Verliebt in meinen Feind. Lisa Torberg

Verliebt in meinen Feind - Lisa Torberg


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Satz zu formulieren.

      »Jaaaa?« Er zog den Vokal absichtlich in die Länge, vielleicht konnte sie ein wenig davon verwenden, um ein Wort zusammenzustellen. »Ich bin Daniele«, fügte er hinzu, als sie immer noch stumm zu ihm hinaufstarrte, und streckte ihr die Hand hin. Sie schlug ein, besser gesagt, sie ließ es zu, dass er ihre kraftlosen Finger drückte. Allerdings schien der Fluch des Stotterns gebannt. Sie plapperte drauflos.

      »Hi, ich bin Silvia und jeden Tag hier. Weißt du, ich arbeite am Abend im Get-in-Touch, und sobald ich aus den Federn komme, bin ich schon hier. Zum Ausgleich sozusagen.« Sie kicherte und hielt sich dabei die freie Hand vor den Mund, wie es kleine Kinder tun. »Wo hast du vorher trainiert?«

      Daniele hielt sich an dem zusammengerollten Handtuch fest, das er um seinen Hals gelegt hatte, und machte vorsichtshalber einen Schritt zurück. Wie konnte sie wissen, dass er nicht von hier war? Vielleicht kam er ja sonst am Abend! Und was für ein Lokal war das, wo sie arbeitete? Dem Namen und ihrem Aussehen nach konnte es ein Puff sein.

      »Bin neu in Verona«, sagte er und machte dabei erneut einen kleinen Schritt rückwärts. Ihre Nähe war ihm unangenehm, doch er stieß an die Hantelbank. Silvia neigte den Kopf zur Seite und runzelte die Stirn, tat so, als ob sie nachdenken würde. Daniele hatte genug Erfahrung mit dieser Kategorie von Frauen gesammelt, um zu erkennen, dass es für ihn brenzlig wurde. Noch bevor er die Gefahr verbal abwenden konnte, legte sie mit ihrer Quietschstimme erneut los.

      »Ich kann dir gerne die Stadt zeigen, wir können sofort damit beginnen. Ich kenne eine nette Trattoria ganz in der Nähe und ...«

      Plötzlich stand Enzo neben ihnen und unterbrach die Quasselstrippe brüsk, indem er seine Pranke auf ihre Schulter legte und zudrückte. Sie zuckte unter der Berührung zusammen, drehte den Kopf und funkelte den Fitnesstrainer an.

      »Was soll denn das?«, keifte sie.

      »Nicht die ganze Welt kreist um dich, Silvia«, gab er kühl zurück, ließ sie los und wandte sich Daniele zu. »Entschuldige, dass es länger gedauert hat, jetzt stehe ich dir komplett zur Verfügung. Gehen wir?«

      Mit einem Augenzwinkern fasste er Daniele am Oberarm und zog ihn mit sich davon zum Ausgang des Kraftraumes und den Gang hinunter. »Bleib mir auf den Fersen«, zischte er ihm zu, »die verfolgt dich so lange, bis du in einem Raum bist, den sie nicht betreten darf.«

      Als sie die Männerumkleide erreichten und die Tür hinter sich schlossen, seufzten sie beide auf, sahen einander an und begannen zu lachen.

      »Was war das denn?«, fragte Daniele seinen Retter, als er sich endlich beruhigte.

      »Silvia? Im Grunde genommen ist sie ein armer Mensch. Fünfunddreißig, zweimal geschieden, ein Kind aus zweiter Ehe, dessen Sorgerecht der Richter dem Vater übertragen hat, weil sie es im Auto vergessen hatte. Da war der Kleine erst eineinhalb und draußen hatte es dreißig Grad. Sie ist nicht ganz dicht im Kopf, erzählt man sich. Ich glaube eher, dass sie nie gelernt hat, Verantwortung zu übernehmen. Sicher ist, dass sie sich nach Liebe sehnt.«

      »Und die sucht sie ausgerechnet hier?« Daniele schüttelte den Kopf.

      »Wo denn sonst? Im Internet? Ich glaube, die weiß gar nicht, wie man einen Computer einschaltet. Und ganz so schlecht läuft es für sie hier nicht. Es gibt immer wieder Männer, die ihr einen Aperitif spendieren und dafür mit Sex belohnt werden. Sie sieht ja nicht schlecht aus, wenn man sich den ganzen Kitt wegdenkt ...« Enzo grinste.

      »Scusa, aber das ist nichts für mich. Ich muss mich mit einer Frau auf Augenhöhe unterhalten können, bevor ich sie ausziehe.«

      »Ja, genau so habe ich dich eingeschätzt. Du bist einer von der intellektuellen und charmanten Sorte.«

      »Ach ja?« Daniele schaute Enzo erstaunt an. Nicht, dass er seine Mitmenschen normalerweise nach dem Schubladensystem einordnete, aber die Muskelprotze, mit denen er zu tun hatte, und das waren einige, strengten ihren Hirnmuskel nur in Ausnahmefällen an. Und der, der ihm gegenüberstand, hatte nun die Arme vor der breiten Brust verschränkt und zwinkerte ihm zu.

      »Du hast gedacht, dass ich mit Steroiden vollgepumpt bin und mein Hirn als nutzlose Sonderausstattung betrachte, richtig?«, meinte er ironisch.

      »Ertappt ...«, gab Daniele schmunzelnd zu. »Darf ich dich auf einen Entschuldigungsaperitif einladen, irgendwann, wenn du Zeit hast?«

      Enzo löste seine Arme aus der Verschränkung und legte ihm eine Hand auf den Oberarm. »Ich weiß was Besseres. Ich habe zwei Stunden frei und wollte ein paar Bahnen schwimmen und dann in die Sauna. Kommst du mit?«

      »Und Silvia? Sie tut mir zwar leid, aber ich will nicht den barmherzigen Samariter spielen ...«

      »Keine Sorge«, erwiderte Enzo mit einem Blick auf die Uhr. »Die nächsten zwei Stunden verbringt sie oben mit Hip-Hop, zuerst mit den Hausfrauen, anschließend mit den Berufstätigen, die die Mittagspause zum Auspowern nutzen.«

      Daniele starrte ihn an. »Du kennst ihren Terminplan auswendig?«

      »Sie ist ein Gewohnheitstier und ich arbeite seit zehn Jahren hier. Wenn sie nicht krank ist, kann ich dir immer sagen, wo du sie im Haus findest.«

      »Auch in der Nacht?«

      »Klar. Ab zwanzig Uhr im Get-in-Touch und nach der Sperrstunde in ihrem Bett. Immer, egal ob alleine oder in Begleitung. Sie hat nämlich die Angewohnheit, ihre Sexbekanntschaften mit nach Hause zu nehmen.«

      »Weißt du das aus eigener Erfahrung?«, stichelte Daniele.

      Enzos Gesichtsausdruck wurde schlagartig ernst. »Auch, leider. Es geschah wenige Wochen, nachdem sie sich hier eingeschrieben hatte. Und glaub mir, ich hatte nachher alle Mühe, ihr klarzumachen, dass zwischen uns nichts weiter laufen würde.« Er machte eine Handbewegung, die dem Gespräch ein Ende setzte. Dann trat er an einen Spind, tippte einen Code ein, öffnete ihn und tauschte seine Sportschuhe gegen Badeschlapfen.

      Daniele wusste, dass er das Limit überschritten hatte. Er verbiss sich jeden weiteren Kommentar und die Frage nach dem Lokal, in dem Silvia arbeitete. Es war sowieso unwichtig, er hatte nicht vor, sie dort aufzusuchen - ganz im Gegenteil! Er ging zu seinem Spind und tat es dem Fitnesstrainer gleich. Jetzt, wo er ihn ein wenig besser kannte, tat es ihm doppelt leid. Dafür, wie er ihn eingeschätzt hatte, und für sein fehlendes Taktgefühl. Enzo hatte ihn aus einer verfänglichen Situation befreit und was tat er? Es lag doch auf der Hand, dass einer, der aussah wie er und hier arbeitete, dieser Silvia irgendwann erlegen war! Verflixt! Jetzt fühlte er sich richtig mies, vor allem, wenn er daran dachte, was er nun durchziehen musste. Der andere war ihm gegenüber offen und nett, da konnte er die Situation nur ausnutzen und ihn über die Oasi di Giulia ausfragen. Wer weiß, wann sich ihm wieder eine so günstige Gelegenheit bieten würde!

      Am frühen Abend saß Daniele Barbieri an dem Tisch in der sparsam möblierten Wohnung, die Franco für ihn angemietet hatte, und fuhr den Computer hoch. Sein Bruder hatte ihm im Laufe des Tages drei Mails geschickt, jede klang dringlicher als die vorhergehende, die letzte war nicht einmal unterschrieben.

       Ich kann nur hoffen, dass du nicht antwortest,

       da du endlich in dem Fitnesscenter bist!

       Melde dich umgehend mit deiner Einschätzung, am besten telefonisch!

       Zwei Fragen:

       1. Wie ist diese Oasi di Giulia?

       2. Müssen wir nach der Übernahme viel investieren?

       Sieh zu, dass wir diese Sache zum Jahresende abschließen!

      Daniele starrte die wenigen Zeilen auf dem Bildschirm an, bis die Buchstaben vor seinen Augen verschwammen. Aus weiter Ferne hörte er das Klingeln seines Handys. Suchend sah er sich um, es lag nicht auf dem Tisch, läutete weiter. Er stieß den Sessel zurück und folgte dem durchdringenden Ton in den Vorraum, fand das Telefon in seiner Jackentasche und griff danach. Auf dem Display leuchtete


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