“

      „Und wo ist Europa?“

      „Auf der Erde - im Sonnensystem!“, fügte ich hinzu.

      „Und wo ist das Sonnensystem?“

      „In unserer Galaxie, die Milchstrasse!“

      „Wo ist die?“, fragte er weiter.

      „Neben anderen Galaxien!“

      „Und wo sind die?“

      „Na im Universum!“

      „Und wo ist das?“

      „Irgendwo in der Welt!“

      Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

      „Wo ist irgendwo in der Welt!“

      „Ich weiß nicht!“, gab ich auf.

      „Ist nicht so wichtig. Wer weiß schon, wo er wirklich ist. Lass uns spazieren gehen.“

      „Gerne, dann sehe ich wenigstens etwas mehr von dem wo ich bin.“

      Nach einiger Zeit blieben wir stehen und er fragte mich: „Wo bist du jetzt?“

      „Hier!“, gab ich zur Antwort. „Hier ist immer irgendwo in der Welt.“

      Er lächelte zufrieden: „Komm, wir gehen zurück ins Haus, es wird bald regnen.“

      Er bot mir an, bei ihm zu übernachten. Ich solle mir keine Gedanken machen. Morgen würde ich zurückfinden.“

      Damit wusste ich nichts anzufangen. Ich wusste bis dahin sowieso nicht wirklich wo ich bin, und er wusste, daß ich rätselte. Diesmal sagte er jedoch nichts und lies mich im Unklaren.


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