Das Magische Universum. Christian Sternenfeuer
dieser Suche nicht oder es gibt niemanden mehr, den er zu finden vermag.«
Hieronymus Stern war fassungslos. Da suchte er verzweifelt
nach einem Magier oder Alchemisten, der ihm mit einem großen
Findezauber helfen konnte, die magische Kristallkugel zu finden.
Und plötzlich stand vor ihm diese hochgewachsene blonde Frau,
die über eben diese Fähigkeit verfügte, um aus einer Vermutung
Gewissheit werden zu lassen.
»Jeanny, ich sehe da eine Möglichkeit, wie ihr eure Dankbarkeit
für eine Heilung Maikes ausdrücken könntet. Wir beide kommen
ins Geschäft. Lasst uns in Ruhe bei einem Glas guten Rotwein darüber
reden, es wird euer Schaden nicht sein. Nicht nur Heilung für
eure Tochter Maike kann ich euch bieten sondern darüber hinaus
genug Silberlinge, damit ihr ein besseres Leben führen könnt.«
»Wirklich, Kapitän, ihr spasst nicht mit mir?« Der Dschinn
rannen ein paar grünlich leuchtende Perlen der Freude aus den
Augenwinkeln. »Sollte unser kümmerliches Dasein tatsächlich ein
Ende haben? Ich kann es kaum glauben. Doch es gibt da noch ein
kleines Problem, Kapitän Stern. Wenn ihr gedenkt, meine Fähigkeit des
Findezaubers für eure Interessen einzusetzen, so muss ich
euch warnen. Wir selbst können diesen Zauber nicht zum Zwecke
der eigenen Bereicherung nutzen, weil uns von den Flaschengeistern
eine Art geistige Sperre eingebaut worden ist. Sie wollten
damit wohl einen Missbrauch verhindern. Zwar können wir für
Menschen, die über eine ausreichend großes Flair verfügen, diesen
Zauber anwenden. Jedoch vermag ich nicht festzustellen, ob dieser
jemand dafür geeignet ist. Wenn seine Flairaura zu schwach oder
überhaupt nicht vorhanden ist, verwandelt sich der Zauberspruch
in einen Bann für den Auftraggeber, in diesem Fall also euch. Er
zwingt euch in den Dienst der Flaschengeister. Es kann also geschehen,
Kapitän, dass ihr euch in einer Flasche wiederfindet.«
Hieronymus Stern überlegte einen sehr langen Moment. »Reizende
Geschöpfe, diese Flaschengeister, immer einen zweideutigen
Scherz in der Hinterhand. Doch dieses Risiko werde ich eingehen,
Jeanny. Ich denke, dass meine Aura den Anforderungen genügen
wird, denn ich bin Träger eines zauberischen Artefakts, das mich
mit ausreichend magischem Flair versorgt oder zumindest warnt,
wenn mir Gefahr droht Ihr müsst mir noch einiges von der Fee
berichten, Jeanny. Erzählt mir alles, was ihr über Mondlicht und
Clovis sonst noch berichten könnt. Seid unbesorgt, ich bin ein
Freund der beiden und plane nichts von Übel. Trotzdem möchte
ich gerne wissen, was die beiden hierher verschlagen hat. Also wird
mir alles, was ihr mir erzählen könnt, dabei helfen, es besser zu
verstehen.«
Hieronymus Stern plante bereits weiter, denn er hatte sowieso
vorgehabt, der Fee und ihren Gefährten davon zu unterrichten,
wie er in den Besitz der geheimnisvollen Kristallkugel gekommen
war, um möglichen Streit über dessen Eigentumsrechte vorzubeugen.
Sagenhafte Mythen rankten sich um dieses wundersame
Artefakt. Niemals befand es sich lange im Besitz eines einzelnen
Menschen oder fremdrassigen Wesens, denn immer wieder war es
nach einiger Zeit auf geheimnisvolle Weise verschwunden. Kaum
ein mächtiger Herrscher bekam jemals eines dieser Artefakte zu
Gesicht, geschweige denn in seinen Besitz. Niemand vermochte
zu sagen, wie viele von diesen Augen überhaupt existierten. Sie
verfügten, so schien es, über so etwas wie ein Eigenleben und suchten
sich immer wieder neue Orte, wo sie sich über Hunderte, ja
manchmal über Tausende von Jahren vor den Augen sterblicher
Wesen verbargen. Nur alle paar Epochen innerhalb einer Ära ließ
sich eines oder zwei von ihnen aufspüren und verführten seinen
Finder, es zu nutzen. Dem Unkundigen raubten sie die Seele, hieß
es. Und dem Wissenden öffneten sie ihre magische Schatztruhe,
wurde behauptet. Doch selbst dies nur für eine begrenzte Zeit,
denn die Zahl der Einblicke, sozusagen die Menge der Wünsche,
war durch magische Weise auf einige wenige beschränkt. Wie viele
genau, wusste niemand im voraus zu sagen. Es gab zwar historische
Aufzeichnungen, die von Funden eines Sehenden Auges berichteten,
doch war es schwierig, den Weg zu verfolgen, da sie nach einiger
Zeit immer wieder verschwanden.
Selbst der vorübergehende Besitz eines Sehenden Auges war sowohl
Fluch als Segen zugleich. Doch Hieronymus Stern gedachte den
Segen zu nutzen ohne vom Fluch des Verderbens getroffen zu werden.
Nach diesem Ausflug in seine Erinnerung kehrte Stern zurück
zu seinem Anliegen. Er setzte sich an den dreibeinigen Tisch
und holte eine Flasche Rotwein aus der ledernen Reisetasche, die
er stets locker an einem Schulterriemen hängend mit sich trug. Es
würde sicher ein langes Gespräch werden, wo eine Flasche Wein
gerade reichen mochte, die Dschinn in gelöste Stimmung zu bringen,
um ihre Zunge nachhaltig zu lockern.
Kurz bevor die zwölfte Stunde schlug, verabschiedete sich Hieronymus
Stern eilig von Jeanny. Die kleine Maike schlief längst mit
einem seligen lächeln im Gesicht auf ihrer, mit Stroh gepolsterten
Schlafstatt. Mit leichter Verspätung machte er sich auf den Weg
zur Hütte der Fee. Auf dem schmalen Pfad schritt er geschwind
voran, um noch einigermaßen pünktlich zur Stelle zu sein. Etwas
beschwingter als sonst war sein Gang, denn er hatte doch reichlich
vom vorzüglichen Rotwein genossen. Doch, so stellte er zufrieden
fest, der Einsatz hatte sich gelohnt.
Die Dschinn hatte den magischen Findezauber ausgeübt und
ihm verraten, wo das gesuchte Sehende Auge verborgen lag. Stern
konnte sich einer nervösen