Die Chroniken von Eskandria. Marcel Kircher

Die Chroniken von Eskandria - Marcel Kircher


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an der Pforte dieses Schlosses. Folrik nahm sich meiner an. Mit sechzehn Jahren war ich leider zu alt, um den regulären Studienweg der Magier zu gehen und so arbeite ich in seinem Haushalt. Als Belohnung neben Obdach, Speis und Trank weist er mich in die Kunst der Magie ein. Ich kann schon ein paar richtig gute Zaubersprüche. Leider wollen nicht alle funktionieren. Da wären wir nun.“

       Tamina öffnete eine der Türen und zeigte mir mein Schlafgemach für diese Nacht. Ein Bett, ein großer hölzerner Schrank, eine Kommode, sowie ein Tisch mit vier Stühlen boten allen Komfort für die Nacht.

      „Morgen früh, werde ich dich wecken. Sollte es dir noch an etwas fehlen, so lass es mich wissen“, sagte Tamina gastfreundlich.

      „Ähm ja da wäre tatsächlich etwas“, erwiderte ich zögernd. „Wo ist hier die Toilette?“ Als ich es ausgesprochen hatte, schlug ich gedanklich die Hände an den Kopf. Das kannten die hier bestimmt nicht. „Wo finde ich hier den Ort für … für die …?“

      „Du meinst die Notdurft“, griff Tamina mir vor und ich schämte mich ein wenig, dass sie es so direkt aussprach.

      „Ja.“

      „Einfach die Tür raus und den Gang runter. Am Ende befindet sich zur Rechten eine Tür.“ Sie lächelte freundlich. „Wenn dir beliebt, bringe ich dir in der Zwischenzeit einen kleinen Imbiss und etwas zu trinken.“

      „Danke, das nehme ich sehr gerne an“, sagte ich, während ich mich an ihr vorbeischlängelte und ihrer Wegbeschreibung folgte. Die Aufregungen der vergangenen Stunden hatte ihren Tribut gefordert. Natürlich gab es hier keine Toilette nach Villeroy und Boch, sondern in dem Raum befand sich lediglich ein dunkles schwarzes Loch, das ins Nichts zu führen schien. Vorsichtig verrichtete ich mein Geschäft und befand mich sogleich in der nächsten Notsituation wieder. Das Toilettenpapier hatte man hier noch nicht erfunden und so behalf ich mir, in dem ich mein Hemd auszog, es in Streifen riss und mir damit behalf. Am Ende lag ein zerrissenes Hemd auf dem Boden des Raumes für die Notdurft und die verwendeten Streifen befanden sich auf dem Weg in die dunkle Tiefe. Mit nacktem Oberkörper schlich ich über den Gang, um in mein Zimmer zu gelangen. Dort angekommen, stieß ich beinahe mit Tamina zusammen, die gerade das versprochene Essen und Trinken auf den Tisch gestellt hatte. Sie errötete und ihr Blick verweilte ein wenig zu lange auf mir. Unsere Blicke trafen sich, ehe sie sich abwandte, mir guten Appetit und eine angenehme Nacht wünschte und ihrer Wege ging. Verträumt blickte ich ihr hinterher, ehe ich mich dem Essen zuwandte. Ein Krug Bier, dazu ein Brotfladen mit einem Fleischeintopf. Neugierig probierte ich es und war erstaunt, wie gut es schmeckte. Mit dem Krug Bier in der Hand blickte ich aus dem Fenster in den Nachthimmel. Es war eine sternenklare Nacht, lediglich ein paar Nebelschwaden zogen hindurch. Ich schaute zum Mond – es wirkte alles so surreal, falsche Proportionen, zu grelles Licht. Nach einem tiefen letzten Schluck ging ich zu Bett, wo ich schon bald einschlief.

       Am nächsten Morgen wurde ich von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, doch war die Nachtruhe keineswegs unangenehm. Im Gegenteil: Zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich erholt und ausgeschlafen. Ich stand auf, trat ans Fenster und blickte hinaus. Das Fenster war zum Schlosshof gelegen, der sich mit Leben füllte. Dann hörte ich Pferdegetrampel, das näherkam. Zwei in Rüstung gekleidete Krieger ritten hinein und wurden von zwei Stallknechten empfangen, die sich um die Pferde kümmerten. Die Krieger saßen ab und begaben sich in das Schloss. Ich folgte den Knechten, wie sie die Pferde wegbrachten, als es an der Tür klopfte.

      „Marcel“, vernahm ich eine mir bekannte Stimme rufen.

      „Kleinen Moment“, antwortete ich und ich bemerkte, dass ich nichts anhatte. Schnell schlüpfte ich in meine Shorts und öffnete Tamina die Tür.

      „Du bist schon auf, das ist schön. Ich habe dir ein paar Kleidungen mitgebracht, die dich unauffälliger kleiden.“ Sie überreichte mir ein Stapel mit diversen Kleidungsstücken. „Wenn du dich angezogen hast, wäre es schön, wenn du dich in der großen Halle einfinden würdest. Der große Krieger Balon ist mit seinem Adjutanten Rodge eingetroffen, um mit Folrik die weitere Strategie zu besprechen.“

       Vorsichtig packte ich die Kleidung aufs Bett, suchte etwas Passendes aus und zog mich um. Dabei vergaß ich, dass sich Tamina noch immer in meinem Zimmer befand.

      „Na das nenne ich mal einen hübschen zweiten Sonnenaufgang“, meinte sie lächelnd und erschrocken zog ich meine neue Hose über meine blanke Kehrseite.

       Ich lächelte verlegen, schlüpfte in ein weißes Hemd und knöpfte es zu. „Die Reparatur meines Gefährtes dauert wohl länger?“, mutmaßte ich. „Sonst hättest du mir nicht so viel Kleidung vorbeigebracht.“

      „Was das angeht“, entgegnete Tamina und sie suchte nach den richtigen Worten, „musst du diesbezüglich mit Meister Folrik Rücksprache halten.“

       Verwirrt blickte ich die junge Frau an. „Ihr habt gar nicht vor, mich wieder in meine Welt zurückkehren zu lassen oder?“

      „Das besprich bitte mit Meister Folrik. Ich bin nur eine einfache Dienerin und schlechte Schülerin.“ Mit Tränen in den Augen und dem Geschirr in den Händen schritt sie aus dem Zimmer. Auf der Türschwelle drehte sie sich noch einmal um. „Geh in die große Halle und enttäusche sie einfach alle!“

       Ich blickte ihr hinterher, ehe ich mich fertig anzog und mich in die große Halle des Schlosses begab. Dort angekommen sah ich Folrik, der einen violetten Umhang mit goldenen Punkten trug. Er unterhielt sich mit den beiden Kriegern. Balon und Rodge, wie mir Tamina heute Morgen mitgeteilt hatte. Einer der Krieger hatte mich bemerkt und plötzlich beendete das Trio seine angeregte Unterhaltung.

      „Schönen guten Morgen“, begrüßte mich Folrik, als er mich bemerkte. „Bitte tritt näher.“

       Ich folgte der Aufforderung mit einem leicht unguten Gefühl und trat an den Tisch. Die beiden Krieger blickten abwechselnd mit Verwunderung Folrik und mich an.

      „Wer soll das sein?“, fragte einer der Krieger. Er war etwas kleiner, aber kräftiger als sein Begleiter. Sein Gesicht schmückte ein schwarzer Vollbart. Das schwarze Haar war schulterlang und seine braunen Augen bargen eine Mischung aus Ärger und Verwirrung.

      „Das ist Marcel, Rodge“, erklärte Folrik freundlich. „Er ist der Prophezeite. Tamina hat selbst gesehen, wie er aus dem Nichts auftauchte, wie es in der Prophezeiung steht.“

      „Und du glaubst Tamina. Nicht, dass sie wieder zu viel vom Wein getrunken und fantasiert hat“, entgegnete Rodge verächtlich.

      „Wenn er wirklich der Auserwählte sein soll, dann hat er eine faire Chance verdient, dies zu beweisen. Wenn er zum Drachenrat vorgelassen wird, dann ist er es, wenn nicht müssen wir uns so unserem Feind entgegenstellen. Ohne Drachen“, meinte Balon nachdenklich.

      „DRACHEN? SO WAS GIBT ES DOCH GAR NICHT?“, entfuhr es mir und die Beiden nahmen wieder Notiz von mir.

       Folrik lächelte freundlich. „Doch, die gibt es Marcel. Bis vor 1000 Jahren lebten wir Menschen in Einheit und Verbundenheit mit den Drachen. Doch ein Verräter sorgte für den Bruch dieses Bundes, sodass sich die Drachen in die Smaragdgebirge zurückgezogen haben und nichts mehr mit uns Menschen zu tun haben wollen. Jedoch gibt es eine uralte Prophezeiung, die besagt, dass ein Jüngling aus dem Nichts in unsere Welt gelangt und den Drachen entgegentritt, um eine neue starke Allianz zu schmieden, die uns hilft gegen einen übermächtigen Feind zu bestehen. Dieses Bündnis soll viele tausend Jahre andauern.“

      „Der Feind sind echsenartige Wesen, namens Rapgonen“, ergänzte Balon.

      „Drachen? Rapgonen? ICH WILL DAS NICHT MEHR HÖREN!“


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