Kommando-Operation: Drei Military Action Thriller in einem Band. Alfred Bekker
Grab, so kalt wie sonst kaum ein anderes…
*
Es war Ridge, der das Tempo vorlegte. Er marschierte voran und versetzte mit seiner Kondition und Entschlossenheit sogar Marisa Gomez in Erstaunen. Russo hatte mehrfach versucht, die junge Argentinierin mit seinen Sticheleien und dreisten Flirtversuchen anzusprechen und normalerweise bekam er dafür von Gomez stets eine verbale Quittung in gleicher Münze. Doch seit dem Gefecht mit dem Apache war Gomez erstaunlich schweigsam geblieben.
Allerdings war auch Russos Angriffsgeist erlahmt.
Wie die anderen auch, suchten seine Augen immer wieder angestrengt den Horizont ab.
Keiner aus dem Team konnte so recht glauben, dass sich bislang kein weiterer Apache gezeigt hatte. Immerhin wussten sie, dass die Gegenseite mindestens zwei Kampfhubschrauber dieses Typs besaß und es gab eigentlich keinen Grund, um die zweite Maschine nicht sofort gegen die Eindringlinge einzusetzen.
Haller vermutete, dass der zweite Apache mit einer ausgedehnteren Überwachungs-Mission betraut war und einfach nicht schnell genug am Ort des Geschehens sein konnte.
Wenn dem so war, blieb dem Team noch eine Galgenfrist.
Inzwischen war ein kalter, trockener Wind aufgekommen, der über die Ebene fegte. Dieser Wind war ihr Verbündeter. Erstens blies er von hinten und erleichterte damit den Marsch. Zweitens sorgte er dafür, dass ihre Spuren verweht wurden.
Ridge stoppte plötzlich, nachdem die Gruppe ein paar Kilometer hinter sich gebracht hatte.
„Eingraben, tarnen und abwarten!“, lautete sein knapper Befehl.
„Wickeln Sie sich zu zweit in den Stoff Ihrer Biwaks ein, wenn Sie frieren!“
„Sollen wir uns hier einfach abknallen lassen?“, maulte Gomez.
Ridge deutete in Richtung der Berge.
Dort türmten sich bereits grauschwarze Wolkengebirge auf. Der Wind wurde heftiger. Eine neue Sturmfront war vielleicht im Anmarsch.
„Vielleicht haben wir ja Glück, und der anderen Seite wird das Wetter für eine Jagd auf uns zu schlecht, Gomez!“
Es war eigentlich nicht ihre Art, Befehle in Frage zu stellen. Aber die Belastung durch das Klima und die äußeren Umstände dieses Einsatzes waren immens. Selbst bei Elitekämpfern, wie sie in der Spezial Force One dienten, von denen jeder im Laufe seiner Karriere mehrfach auf psychische Stabilität hin getestet worden war, ging das alles nicht spurlos vorüber.
Ridge als erfahrenem Kommandanten war das schon seit längerem aufgefallen.
Sie sind eben keine Kampfmaschinen!, ging es ihm durch den Kopf.
In einer Zeit, in der ein Krieg ohne High-Tech nicht mehr denkbar erschien, blieb der Faktor Mensch immer als möglicher Schwachpunkt.
Ridge verzichtete daher darauf, Gomez zurecht zu weisen.
„Wir haben hier einerseits so gut wie keine Deckung. Und andererseits kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die andere Seite tatenlos hinnimmt, dass eine ihrer Maschinen abgeschossen wurde. Sie werden also zurückkehren - und zwar an die Absturzstelle. Mit etwas Glück übersehen sie uns dabei. Wenn die Gefahr vorüber ist, können wir weiter marschieren. So viel Zeit haben wir!“
Ridge ließ den Blick von einem zum anderen schweifen.
„Nutzen Sie Ihre Chance und graben Sie sich diesmal besser ein als beim letzten Mal.“
Es war kein Problem, den Neuschnee hinwegzuschaufeln. Bei der darunter liegenden, hartgefrorenen Schicht hingegen war es Schwerstarbeit. Der eigentliche Eispanzer war ohne Spezialwerkzeug, geeignete Bohrer oder Sprengstoff so gut wie undurchdringlich.
Laroche hatte anstatt seines Spatens sein Speziallaptop in der Hand.
„Sind Sie des Wahnsinns, Laroche?“, fauchte Ridge ihn an.
„Miro gräbt für mich mit“, erklärte er. „Ein paar Minuten kann ich es wagen, das Gerät zu aktivieren. Mir kommt da gerade eine Idee.“
Er hatte die Handschuhe ausgezogen. Darunter trug er Handwärmer aus Fleece, die die Fingerkuppen freiließen. Ansonsten hätte er die Tastatur nicht bedienen können.
Der Franzose saß im Schneidersitz auf dem Boden und hackte wie wild auf die Tasten ein. Er arbeitete mit fieberhafter Eile. Dann wandte er sich an Ridge.
„Ich habe hier etwas für Sie, Sir!“
Der Colonel ging neben dem Franzosen in die Hocke.
Auf dem Schirm des Laptops war eine Satellitenaufnahme des Einsatzgebietes zu sehen.
„Unsere gegenwärtige Position liegt bei der Markierung“, erklärte Laroche. „Jedenfalls, wenn man von der letzten Positionsbestimmung per GPS ausgeht. Wir müssten dringend eine weitere durchführen.“
„Ich weiß.“
Laroche veränderte mit einem Knopfdruck die Anzeige.
„Dies ist dasselbe Gebiet in einer Infrarotansicht. Sie sehen um X-Point herum eine Zone mit größerer Wärmeabstrahlung. Der Stand der Aufnahmen ist etwa vor drei Wochen.“
„Die Wärmezone ist nicht zu übersehen. Aber worauf wollen Sie hinaus?“
„Darauf!“
Wieder tickten Laroches Finger über die Tastatur.
An der Menueleiste blinkte eine Warnung auf. Ein Mini-Fenster öffnete sich und zeigte an, dass die Betriebstemperatur in den Risikobereich abfiel.
„Ein kleines Zusatz-Tool, das ich mir für diesen Einsatz installiert habe!“, kommentierte Laroche.
Im nächsten Moment baute sich ein neues Infrarotbild auf. „Das Farbraster, mit dem auf den von der NASA zur Verfügung gestellten Satellitenbildern die Temperaturunterschiede dargestellt wurden, ist auf Grund der besseren Übersicht recht grob gewesen. Ich habe ein feineres Darstellungsraster auf die vorhandenen Daten angewendet und dabei Temperaturdaten in einem bestimmten Bereich besonders hervorgehoben! Et voilà! C'est le resultat!“
Ridge nahm sich die Gesichtsmaske ab und starrte ungläubig auf den Schirm.
Um das nach wie vor eindeutig als Wärmezone erkennbare Gebiet um X-Point herum gab es noch weitere, nicht so deutlich hervortretende Wärmezonen. Eine davon hatte eine Ausdehnung von fast einem Kilometer.
Die anderen waren kreisförmig um diese ausgedehnte Zone herum gruppiert.
Ridge rief seinen Stellvertreter herbei.
„Lieutenant, sehen Sie sich das mal an!“
„Ja, Sir!“
Haller eilte herbei.
Ridge wandte sich an Laroche. „Wofür halten Sie das? Weitere Stationen?“
„Exactement“, bestätigte Laroche. „Die große Wärmezone in der Mitte scheint die Zentrale zu sein und die übrigen…“
„Wahrscheinlich haben sich dort Wachtposten eingegraben!“, vermutete Haller.
Ridge war derselben Ansicht. „Ja, sie bilden einen Ring von vielleicht 25 Kilometer Durchmesser. Aber ich verstehe nicht, wie X-Point da hineinpasst!“
Laroche zuckte die Achseln. „Zunächst einmal wissen wir nicht, ob es sich bei den Wärmeflecken wirklich um verborgene Stationen handelt oder etwas ganz anderes. Ich vermute zum Beispiel eher, dass es geheizte Depots sind. Auf jeden Fall wissen wir eins: Was immer dort vergraben liegt, hat man wesentlich besser gegen Wärmeabstrahlung isoliert als X-Point.“ Laroche klappte das Laptop zu. „Ende der Sitzung.
Ich hoffe das Ding funktioniert noch, wenn ich es das nächste Mal benutze…“
„Mein Vorschlag wäre, wir nehmen uns einen dieser vermeintlichen Außenposten oder Depots vor und reißen ihn uns unter den Nagel“, war Hallers Ansicht. „Vielleicht erfahren wir dann,