Das Magische Universum. Christian Sternenfeuer
füllte Stern das Loch mit der ausgehobenen Erde
wieder auf, um sie anschließend festzustampfen.
Mondlicht und Clovis beobachteten aufmerksam und besorgt
die Umgebung, um auf jedes ungewöhnliche Geräusche zu achten.
Doch ungestört erreichten sie mit ihrer Beute die Hütte der Fee,
die sie schnell betraten. Niemand hatte sich in ihrer Abwesenheit
an der Behausung zu schaffen gemacht, ebenso wenig versuchten
sich heimtückische Angreifer unbemerkt auf sie zu stürzen.
Stern legte die verdeckte Kugel auf den Tisch während Clovis
ein magisches Licht in eine Wandhalterung setzte, um das Hütteninnere
ausreichend zu erhellen. Alle drei beugten sich nun über
das Objekt ihrer Neugier und vorsichtig entfaltete Stern das graue
Stofftuch, welches die darin eingewickelte durchsichtige Kristallkugel
umhüllte. Unscheinbar, geradezu harmlos, lag eines der
kostbarsten Artefakte des Universum vor ihnen. Ja, eindeutig, es
war ein Sehendes Auge. Nach allem, was ihnen bekannt war, konnte
es sich um nichts anderes handeln.
Regenbogenfarbige, kaum wahrnehmbare Schleier schienen
sich in seinem Inneren aus fremdartigen Tiefen zu erheben, um
sich ebenso wieder in unbekannte Zonen zu verlieren. Fasziniert
blickten sie auf die faustgroße Kugel, die sie mit ihrer schlichten
Schönheit fesselte.
»Einen Moment, Freunde, ich möchte sicherheitshalber noch
einen kleinen Zauber aussprechen.« Der misstrauische Stern
schloss das Auge, dabei hielt er beide Handflächen über die Kristallkugel.
Nach einem kurzen Moment der Konzentration verfiel
er in einen leisen Singsang, unterbrochen von Worten, die er in einer
unbekannten Sprache murmelte. Dazu vollführte er mit einer
Hand die magischen Bewegungsrituale einer Zauberformel. Dann
ballte er auf einmal die Herzhand zur Faust und schleuderte einen
imaginären Ball auf den kristallenen Artefakt. Ein winzig kleiner
feuerroter Funke sprang hinüber, der dass Sehende Auge einhüllte.
Plötzlich und unerwartet waberte ein warmer grüner Schleier auf,
der den so unschuldig aussehenden Artefakt umspielte.
»Es ist alles in Ordnung, ich habe mich nur vergewissert, dass
von dem Gegenstand keine Gefahr für uns ausgeht. Immerhin besteht
die Möglichkeit, dass uns jemand eine Falle stellt oder sogar
eine Attrappe unterschieben will. Es hätte auch die Gefahr bestanden,
dass sich ein Dämon darin verbirgt, der nur unsere leeren
Körper zurückgelassen hätte, weil er sich unserer Seele bemächtigt.
Darum musste ich noch einen speziellen Zauber ausüben. Er hat
mir angezeigt, ob Gefahr für uns bestand. Wäre der Schleier rot
verfärbt, dann wäre ich doch sehr, nun ja, besorgt gewesen.«
Erleichtert lächelte Hieronymus Stern seine Mitstreiter an. Beide
Pangäer hatten mit Erstaunen als auch Schrecken seine Worte
vernommen. Ebenso brutal wie deutlich wurde ihnen auf einmal
bewusst, in was für gefährliche Ereignisse sie anscheinend geraten waren.
»Wenn ihr damit einverstanden seid, werde ich die Kugel auf
mein Schiff bringen. Es ist das Auge, das mir vor ein paar Tagen
gestohlen worden ist. MayLi hat diese Information von einem ihrer
Kunden in Erfahrung bringen können. Ich habe dieses Sehende
Auge damals beim Entern einer Galeone des Tempels erobert. Dessen
Kapitän hat es wiederum von einem Sternfahrer aus dem Volk
der Ghurka erhalten. Der Einsatz war riskant und es durfte nichts
schief gehen. Ich kann euch nur sagen, Freunde, es war ein Spiel
auf Messers Schneide. Es war gut, dass mir Aurelia zur Seite stand
und dieses grandiose Theater mitgespielt hat, sonst wäre die Kugel
wahrscheinlich zerstört worden. Wir hatten einen fast ehrlichen
Kampf mit dem ersten Offizier der Galeone, ein fähiger, jedoch
auch fanatischer Mann des Ordens. Höchstwahrscheinlich ist er
im Geheimdienst des Tempels tätig. Dieser Kerl war ein harter,
ein würdiger Gegner. Vermutlich wird er immer noch auf Rache
sinnen, denn seiner Karriere hat dieser Verlust schwer geschadet.
Leider hat mir Aurelia nicht erzählen können, wo genau der Sternenkapitän
das Auge gefunden hat. Er soll nach Erhalt seiner Belohnung
in den Weiten des Spiralarms verschwunden sein oder der
Tempel hat für seine Verschwiegenheit gesorgt. Doch die Kugel ist
ehrlich nach Piratenart in meinen Besitz gekommen und ich erhebe
darauf Anspruch. Außerdem bin ich wahrscheinlich der Einzige
von uns, der in der Lage ist, das Auge zu befragen. Habt ihr einen
Einwand gegen meinen Besitzanspruch vorzubringen, so nennt ihn mir?«
Die beiden Pangäer blickten sich in stiller Übereinkunft an, um dann übereinstimmend
zu nicken.
»Ihr habt recht Stern, auf eurem Schiff wird es am sichersten
aufgehoben sein. Die Halunken werden vermutlich wiederkommen,
um ihre Beute an einen anderen Ort zu schaffen. Ein zweites
Mal wird ihnen ein Diebstahl auf eurem Schiff nicht gelingen,
davon bin ich überzeugt. Das Sehende Auge möchte ich lieber nicht
in meiner Hütte wissen, denn es bereitet mir Unbehagen. Wie ein
dunkler Schatten liegt seine Magie über diesem Ort und dämpft
meine Aura.«
Bei diesen Worten warf Mondlicht einen unsicheren Blick
auf die Kristallkugel wobei sie kaum die Antwort des Kapitäns
vernahm. »Dann lasst mich das Sehende Auge schnell fortbringen –
denn ich habe noch einige Angelegenheiten mit Aurelia zu klären.
Es könnte wichtig für unsere Aufgabe sein, darum gebt mir etwas
Zeit. Wir treffen uns dann morgen, zur zehnten Stunde auf dem
Sternenteufel. Dort werden wir dann alles Weitere besprechen. Ein
ausgiebiges Frühstück wird euch ebenfalls erwarten. Seid ihr damit
einverstanden?«
Zustimmend