Das Magische Universum. Christian Sternenfeuer
Baldachin über einen großen Teil des
Marktes spreizte. Damit gewährte er den darunterliegenden Ständen
Schutz vor Regen und Sonnenlicht.
Es hieß, er sei schon mindestens tausendfünfhundert Jahre
alt, gepflanzt von einem der Gründer Fuxinas. Er hatte sich zu
einem wahren Giganten entwickelt und wegen der Größe seinen
passenden Namen bekommen – Großer Drache oder auch Big Giant.
Diesen Namen verdiente der Baum wahrhaftig. Er, der mehr von
der Geschichte Fuxinas zu berichten wüsste als jedes andere noch
existierende Lebewesen dieses Planeten.
Langsam näherte sich von der westlichen Seite der Stadtmauer
herkommend eine männliche Gestalt der Seitengasse, die zum
Monolithen führte, der auch Das Orakel genannt wurde. Sie war von
kräftiger Statur und mochte vielleicht sechseinviertel Fuß groß
sein. Auf dem Kopf trug sie einen dunklen Dreispitz, wie er
bei Piraten gewöhnlich anzutreffen war. Unter einer leicht verblichenen
dunklen Weste war ein blaufarbenes Hemd zu sehen, dessen obere Knöpfe fehlten,
wodurch es eine reichlich behaarte Brust offenbarte. Sowohl ihr Kopf- als auch
Brustbewuchs schien nicht mehr dunkel zu sein, denn etliche silberne Fäden
durchzogen das Haupthaar und gaben ihr das Aussehen einer silbern schimmernden
Löwenmähne.
Daraus konnte ein Betrachter schließen, dass diese Person nicht
mehr in ihren jungen Jahren stand und doch wirkte sie seltsam
zeitlos. Ein objektiver Beobachter würde diesen Mann, denn um
einen solchen handelte es sich offensichtlich, um die fünfzig Jahre
schätzen, wohl eher darüber als darunter. Die Haut wirkte wettergegerbt
als ob sie zu viel Sonnenlicht ausgesetzt worden war
und somit die typische Farbe der Sternenfahrer aufwies. Die derbe
braune Hose saß straff am sehnigen Körper und wurde von
einem breiten Gürtel um die immer noch schmalen Hüften gehalten.
Seine Beine steckten in halbhohen weichen Lederstiefeln, die
unterhalb der Knie in umgeklappte Stulpen endeten, welche an
der Innenseite keilförmig eingekerbt waren. Der auffällige Gürtel
war aus einem unbekannten Leder gefertigt und mit etlichen
kupferfarbenen Metallplättchen verziert, wobei die Schnalle selbst
aus reinem Silber zu bestehen schien. Seitlich des Gürtels befand
sich eine Dolchscheide. Nach Farbe und Maserung war sie aus
seltenem Orcaholz und gut einen Fuß lang. Aus ihr ragte der auffällige
Knauf einer Waffe, auf dem ständig die rechte Hand des
Mannes ruhte. Es schien eine alte Gewohnheit in diesem Verhalten
zu liegen. So als ob der lange Dolch, fast schon ein Kurzschwert,
zusätzliche Sicherheit gab. Auch möglich, dass er aus langer Erfahrung
heraus einfach darauf vorbereitet sein wollte, auf eine Gefahr
augenblicklich reagieren zu können. Denn sein Blick schweifte
ständig wachsam umher und betrachtete das Treiben um sich herum
mit dem milden Verständnis eines erfahrenen Reisenden. Seine
Hände waren groß und kräftig, ohne jedoch prankenhaft zu
wirken. Deutliche Schwielen zeichneten sich in den Handflächen
ab, die den Eindruck vermittelten als könnten sie kraftvoll zupacken
und eine Waffe sicher führen. Dennoch wirkten die langen
Finger durchaus feinnervig, so als verständen sie es ebenso mit
filigraneren Dingen umzugehen, als Dolch oder Schwert zu halten.
Über seiner linken Schulter hing an einem breiten Riemen eine
braune Ledertasche, die augenscheinlich aus der gleichen Haut wie
der Gürtel gefertigt war und gut gefüllt zu sein schien. Auffällig
an ihm war nicht nur seine halblange Mähne, in der auffällig silberne
Strähnen schimmerten, sondern die schwarze Augenkappe,
die sein rechtes Auge abdeckte während das linke Auge einen tiefen
Braunton offenbarte.
Sein Gesicht war, abgesehen von der Abdeckung des Auges,
durchaus ansehnlich und wurde von einem dunklen Dreitagebart
bedeckt. Der länglich geformte Kopf passte gut zu der kräftigen
jedoch nicht allzu großen Nase. Darunter befand sich ein mittelgroßer
Mund, der von samtweichen Lippen umrandet wurde,
die so mancher Lady Herzklopfen verursacht haben dürfte. Ab
und an verzog er sein Gesicht zu einem Lächeln und ließ dabei
zwei Reihen leicht bräunlich verfärbter Zähne erkennen. Möglicherweise
war er Anhänger dieser süchtig machenden Räucherstäbchen,
die neuerdings immer beliebter in Fuxina wurden. Seine
ungeschmückten Ohren, etwas ungewöhnlich für einen Sternenfahrer,
schmiegten sich dicht an den Kopf und wurden vom Dreispitz
teilweise leicht verdeckt. Alles in allem wirkte sein Gesichtsausdruck
offen, fast freundlich. Nur leichte Neugier und oberflächliches
Interesse am Treiben um sich herum waren dem einäugigen
Blick zu entnehmen. Ab und zu nickte er grüßend zu einem Bekannten
oder hübschen Marktweib hinüber ohne seinen Schritt
zu verlangsamen. Insgesamt machte der Mann einen sehr selbstbewussten
Eindruck und schien jemand zu sein, der wusste, wer er
war und was er wollte. Niemand, der auf Händel aus war, würde
sich diesen Mann zum Streit aussuchen. Dieses Gefühl vermittelte
seine markante Erscheinung eindrucksvoll.
Er mochte auf der Suche nach einer bestimmten Person sein.
Immer wieder wanderte sein prüfender Blick umher und nahm die
Gestalten, die um ihn herum hin und her eilten, in Augenschein.
Doch ohne den Gesuchten ausfindig zu machen, näherte sich Piratenkapitän
Hieronymus Stern, denn um diesen Mann handelte
es sich, seinem tatsächlichem Ziel, dem mystischen Kubus. Dieses
Viertel der Stadt, dem er nun zustrebte, wurde vom hoch aufragenden Turm der Spiele beherrscht, der sich groß und wuchtig über einhundertfünfzig Fuß in die Höhe reckte. Trotzdem stand er nur am Rande eines großen Platzes, obwohl er der zentrale