Alexas Verwandlung. Hanna Julian

Alexas Verwandlung - Hanna Julian


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ich schweife ab. Vielleicht sollte ich bei den weniger lustigen Zeiten fortfahren. Ich begann von meiner Kindheit zu erzählen. Meine aufopfernde Mutter hatte mich also zur Welt gebracht und schlug sich als Alleinerziehende durchs Leben. Wir hatten nicht viel, solange ich zurückdenken kann. Doch was wir stets hatten, waren genug Nahrungsmittel. Zumindest wenn man bedenkt, dass ich wohl nie Hunger gelitten habe, sondern für die Vernichtung ganzer Vorräte sorgen konnte. Meine Mutter mochte es, wenn ich so viel aß, dass ich danach nur noch untätig auf der Couch sitzen konnte. Dann kniff sie mir in die dicken Wangen und sagte: »Mein süßes Engelchen, Mama sorgt gut für dich.« Und ich fühlte mich gut umsorgt. Dass ich durch ihre falsch ausgelebte Fürsorge ein schon krankhaft übergewichtiges Kind war, habe ich das erste Mal begriffen, als ich eingeschult wurde. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich nur wenig Kontakt zu anderen Kindern gehabt. Meine Mutter hatte mich nicht in einem Kindergarten angemeldet und sie schien auch nur sehr widerwillig dem Ruf der Schule Folge zu leisten. Doch es gab schließlich Gesetze und so brachte sie mich am Tage der Einschulung auf den Pausenhof unserer Grundschule, wo ich zwischen einer ganzen Horde anderer Kinder stand, die alle darauf warteten, dass sie den Klassenlehrern zugeteilt wurden.

      Meine Mutter hielt mich an der Hand und sprach mit niemandem ein Wort. Mich hatte jedoch eine freudige Unruhe ergriffen. Ich betrachtete meine neue Welt mit großen Augen und zudem war mein Mund ständig in Bewegung. Wie ein Wasserfall strömten Fragen aus mir heraus, die meine Mutter nicht beantwortete, was mich aber nicht davon abhielt, immer weiter zu sprechen.

      »Mama, wer ist mein Lehrer? Was lerne ich? Mit wem komme ich in eine Klasse?«

      Kaum hatte ich die letzte Frage gestellt, hörte ich hinter mir eine der Mütter einer anderen Frau zu zischen: »Hoffentlich kommt die Dicke nicht in die gleiche Klasse wie unsere beiden, sonst muss man ja Angst haben, dass sie unseren Kindern die Pausenbrote klaut.« Ihr Blick fiel dabei eindeutig auf mich.

      Meine Mutter tat so, als habe sie nichts gehört, obwohl die Frau nun wirklich laut genug gesprochen hatte. Da wurden mir zwei Dinge klar. Erstens: Ich war fett. Und zweitens: Meine Mutter wusste es, fand es aber offenbar völlig richtig so. Dagegen kam ich auch die darauffolgenden Jahre nicht an. Als Kind denkt man nicht: 'Hey, ich bin aber wirklich nicht gerade schlank. Ich sollte mal ein paar Kilo abnehmen, das ist ja auch sicher viel gesünder.' Das Einzige, was man als Kind denkt, ist: 'Warum mag mich keiner? Warum lachen alle über mich?'

      Natürlich wusste ich, dass es mit meiner Körperfülle zu tun hatte. Ich wusste es und suchte Trost in einem Schokoriegel. Na ja, eher in mehreren Schokoriegeln.

      Mit dem ersten Schultag hatte nun also mein Spießrutenlauf begonnen. Die Mitschüler erfanden viele Namen für mich. An Kreativität mangelte es ihnen durchaus nicht. Mir auch nicht, wie sich im Kunstunterricht herausstellte. Ich zeichnete bereits damals für mein Alter schon überdurchschnittlich gut. Ich sehe das gerne als Wurzeln meiner Karriere als Werbedesignerin. Ein Punkt also, der selbst in meiner Vergangenheit ein echtes Highlight war.

      Heute sitze ich in meinem Büro der Werbeagentur Schöller & Hein und entwerfe vor allem digitale Werbeanzeigen. Aber ich erstelle auch komplette Werbekonzepte, wenn sich die Gelegenheit bietet. Der Computer läuft den ganzen Tag und ich surfe öfter durchs Netz, um mir Anregungen zu holen und mir anzusehen, was die Konkurrenz so treibt.

      Schöller & Hein waren meine erste Wahl, als ich mich nach meiner Ausbildung beworben hatte. Die Besten der ganzen Stadt. Zwei Freunde, die gemeinsam einen Traum verwirklichten und eine eigene Agentur gegründet hatten. Mit Schöller hatte ich schon geschlafen, mit Hein nicht. Vermutlich würde es auch nicht mehr dazu kommen, denn er hatte in letzter Zeit gesundheitlich mächtig abgebaut und sich kaum noch im Büro blicken lassen. Es war abzusehen, dass Schöller – also Ralf – die Agentur demnächst alleine führen würde.

      Zwischen Ralf und mir lief nicht wirklich etwas. Es hatte sich einfach so ergeben. So, wie es eben schon mal passiert. Er machte Überstunden, ich machte Überstunden. In der Küche trafen wir aufeinander, als wir uns Kaffee holen wollten. Der eine Blick ergab den anderen und ehe wir uns versahen, vögelten wir wie die Wilden auf der Arbeitsplatte. Wir machten nicht viele Worte, dafür war die Handlung umso besser, und als ich in mein Büro zurückkehrte, war ich wundervoll kreativ. Vielleicht würde es Sinn machen, eine schnelle Nummer in Büros zu erlauben, damit man danach effektiver arbeiten kann. Das geht natürlich nur, wenn keiner von beiden danach ein Drama draus macht. Ralf und ich haben nie darüber gesprochen. Wir verhielten uns ganz normal und ich würde jederzeit wieder eine schnelle Nummer mit ihm schieben, soviel steht fest. Wenn ich jetzt manchmal in der Küche stehe, erinnere ich mich daran, wie ich die unvergleichliche Hitze spürte – das Verlangen, das uns beide wie eine Welle erfasste und uns einfach mitriss. Ich hatte rasch meinen Slip ausgezogen, um mich dann mit gespreizten Beinen und einem frivolen Lächeln auf die Kante der Arbeitsplatte zu setzen. Ralf ist ein halber Riese und für ihn war die Höhe optimal. Er hatte mich angelächelt, dann den Kopf gesenkt und seinen Blick auf mein rasiertes Delta gerichtet. Ich konnte im Gegenzug sehen, wie die Beule in seiner Stoffhose rasant anschwoll. Anfänglich hatte Ralf sogar noch etwas schüchtern gewirkt. In seinen Augen konnte ich erkennen, dass er so etwas durchaus nicht ständig tat. Das machte mich gleich noch geiler. Welche Frau will nicht einen Mann auf solche Art um den Verstand bringen und ihm womöglich sogar noch etwas beibringen? Ich denke, er lernte an dem Tag tatsächlich etwas Neues, denn ein Quickie unterliegt nun mal anderen Regeln, als eine sinnliche Verführung im Bett. Ich wollte kein Vorspiel, sondern ihn nur so schnell wie möglich in mir spüren. Ihm ging es nach meinen eindeutigen Signalen genauso, und das war gut, denn wir hatten schließlich beide noch jede Menge Arbeit zu erledigen. Man darf mich ruhig praktisch veranlagt nennen, denn ich habe für solche Fälle tatsächlich immer ein Kondom griffbereit. Wenn Ralf darüber verwundert war, hat er sich zumindest nichts anmerken lassen.

      Ich erinnere mich noch an das Geräusch der klirrenden Gläser auf dem Tablett, während wir beide rasch auf einen wirklich befreienden Höhepunkt zusteuerten. Er hämmerte mit genau dem richtigen Tempo in mich und ich konnte den Glanz in seinen Augen sehen. Die Sache tat uns beiden mehr als gut! Fast wäre ich von der Kante gerutscht, als ich mich ihm zum finalen Ende entgegen schob und seine Hoden umfasste, um zu spüren, wie sie sich lustvoll zusammenzogen. Ich fühle das wirklich sehr gerne, aber es erfordert in solchen Situationen schon eine gute körperliche Kondition und Gleichgewichtsgefühl, damit es nicht zu einem unsanften Absturz kommt, denn Ralf war zu dem Zeitpunkt nicht gerade darauf konzentriert, mich festzuhalten. Dafür musste ich schon selbst sorgen. Aber das ist kein Problem für mich, denn meine Stunden im Fitnessstudio haben mich auch auf ungewöhnliche Sexstellungen ausreichend vorbereitet – ein netter Nebeneffekt gewissermaßen. Ich erlebte einen wirklich überwältigenden Orgasmus.

      Im Gegensatz zu zwei Wassergläsern, die beim Herunterfallen in tausend Stücke sprangen, waren Ralf und ich nicht nur schadlos und ohne falsche gegenseitige Besitzansprüche aus der Nummer hervorgegangen, sondern auch überaus gut gelaunt.

      ~*~

      Akrobatische Verrenkungen auf einer Arbeitsplatte wären als Kind gewiss überhaupt nicht mein Ding gewesen. So gut, wie ich in Kunst war, so schlecht war ich in Sport. Es war die Hölle! Besonders schlimm wurde es, als nach dem qualvollen Bodenturnen das Geräteturnen auf dem Plan stand. Das Reck, der Barren und die Ringe waren meine ganz persönlichen Folterinstrumente. Meiner Sportlehrerin in der vierten Klasse machte es nicht sonderlich viel aus, wenn ich wie ein nasser Sack an einem der Geräte hing. Mir machte es allerdings unglaublich viel aus, denn ohne fremde Hilfe kam ich meistens nicht mehr hinunter. Alle ließen sich gerne viel Zeit, um mich aus meiner misslichen Lage zu befreien, sodass mir mehr als einmal mein T-Shirt bis zum Kinn hoch rutschte, während ich am Reck kopfüber hing und rein gar nichts gegen die unfreiwillige Entblößung unternehmen konnte. Das hört sich traumatisch an, und das war es auch, denn die anderen Kinder glaubten, an meinem speckigen Körper bereits eine weibliche Brust zu erkennen, was sie lauthals verkündeten.

      Tatsächlich war es so, dass zwei Jahre später ausgerechnet Frau Beller, meine damalige Sportlehrerin, mich nach einem Basketballspiel darauf hinwies, dass ich mir dringend einen BH besorgen müsste. Die anderen Mädchen hatten längst alle einen, das hatte ich in der Umkleide gesehen. Doch ich hatte das Gefühl, dass ich anders war. Mir war es


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