Puppenspiel mit Dame. Britta Bendixen

Puppenspiel mit Dame - Britta Bendixen


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vergnügt über seine tollpatschigen Bewegungen.

      Jenseits des Fensters hätte die Stimmung nicht gegensätzlicher sein können. Adam war mürrisch und kurz angebunden. Selbst Linda, die anfangs fröhlich von ihren Erlebnissen berichtete hatte, verstummte bald, angesichts der Laune ihres Vaters. Jeder aß still vor sich hin. Linda warf vorsichtige Blicke zu ihren Eltern und freute sich auf das Ende der Mahlzeit.

      Schließlich tupfte Adam sich den Mund mit der gestärkten Serviette ab und gab Martha, dem Hausmädchen, mit einer Handbewegung das Zeichen, dass der Tisch abgeräumt werden konnte. Linda wischte sich ebenfalls den Mund ab und legte die Serviette auf ihren leeren Teller.

      Nachdem der Tisch abgeräumt war gab Adam Martha für den Rest des Abends frei und wartete, bis sie verschwunden war. Dann wandte er sich an seine Tochter.

      „Geh auf dein Zimmer. Ich möchte mit deiner Mutter allein reden.“ Sein Ton duldete keinerlei Widerspruch.

      Linda warf ihrer Mutter einen kurzen Blick zu. Jo-Annes Kopf war gesenkt, die Hände hatte sie auf ihrem Schoß ineinander verschränkt. Der zierliche Körper drückte Ergebenheit aus.

      Linda stand auf, verließ gehorsam den Raum und schloss die Tür hinter sich. Sie ging jedoch nicht hinauf in ihr Zimmer, sondern blieb am Fuße der Treppe stehen und wartete. Sie wusste nicht genau worauf, doch irgendetwas – Neugier? Eine Ahnung? – hinderte sie daran, weiterzugehen. Stattdessen spitzte sie die Ohren.

      Die Stimme ihres Vaters war zu hören. Er klang aufgebracht, wütend und regelrecht aggressiv. Sie konnte keine einzelnen Worte verstehen. Die Türen in der alten Villa waren solide gebaut und ließen kaum einen Ton nach außen dringen. Es klang dennoch beängstigend und Linda entfernte sich instinktiv ein wenig weiter von der Tür.

      Ganz leise war ihre Mutter zu hören. Beschwichtigend, beruhigend, mit einem entschuldigenden Unterton. Dann wieder die Stimme ihres Vaters. Sie klang sarkastisch und gemein. Jo-Anne erwiderte etwas. Linda erkannte selbst durch die geschlossene Tür die Angst in der Stimme ihrer Mutter.

      Und dann, so unerwartet wie ein plötzlich auftretendes Sommergewitter, ein kräftiger Schlag, ein Poltern, ein spitzer Schrei. Linda zuckte erschrocken zusammen und kauerte sich zitternd in die kleine Ecke unter der Treppe.

      Sie hörte noch einen heftigen Schlag, einen weiteren Schrei, das Klirren von Porzellan und kurz darauf meinte sie, ein klägliches Wimmern zu vernehmen. Sie senkte den Kopf, kniff die Augen zusammen und presste die Hände fest auf ihre Ohren. Die Geräusche wurden so zwar noch leiser, doch nach wie vor hörte sie ihre Mutter schreien, vernahm die bedrohliche Stimme ihres Vaters, die noch lauter geworden war. Jedes Wort, das er sagte, schien von einem weiteren Schlag begleitet zu werden.

      Irgendwann konnte Linda die angsterfüllten Schreie ihrer Mutter nicht mehr ertragen. Mit klopfendem Herzen kam sie vorsichtig aus ihrem Versteck und lief so schnell sie konnte die Treppe hinauf, verfolgt von den brutalen Geräuschen im Esszimmer, die wie ein Echo in ihrem Kopf widerhallten.

      Kaum hatte sie ihr Zimmer betreten schlüpfte sie schwer atmend unter die Bettdecke. Dort blieb sie, zitternd, weinend und den schnellen Schlägen ihres Herzens lauschend, bis sie irgendwann schluchzend einschlief, ihren Lieblingsteddy fest an sich gepresst.

      Jahre später hatte sie sich gefragt, warum sie an dem Abend nicht eingegriffen hatte. Weshalb war sie nicht zurück gegangen ins Esszimmer und hatte ihren Vater beschworen, aufzuhören?

      Sie wusste es nicht. Schon früh hatte man ihr eingeimpft, dass sie sich nicht einzumischen hatte, wenn Erwachsene etwas besprachen oder auch stritten. Möglicherweise war es auch die intuitive Angst davor, ebenfalls Prügel zu beziehen.

      Von dem Tag an jedenfalls beobachtete sie ihre Eltern genauer als vorher. Sie registrierte die blauen Flecken an den Armen und Beinen ihre Mutter, über die sie sich bis dahin nie Gedanken gemacht hatte. Linda war voller Mitgefühl für sie.

      Als sie älter wurde, nahm sie jedoch immer mehr eine andere Haltung ein. Ihre Mutter war schwach. Warum wehrte sie sich nicht? Wieso um alles in der Welt ließ sie sich diese Misshandlungen gefallen? Linda konnte das passive und duldsame Verhalten ihrer Mutter nicht begreifen und begann, sie für ihre Schwäche und Willenlosigkeit immer mehr zu verachten.

      Ich werde mir so etwas nie gefallen lassen, schwor sie sich. Niemals!

      Zu seiner Tochter war Adam Cooper nie anders als liebevoll und fürsorglich. Sie bekam alles, was sie sich wünschte. Bereits mit vier Jahren hatte sie Berge von Spielzeug und immer die hübschesten und modernsten Kleider, Schuhe und Taschen. Fast täglich brachte er ihr ein neues Geschenk mit.

      Adam hatte nie viel Zeit für die Familie, da er hart arbeitete. Selbst an den Wochenenden verschwand er häufig für einige Stunden im Büro. Zudem war er beruflich oft auf Reisen. Der Aufbau von Hotels in Florida und Kalifornien, Spielcasinos in Las Vegas und Autofabriken in Detroit nahm eine Menge Zeit in Anspruch.

      Linda war beinahe elf Jahre alt als sie an einem heißen Sommertag begriff, dass nicht die Arbeit allein ihren Vater veranlasste, viel Zeit im Büro zu verbringen. An diesem frühen Abend im Juni besuchte sie ihn dort spontan, da sie bei einer Schulkameradin in der Nähe gewesen war und hoffte, ihr Vater könne sie in seinem Jaguar nach Hause mitnehmen.

      Sie fuhr mit dem Fahrstuhl hinauf in den 45. Stock, passierte eine Glastür und wandte sich dann nach rechts, wo das Büro ihres Vaters lag. Das Vorzimmer war leer, worüber sie sich aber nicht wunderte. Es war bereits nach sechs Uhr, sämtliche Angestellten waren auf dem Weg nach Hause.

      Sie durchquerte das Vorzimmer und ging am Schreibtisch der Empfangssekretärin vorbei zum Büro ihres Vaters, als sie merkwürdige Geräusche hörte. Ein Stöhnen und Keuchen.

      Linda erschrak und blieb einen Moment wie angewurzelt stehen. War ihr Vater gestürzt? Hatte er sich verletzt? Sie wollte gerade nach ihm rufen als sie eine heisere Frauenstimme hörte: „Oh Gott, Adam! Ja! Jaa!“

      Vorsichtig schlich Linda näher und spähte durch die angelehnte Tür. Ihr Vater stand etwa drei Meter von ihr entfernt mit heruntergelassenen Hosen vor seinem gewaltigen Schreibtisch. Um seine Hüften schlangen sich zwei schlanke Frauenbeine, die genauso rhythmisch zuckten wie der Hintern ihres Vaters. Er stöhnte laut und warf den Kopf zurück. Seine Bewegungen wurden schneller, das Keuchen aus beiden Kehlen lauter.

      Lindas Magen hob sich, sie musste würgen. Leise, die Augen vor Entsetzen geweitet und beide Hände vor den Mund gepresst, wandte sie sich ab und verließ fluchtartig das Büro. Im Fahrstuhl nach unten musste sie sich festhalten, weil ihre Beine zitterten, doch die Welle der Übelkeit ließ langsam nach.

      Sie ging den weiten Weg nach Hause. Die ganze Zeit, während sie mechanisch Fuß vor Fuß setzte, dachte sie darüber nach, was sie gesehen hatte. Aufgeklärt war sie bereits. Doch sie hatte sich die körperliche Liebe immer völlig anders vorgestellt, zärtlich und schön. So wie in den Liebesfilmen, die sie heimlich sah. Das, was ihr Vater und seine Sekretärin taten, fand sie dagegen ekelhaft. Geradezu abstoßend.

      Dann überlegte sie, ob ihr Vater in seine Sekretärin verliebt war. Würde er ihre Mutter für sie verlassen? Und was würde das für sie selbst bedeuten? Einen Umzug? Eine Stiefmutter?

      Nichts dergleichen geschah. Linda fand bald heraus, dass Adam Cooper es generell mit der ehelichen Treue nicht sehr genau nahm. An der Situation zu Hause änderte sich dadurch nichts.

      Linda behielt ihre Kenntnisse für sich. Sie fand, das ging niemanden etwas an. Auch mit ihrer Mutter sprach sie nie über das, was sie über deren Ehe wusste.

      In den letzten Jahren ihres kümmerlichen Lebens war Jo-Anne nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst. Sie magerte immer mehr ab und bekam einen verbitterten Zug um den Mund. Vor etwas mehr als einem Jahr war sie schließlich gestorben.

      „Es war ihr Herz“, sagten die Ärzte.

      Ja, das ist richtig, hatte Linda damals gedacht. Ihr Herz ist gebrochen. Mein Vater hat es zerstört.

      Obwohl sie sich über ihren Vater in persönlicher Hinsicht keinerlei Illusionen machte bewunderte sie


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