Seal Team 9. Sarah Glicker

Seal Team 9 - Sarah Glicker


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nicht näher darauf ein, sondern beachte ihn nicht weiter. Mir ist bewusst, dass es sicherlich ein paar Soldaten gibt, die sich früher oder später verraten, doch ich wäre kein Navy Seal, wenn ich mich nicht besser unter Kontrolle hätte.

      Als ich seine Praxis endlich verlassen kann, stapfe ich mit schlechter Laune an der Frau vorbei, die am Empfang sitzt, und knalle die Tür hinter mir ins Schloss. Es ist mir egal, ob sie etwas dafür können, oder nicht. Ich lasse keinen Zweifel daran, dass ich mit niemandem sprechen will. Und das schon alleine deswegen, weil ich wieder eine Stunde meines Lebens hier vergeuden musste.

      Draußen bleibe ich einen Moment vor der Eingangstür stehen, atme tief durch, um mich wieder zu beruhigen, und beobachte die Menschen, die sich um mich herum befinden. Einige Sekunden betrachte ich sie. Dabei schießt mir der Gedanke durch den Kopf, dass sie Glück haben, dass sie nicht meine Erfahrungen machen mussten.

      Dies ist etwas, was ich wirklich niemanden wünsche. Selbst meinen Teamkameraden nicht. Nachdem sie mich befreit haben, habe ich erst einmal nicht mit ihnen gesprochen. Ich brauchte ein paar Tage, bis die Wut verschwunden ist, die ich auf die Männer hatte, die mich gefangen gehalten haben. Doch das war nicht mein einziges Problem.

      Die Verletzungen an meinem Oberkörper sahen sehr schlimm aus, sodass ich lange im Krankenzelt bleiben musste, bis ich schließlich ausgeflogen werden konnte. Und noch länger hat es gedauert, bis die Schmerzen endlich verschwunden sind. Obwohl sie das noch nicht einmal sind.

      Noch immer spüre ich die Hitze des Feuers auf den Narben und spüre die Schläge mit den Seilen, die auf mich niedergegangen sind.

      Schließlich setze ich mich in Bewegung und gehe die Straße hinunter. Ich halte auf die Kneipe zu, die sich an der nächsten Straßenecke befindet. Ohne zu zögern betrete ich sie und lasse mich an der Theke auf einen freien Hocker sinken.

      „Tequila“, rufe ich der Frau zu, die sich hinter der Bar befindet.

      Einen Augenblick sieht sie mich nachdenklich an. Ich weiß, dass sie niemals fragen würde. Schließlich bin ich nicht der einzige Mann, der sich hier besäuft, um sich nicht mit seinen Problemen auseinanderzusetzen. Doch das ändert nichts daran, dass sie sich darüber den Kopf zerbricht.

      Kurz nickt sie, ehe sie nach einem kleinen Glas und der Flasche greift, die sich hinter ihr befinden.

      „Ich nehme die Flasche.“ Mit diesen Worten lehne ich mich ein Stück nach vorne und nehme sie ihr aus der Hand.

      Im ersten Moment sieht sie mich verblüfft an. Ich weiß, dass sie keine Ahnung hat, wie sie darauf reagieren soll, doch das ist mir egal. Und genauso egal ist mir, dass das wahrscheinlich nicht sehr oft passiert.

      Die meisten Männer, die herkommen, besaufen sich wahrscheinlich langsam, sodass sie es merken, wie die Welt um sie herum langsam verschwimmt. Ich hingegen habe den Wunsch, diesen ganzen Mist zu vergessen. Und zwar so schnell es geht. Das kann ich nur, wenn ich mir die Kante gebe.

      Ich nehme einen großen Schluck aus der Flasche, bevor ich mein Handy aus der Hosentasche ziehe. Mir ist bewusst, dass die Frau mich dabei nicht aus den Augen lässt. Doch ich kümmere ich mich überhaupt nicht weiter um sie. Stattdessen entsperre ich das Display und werfe einen Blick darauf.

      Meine Freunde und Kollegen habe unzählige Male in den letzten Stunden versucht mich zu erreichen. Doch ich habe keinen der Anrufe entgegengenommen. Seit meiner Entlassung aus dem Krankenhaus war es die meiste Zeit so.

      Sie machen sich Sorgen um mich und wollen mir helfen. Das weiß ich, doch ich will mich nicht mit ihnen sprechen. Sie würden mir nur sagen, dass ich mich wenigstens mit ihnen unterhalten soll, egal worum es geht, doch auch das will ich nicht.

      Wir haben zwar den gleichen Job und sie würden mich verstehen, doch auch das ändert nichts an meiner Einstellung. Ich will sie mit dieser Geschichte nicht belasten. Und wenn wir es genau nehmen, würde ich genau das machen.

      Ich will mich mit keinem darüber unterhalten!

       In dem Moment, in dem ich das Telefon aus meiner Hand legen will, wird der nächste eingehende Anruf angezeigt. Doch ich beachte es nicht weiter. Stattdessen werfe ich es neben mich auf die Theke und nehme noch einen großen Schluck aus meiner Flasche.

       Es dauert nicht lange, bis der Nebel um mich herum einsetzt und ich den ganzen Ärger vergesse, der in meinem Leben passiert ist. Wenigstens so weit, dass ich endlich wieder befreiter Atmen kann.

       Was mir widerfahren ist, ist nichts, was man einfach zur Seite wischt und weiter macht. Mein Körper ist für immer entstellt und mein Leben ein Trümmerhaufen. All das, wofür ich die letzten Jahre gearbeitet habe, wofür ich mir den Arsch aufgerissen habe, ist in diesen wenigen Tagen in Syrien zerstört worden. Und bis jetzt habe ich keine Ahnung, ob ich überhaupt wieder in meinem Beruf arbeiten kann.

       „Was?“, knurre ich einen der Gäste an, der wenige Meter von mir entfernt sitzt.

       Nachdenklich sieht er mich an. Ein wenig macht er den Anschein auf mich, als würde er mich fragen wollen, welche Laus mir über die Leber gelaufen ist. Doch genauso schnell schaut er wieder zur Seite.

       Kurz blickt er mich noch an, doch dann dreht er sich wieder in die andere Richtung.

       Ist auch besser so, denke ich zähneknirschend.

       Gerade trauen sich nur die Männer in meine Nähe, die mich kennen und mich einschätzen können. Sie können mir die Stirn bieten und haben kein Problem damit, sich auch mal mit mir zu prügeln, damit ich meine angestaute Energie loswerde. Und wenn man es genau nimmt, dann habe ich genau dazu Lust.

       Ich habe Lust, mich mit dem nächstbesten zu prügeln. Und dabei geht es nicht einmal unbedingt nur um das Gewinnen. Nein, es wäre mir sogar recht, wenn ich verliere. Vielleicht würde mein Gegner mich bewusstlos schlagen und so dafür sorgen, dass ich mich wenigstens für einen kurzen Moment nicht mehr mit diesem Mist beschäftigen muss.

       Seit zwei Stunden sitze ich schon in der Bar und habe nicht nur die Flasche Tequila leer gemacht, sondern auch mehrere Flaschen Bier in mich geschüttet. Doch nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen merke ich, dass es nichts bringt. Auf jeden Fall nicht in dem Ausmaß, wie ich es gerne hätte. Diese Erinnerungen lassen sich nicht fortwischen, egal wie sehr ich es versuche.

       Da ich nicht mehr in der Lage bin, alleine nach Hause zu fahren, habe ich vorhin den einzigen Mann angerufen, der mir nicht ständig auf die Nerven geht. Klar, er wird sich auch den einen oder anderen Kommentar nicht verkneifen können, aber das ist mir egal.

       Ryan hat mir einmal klar zu verstehen gegeben, dass ich mich jederzeit auf ihn verlassen kann. Doch er wird mir auch nicht jeden Tag damit auf die Nerven gehen.

       Und darüber bin ich froh.

       Sollte ich es mir irgendwann doch noch einmal anders überlegen, wovon ich nicht ausgehe, weiß ich, wo ich ihn finden kann.

       „Ich hoffe, es hat sich wenigstens gelohnt“, stellt er fest, als ich aus der Bar getorkelt komme.

       Ryan hat sich an seinen Wagen gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. Ich erkenne das hinterhältige Grinsen auf seinen Lippen. Sein wachsamer Blick nimmt alles an mir in sich auf, sodass ihm nichts entgeht. Doch das ist unserer Ausbildung verschuldet. Sollten wir etwas übersehen, bezahlen wir es mit hoher Wahrscheinlichkeit mit unserem Leben.

       Wäre ich noch etwas nüchterner, würde ich darauf eingehen. Doch ich bin mir sicher, dass er das nicht machen würde, wenn ich noch etwas nüchterner wäre.

       Aus diesem Grund verkneife ich mir jeden Kommentar, um es nicht noch weiterzutreiben.

       „Bring mich einfach nur nach Hause“, weise ich ihn an und lasse mich auf den Beifahrersitz sinken, nachdem ich an ihm vorbeigegangen bin.

       An seinem Blick erkenne ich, dass er noch etwas von sich geben will. Doch er macht es nicht. Und das ist wahrscheinlich auch besser so. Stattdessen startet er schweigend den Wagen und bringt die ersten Meter hinter sich.

       „Weißt du schon, wann du wieder zum Dienst kommen wirst?“, fragt er mich


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