Handbuch der Partnerschaftsarbeit. Marijke Mulder
Städten auf. So unterzeichnete beispielsweise Wuppertal 1977 als erste deutsche Großstadt eine Freundschaftsvereinbarung mit Be'er Scheva in Israel.
In vielen Fällen entstehen Städtepartnerschaften aufgrund gemeinsamer Eigenschaften, einer ähnlichen Struktur oder auch Vereinsleben der Städte. Ein Kriterium kann die Namensgleichheit sein wie beispielsweise bei:
Altdorf bei Nürnberg und Altdorf UR in der Schweiz
Bocholt in Deutschland und Bocholt in Belgien
Dresden („Elbflorenz“) und Florenz
Wirtschaftliche und geographische Ähnlichkeit:
Hafenstädte Rostock und Rijeka oder Hamburg und Marseille
Chemiestandorte Leverkusen und Schwedt/Oder
Universitätsstädte Heidelberg und Cambridge
Ähnliche Geschichte:
Pforzheim und Gernika, die beide durch Luftangriffe völlig zerstört wurden
Vierecks-Partnerschaft Bochum – Sheffield – Oviedo – Donezk, da alle Städte von der Montanindustrie geprägt sind und heute entsprechende strukturelle und städtebauliche Problemen haben
Krönungsstädte wie Aachen, Reims und die ehemalige Residenzstadt Toledo
Austragungsorte der Olympischen Spiele wie München und Sapporo
Ähnliche kulturelle Feste:
Köln und Rio de Janeiro (Brasilien), da beide Städte als Karnevalshochburg bekannt sind
Vergangenheitsbewältigung/Versöhnung:
Hof (Saale) und Plauen: Städte, die 20 km voneinander entfernt liegen und die vor dem Zweiten Weltkrieg eine enge Freundschaft pflegten, aber während des Kalten Krieges voneinander abgeschnitten waren
Religiöse Beziehungen:
Paderborn und Le Mans über den gemeinsamen Bistumspatron Liborius
San Francisco mit Assisi, dem Herkunftsort seines Namenspatrons Franz von Assisi
Doch das Ähnlichkeitsgebot kann auch gegenteilig ausgelegt werden: So unterhalten der französische Ort Y und das niederländische Dorf Ee mit dem walisischen Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch eine Partnerschaft. Die Gemeinde kann wohl als Ort mit dem längsten Namen Europas bezeichnet werden, während Y und Ee die kürzesten Namen haben.
Ein weltweites Netz der Zusammenarbeit
Heute wie früher beschränken sich Städtepartnerschaften nicht nur auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Länder wie die Schweiz und Norwegen waren ebenfalls immer aktiv beteiligt. Trotzdem ist die besondere
Quelle: Datenbank des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (Nov. 2013)
Bedeutung der kommunalen Partnerschaften im Rahmen jeder Erweiterungsphase der Europäischen Union hervorzuheben. Der Zusammenhang lässt sich unter anderem an der Gründung der ersten Ringpartnerschaft zwischen den Städten Köln, Lille (Frankreich), Esch-sur-Alzette (Luxemburg), Lüttich (Belgien), Rotterdam (Niederlande) und Turin (Italien) im Jahr 1958 erkennen, die zugleich eine Ringpartnerschaft der Gründungsmitglieder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (der späteren EU) ist.
Das Ende der Diktaturen in Griechenland, Portugal und Spanien in den siebziger Jahren sowie der Beitritt dieser Länder zur EU in den achtziger Jahren führten zu einer Reihe neuer Partnerschaften mit Städten und Gemeinden dieser Länder. Und auch in Mitteleuropa führten die Veränderungen nach dem Fall der ehemaligen kommunistischen Regierungen ab 1989 zu einer Ausbreitung von Städtepartnerschaften. Bis heute wurden laut Datenbank des RGRE allein mit Polen 577 Partnerschaften abgeschlossen. Das starke zivilgesellschaftliche Engagement trug dazu bei, die Völker des lange geteilten Kontinents wieder miteinander in Kontakt zu bringen. Darüber hinaus stellt die Europäische Union seit 1989 wichtige finanzielle Unterstützung für Städtepartnerschaften zur Verfügung.
Bedeutung und Ziel von Städtepartnerschaften ist das freiwillige Zusammenkommen von Menschen über Grenzen hinweg, die Förderung des Erfahrungsaustausches zu Themen von gemeinsamem Interesse und die Sensibilisierung der Bürger für die Vorteile der internationalen Zusammenarbeit auf. Städtepartnerschaften bieten den Teilnehmern aber auch Gelegenheit, den Alltag ihrer europäischen Nachbarn zu erleben, mit diesen zu sprechen und so Kontakte über die Grenzen hinweg zu knüpfen. Somit kann man daraus schließen, dass die Partnerschaftsbewegung seit über 50 Jahren einen sehr wichtigen Beitrag zur