Kyla – Kriegerin der grünen Wasser. Regina Raaf

Kyla – Kriegerin der grünen Wasser - Regina Raaf


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einem zierlichen Kettchen an dem gläsernen Behältnis befestigt war.

      Der Mann stellte die Phiole unter den Tresen. »Du brauchst diesen Duft nicht.«

      »Doch! Ich brauche ihn!« Kyla war sich bewusst, dass ihre Antwort viel zu schnell und zu laut gekommen war. Aber sie wollte dieses Duftwasser auf jeden Fall haben, auch wenn sie sich darüber im Klaren war, dass sie in die Falle des Verkäufers tappte. Der Mann ließ sich zu ihrer Überraschung seine Selbstzufriedenheit jedoch nicht mehr anmerken. Er holte die Phiole wieder hervor, nahm ein hübsches Stückchen Stoff und wickelte das Fläschchen sorgsam darin ein. Als er den Preis nannte, war Kyla sich sicher, dass er das Doppelte von dem verlangte, was er normalerweise berechnete. Kyla wollte jedoch nicht verhandeln, denn das hätte in ihren Augen den Wert des Duftwassers geschmälert. Sie zahlte, ohne zu murren, und nahm das eingepackte Duftwasser. Sie verließ das Geschäft und verstaute das Gekaufte tief in Golans Satteltaschen.

      Als sie sich in den Sattel schwang, schwor sie sich, dass dies der einzige Anfall von Schwäche bleiben sollte, den sie hier erlitt. Ein wenig war sie erschrocken, dass sie ebenso auf Schönheiten und angenehme Gerüche ansprach wie Paraila, Galynda, Lanari und all die anderen Frauen, die sie kannte.

      Lanari ... Kyla spürte einen kurzen Stich in ihrem Herzen, als sie an die Freundin dachte. Doch die Gefühle, die sie für sie hatte, waren ohnehin viel zu stark. Eine Trennung war das einzig Richtige, um wieder zur Vernunft zu kommen. Während Golan gemächlich durch die Straßen schritt, wurde Kyla bewusst, dass diese Trennung aber vielleicht viel länger dauern könnte, als ihr lieb war.

      Ein Laden mit ledernen Taschen erregte Kylas Aufmerksamkeit. Sie hielt Golan an und betrachtete die Auslagen. Für ihre weitere Reise benötigte sie eine größere und stabile Tasche, also war es ja keine Schwäche, sich ein Exemplar auszusuchen und käuflich zu erwerben. Der Verkäufer in diesem Laden widmete sich ihr erst, als Kyla eine blau eingefärbte Tasche bezahlen wollte. Er kassierte und überließ sie dann wieder sich selbst. Kyla fand es seltsam, dass die Ladenbesitzer hier so unterschiedlich waren, obwohl sie doch das gleiche Ziel hatten – ihre Existenz durch Verkäufe zu sichern. Da dieser Mann sich offensichtlich nicht erfolgreich genug um seine Geschäfte kümmern konnte, kaufte Kyla ihm sogleich noch eine Geldbörse und einen hübschen Schal aus feinem Stoff ab, den er auf einem hölzernen Gestell darbot. Jetzt strahlte der Verkäufer über das ganze Gesicht, und Kyla spürte eine Art von Freude, die ihr bislang gänzlich fremd gewesen war. Es bereitete ihr großes Vergnügen, diese neuen Dinge zu besitzen. Den Schal würde sie Lanari schenken, und sie freute sich darauf, ihn an ihr betrachten zu können. Mit ihren Schätzen kehrte sie zu Golan zurück und versprach ihm, nun keinen Halt mehr zu machen, bevor er nicht gut aufgehoben und fressend im Stall untergebracht war.

      Sie hielt Wort und stand schon bald vor dem Gasthaus, das nach ihr benannt war. Es war mehr als sonderbar, den Schriftzug, der mit Glüheisen in Holz gebrannt und an der Fassade des mehrstöckigen Gebäudes angebracht war, zu betrachten. In Kästen vor den Fenstern hatte man Blumen gepflanzt, die keinem anderen Zweck dienten, als in prächtigen Farben vor sich hin zu blühen und die Augen der Betrachter zu erfreuen.

      Das Gebäude wirkte, als wäre es gerade neu mit weißer Farbe gestrichen worden. Einige Holzstreben in der Außenfassade stachen mit ihrem dunklen Farbton hervor und zogen die Blicke auf sich. Ebenso die Schrift natürlich, die in nicht gerade kleinen Lettern Kylas kompletten Kriegerinnen-Namen zeigte. Der Eingang war einladend hell, die Tür bereits geöffnet.

      Was im Inneren vor sich ging, konnte Kyla nicht erkennen. Sie stieg von Golans Rücken und blickte zum Marktplatz. Er war riesig. Zu dieser Tageszeit lag er jedoch still und verlassen da. Kein Unrat war zu sehen, der vom Markttag übrig geblieben war. Die junge Frau spürte nun doch eine gewisse Vorfreude, ihn beim nächsten Sonnenlicht voll von buntem Treiben zu erleben. Sie wandte sich dem Eingang des Gasthauses zu und betrat es. Kaum war sie im Inneren, brach wahrer Tumult aus. Kyla wusste kaum wie ihr geschah, als plötzlich etwa ein Dutzend Chyrrta um sie herum wuselten, um ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Sie seufzte innerlich und ließ es geschehen. Einzig um Golan kümmerte sie sich wie versprochen selbst und stellte sicher, dass er in dem zum Gasthaus gehörenden Stall alles bekam, das einem Pferd gut tat. Schließlich kehrte sie ins Hauptgebäude zurück und wurde sofort von drei Frauen unterschiedlicher Altersstufen im Empfang genommen.

      »Mein Name ist Yola«, stellte die Älteste sich vor. »Das sind T’hana und Lylha. Wir werden uns um Euer Wohl kümmern, solange Ihr hier in der ‘Kriegerin der grünen Wasser’ logiert, Kyla – Kriegerin der grünen Wasser.« Beinahe hätte Kyla aufgelacht, weil wohl niemand zuvor bedacht hatte, wie seltsam es anmutete, wenn die Unterkunft ebenso hieß, wie der Gast. Sie sah es den dafür verantwortlichen Chyrrta jedoch nach, denn sie war sich sicher, dass sie es nur gut gemeint hatten. In Windeseile wurde ihr ihr Zimmer gezeigt, das gleich aus mehreren Räumen bestand – in Wahrheit war es so, dass man ihr ein komplettes Stockwerk zugedacht hatte.

      Kyla war für diesen Umstand dankbar, denn die Aussichten auf eine ungestörte Nacht waren damit fast greifbar. Als man jedoch Musiker holte, die auf dem Gang ein Lied nach dem anderen spielten, um ihre Nerven zu beruhigen, musste Kyla sich enorm beherrschen, diese in freundlichem Ton zu bitten, erst beim nächsten Sonnenlicht wieder zu erscheinen. Sie hoffte, die Männer nahmen es nicht zu wörtlich und ließen sie ausschlafen. Kyla gab jedem von ihnen ein paar Münzen und atmete tief durch, als endlich alles still war. Doch kaum hatte sie einen weiteren Atemzug getan, klopfte es an ihrer Tür. Sie öffnete, und sofort strömten die drei Frauen herein, die sich um sie kümmerten. Yola trug einen großen Korb mit Obst bei sich, den sie auf einen niedrigen Tisch stellte, der mitten im Raum von mehreren Sitzmöbeln umgeben war. T’hana trug in einem ganz ähnlichen Korb mit Brot, Käse, Butter, Fleisch und Marmelade herbei. Lylha schließlich hatte eine Kiste bei sich, in der eine Vielzahl von Büchern untergebracht war. Sie wirkte unsicher, wo sie ihre schwere Last abladen durfte. Kyla wollte ihr gerade helfen, da ließ Lylha die Kiste bereits so ungeschickt auf den Schrank plumpsen, auf dem Kyla ihre Tasche mit den Waffen abgestellt hatte, dass die Tasche umkippte. Ein Kurzschwert und ein Messer fielen heraus und zu Boden. Das Messer blieb mit der Spitze im Holz stecken, das Heft vibrierte. Lylha war ganz blass vor Schreck geworden. Sie bückte sich rasch und griff nach dem Messer.

      »Nein, nicht!«, rief Kyla, doch da hatte die junge Frau sich bereits die Hand aufgeschnitten. Sie sah mit weit geöffnetem Mund ungläubig auf das Blut und sank dann zu Boden.

      »Oh nein!« Yola schlug sich die Hand vor den Mund, fasste sich dann jedoch wieder und bedeutete T’hana, ihr zu helfen. Gemeinsam fächelten sie Lylha Luft zu und halfen der Erwachenden auf die Beine. Kyla indes zog das Messer aus dem Holz und legte es mit dem Schwert zusammen auf den Schrank.

      »Wir werden den Boden gleich säubern, sobald wir Lylha zu einem Heiler gebracht haben«, versicherte Yola eilig.

      »Ich werde das Blut selbst entfernen. Und danach werde ich mich zur Nachtruhe begeben.« Kyla hoffte, sie war nicht zu abweisend. Die Frauen nickten rasch und wünschten ihr eine gute Nacht, dann verließen sie das Zimmer. Kyla sah ihnen nach. Es tat ihr leid, als sie sah, dass Lylha gestützt werden musste – und das nur wegen ein wenig Blut. Kyla wurde sich bewusst, wie seltsam sie manch anderer Frau vorkommen musste, weil sie bei Kämpfen oftmals regelrecht in Blut badete – in dem ihrer Feinde, aber oft genug auch in ihrem eigenen, ohne dass ihr die Sinne deswegen schwanden. Was würden diese Chyrrta, die sie so hofierten, eigentlich von ihr denken, wenn sie Zeuginnen davon würden, wie sie einem Feind die Kehle durchschnitt? Oder ihm einen Dolch in den Leib jagte und einen Schnitt ausführte, sodass dessen Eingeweide ihm aus dem Körper hingen. Sicher würde ihnen der Appetit für geraume Zeit vergehen. Und sie würden Kyla fürchten. Doch wollte sie das? Ihre Gedanken wurden düster. Was, wenn Lanari sie in Wahrheit auch fürchtete? Vielleicht hatte sie die Freundschaft zwischen ihnen immer nur vorgespielt, weil sie als Tochter ihrer Dienerin dazu verpflichtet gewesen war. Vermutlich war sie froh, dass Kyla nun endlich weit von ihr entfernt war und sie Freundschaft, Liebe und Verständnis bei Thonda fand. Thonda ... Kyla beneidete ihn zutiefst.

      Sie entledigte sich ihrer Kampfkleidung, zündete die bereitstehende Laterne an, ergriff sie und machte sich daran, in dünnen Beinkleidern und einem Hemdchen die anderen Räume zu erkunden. Das Badezimmer wies eine Wanne aus Metall


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