Seal Team 9. Sarah Glicker

Seal Team 9 - Sarah Glicker


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könnte verstehen, wenn du es nicht tun wollen würdest. Doch wir beide wissen genau, dass das nicht der Fall ist. Du liebst deinen Job viel zu sehr, als dass du dich wirklich willst. Aber vielleicht würde es dir helfen, wenn du wenigstens mal wieder zum Training kommen würdest. Du weißt schon, um nicht aus der Übung zu kommen und um den Kopf frei zu bekommen.“

       Auch wenn ich betrunken bin merke ich, dass er seine Worte ernst meint. Und ich muss wenigstens vor mir selber zugeben, dass ich es auch gerne würde. Doch ich kann es einfach noch nicht. Und ich weiß auch nicht, wann ich wieder dazu in der Lage sein werde.

       Oder ob ich das überhaupt sein werde.

       Als Antwort gebe ich nur ein schlecht gelauntes Brummen von mir. Sein leises Lachen zeigt mir, dass er mich verstanden hat und er sich auch ein klein wenig darüber lustig macht. Doch ich gehe nicht näher darauf ein. Stattdessen schließe ich lieber meine Augen, bis er vor meinem Haus stehen bleibt.

       „Ich wusste ja gar nicht, dass du neue Nachbarn bekommst“, stellt er schließlich fest.

       Langsam öffne ich meine Augen und betrachte den LKW, der in der Einfahrt des Nachbarhauses steht. Die Ladefläche ist geöffnet und ein paar Kartons stehen daneben verteilt.

       „Na super“, grummle ich nur, schnalle mich ab und steige aus.

       In der Sekunde, in der ich die Tür hinter mir schließe, sehe ich, dass eine junge Frau aus dem Haus kommt. Sie ist vielleicht zwei oder drei Jahre jünger als ich. Ihre blonden Haare sind s lang, dass sie beinahe ihren Hintern berühren. Ihre Figur sportlich und passt perfekt in die engen Klamotten, die sie trägt und wirklich nichts der Fantasie überlassen. Jede einzelne Rundung kann ich erkennen.

       Unter anderen Umständen würde ich versuchen, sie ins Bett zu bekommen, das ist mir sehr wohl bewusst. Und genau bewusst bin ich mir darüber, dass sie mir nicht entkommen könnte. Doch nun bin ich eher genervt von ihr, als sie mich freundlich anlächelt.

       Ehe ich in meinem Haus verschwinden kann, kommt sie bereits auf mich zu.

       „Hi, ich bin Kendra, die neue Nachbarin“, stellt sie sich mir vor und streckt mir ihre Hand entgegen.

       Allerdings beachte ich sie überhaupt nicht, sondern gehe schweigend an ihr vorbei.

       „Sie scheinen einen schlechten Tag zu haben.“

       Kaum hat sie mit ihrer unsicheren Stimme die Worte ausgesprochen, drehe ich mich in ihre Richtung und gehe wieder zurück. Dabei sehe ich sie bedrohlich an. Doch aus irgendeinem Grund scheint es sie nicht zu interessieren.

       Jede andere Frau würde jetzt wahrscheinlich einen Schritt nach hinten machen. Schließlich kennt sie mich nicht und hat keine Ahnung, ob ich wirklich eine Gefahr für sie darstelle, oder nicht. Doch Kendra betrachtet mich nur mit einem herausfordernden Blick, als ich mich ihr langsam nähere.

       „Du kannst dir nicht einmal vorstellen, was für einen“, fahre ich sie an, bevor ich endgültig im Inneren meines Hauses verschwinde.

      2

      Kendra

      Verblüfft sehe ich ihm nach.

      Was war das?, frage ich mich, während ich in Gedanken noch einmal unsere kurze Unterhaltung durchgehe.

       Doch ich finde, dass unsere Unterhaltung eindeutig zu kurz war, um wirklich einen Grund für seinen Ausraste zu haben. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob man sie wirklich als Unterhaltung bezeichnen könnte. Dafür war sie eindeutig zu kurz.

       Als die Tür mit einem lauten Krachen hinter ihm ins Schloss fällt, zucke ich kurz zusammen, habe mich aber schnell wieder im Griff.

       „Mach dir nichts draus. Er macht gerade eine harte Zeit durch“, erklärt eine weitere männliche Stimme, die sich hinter mir befindet. „Eigentlich ist er sehr umgänglich.“

       Langsam drehe ich mich in die Richtung, aus der die Stimme kommt und betrachte den Mann. Er ist mindestens genauso groß und breit gebaut wie mein neuer Nachbar. Auf mich machen sie den Eindruck, als würden sie viel Zeit beim Sport verbringen.

       Für einen kurzen Moment schießt mir die Frage durch den Kopf, was die beiden beruflich machen, denn irgendwie kommt es mir so vor, als wäre ihre körperliche Fitness wichtig dafür. Doch bevor ich mich näher damit beschäftigen kann, schiebe ich diesen Gedanken wieder zur Seite. Es kann mir egal sein und es ist mir auch egal.

       „Dann bin ich ja froh, dass es anscheinend nichts mit mir zu tun hat.“

       Ich lasse den Sarkasmus in meiner Stimme mitschwingen. Auf diese Weise zeige ich ihm, dass ich der Meinung bin, man kann sich dennoch etwas besser im Griff haben. Schließlich kann ich nichts dafür. Daher bin ich der Meinung, dass er seine schlechte Laune auch nicht an mir auslassen muss.

       „Brady …“, beginnt er, beendet den Satz jedoch nicht.

       Ich erkenne auf den ersten Blick, dass er mit sich selber ringt. Er sieht so aus, als würde er etwas sagen wollen, von dem er sich nicht sicher ist, ob er es von sich geben soll oder nicht. Und ja, ein wenig macht sein Verhalten mich neugierig. Schließlich würde ich schon gerne wissen, wer in meiner Nachbarschaft wohnt.

       Doch ich gehe nicht näher darauf ein. Im Hinterkopf mache ich mir jedoch eine Notiz, dass ich ihn bei der nächsten Gelegenheit danach fragen werde. Und dabei ist mir egal, welchen von beiden ich nehme.

       „Ich gehe mal davon aus, dass das der Name meines reizenden Nachbarn ist“, erkläre ich stattdessen und zeige in die Richtung, in die er verschwunden ist.

       „Ja, das ist Brady. Nimm es einfach nicht persönlich, dass er dich so angegangen ist. Er ist zurzeit nicht er selber.“

       Sein Freund sieht mich entschuldigend an.

       „Das bin ich auch mal nicht, doch deswegen lasse ich meine Laune nicht an Menschen aus, die ich überhaupt nicht kenne. Aber ich werde mal darüber hinwegsehen, geschweige denn, er benimmt sich bei unserem nächsten Zusammentreffen nicht so.“

       Mit diesen Worten gehe ich auf ihn zu und bleibe einige Meter von ihm entfernt stehen. Für den Bruchteil einer Sekunde sieht er so aus, als würde er noch etwas dazu sagen wollen. Doch er geht nicht näher auf meine Aussage ein.

       Ich kann nicht für mich behalten, dass ich wütend bin. Und von mir aus kann sein Kumpel das auch ruhig wissen. Dabei ist mir sehr wohl bewusst, dass er nichts dafür kann.

       „Ich freue mich auf jeden Fall, dich kennenzulernen. Mein Name ist Ryan.“

       Mit diesen Worten geht er um seinen Wagen herum und kommt auf mich zu. Mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht streckt er mir seine Hand entgegen, die ich ohne zu zögern ergreife.

       „Kendra“, erwidere ich nur und sehe dabei noch einmal in die Richtung des Hauses, in dem Brady verschwunden ist.

       „Ich bin mir sicher, dass wir uns nun öfter über den Weg laufen werden. Aber jetzt muss ich mich auf den Weg zum Stützpunkt machen.“

       „Stützpunkt?“

       Ich ziehe meine Augenbrauen ein Stück nach oben.

       „Wir sind Soldaten.“

       „Oh“, sage ich nur, da ich in diesem Moment die Befürchtung habe, dass das Verhalten meines Nachbarn etwas mit seinem Job zu tun hat.

       Ich gebe zu, dass ich mich noch nie so genau damit beschäftigt habe. Doch ich weiß, dass man in diesem Beruf wahrscheinlich öfter in eine gefährliche Situation kommt, als es einem lieb ist.

       Vor allem bei Auslandseinsätzen.

       Doch ich behalte die Worte für mich. Es geht mich nichts an und deswegen würde ich mich wahrscheinlich sehr weit aus dem Fenster lehnen.

       „Wir sehen uns“, verabschiedet sich Ryan von mir und steigt in seinen Wagen.

       Einige Sekunden sehe ich ihm noch nach, ehe ich das letzte


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