Die Dämonen. Fjodor Dostojewski

Die Dämonen - Fjodor Dostojewski


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dagegen einzuwenden.«

      »Schon als ich noch im Auslande war, habe ich mir gesagt, auch ich könnte irgendwie nützlich sein. Ich besitze eigenes Geld, das unnütz daliegt; warum sollte nicht auch ich für die gemeinsame Sache arbeiten? Zudem kam mir diese Idee auf einmal ganz von selbst; ich habe sie nicht mühsam ersonnen und freute mich sehr über sie; aber ich sah sogleich ein, daß ich ohne einen Mitarbeiter nichts würde ausrichten können, weil ich selbst nichts davon verstehe. Der Mitarbeiter wird natürlich zugleich Mitherausgeber des Buches werden. Wir wollen jeder die Hälfte beisteuern: Sie den Entwurf des Planes und die Arbeit, ich die erste Idee und die Mittel zur Herausgabe. Das Buch wird sich schon bezahlt machen!«

      »Wenn wir die richtige Anlage finden, dann wird das Buch gehen.«

      »Ich sage Ihnen von vornherein, daß ich es nicht des Gewinnes wegen tue; aber ich wünsche dem Buche sehr einen guten Absatz und werde auf den Gewinn stolz sein.«

      »Nun, und wie soll ich mich bei der Sache beteiligen?«

      »Ich fordere Sie ja auf, mein Mitarbeiter zu sein; wir machen halbpart. Sie sollen den Plan zur Anlage entwerfen.«

      »Woher glauben Sie denn, daß ich imstande bin, einen solchen Plan zu entwerfen?«

      »Man hat mir von Ihnen erzählt, und hier habe ich von Ihnen gehört ... ich weiß, daß Sie sehr klug sind und ... sich mit ernster Arbeit beschäftigen und ... viel denken; Peter Stepanowitsch Werchowenski hat in der Schweiz zu mir von Ihnen gesprochen,« fügte sie eilig hinzu. »Er ist ein sehr kluger Mensch, nicht wahr?«

      Schatow sah sie mit einem schnellen, huschenden Blicke an, schlug dann aber sogleich die Augen nieder.

      »Auch Nikolai Wsewolodowitsch hat mir viel von Ihnen gesagt.«

      Schatow errötete plötzlich.

      »Übrigens, hier sind schon einige Zeitungen,« fuhr Lisa fort, indem sie schnell ein bereitliegendes, zusammengebundenes Paket Zeitungen von einem Stuhle nahm. »Ich habe hier versuchsweise eine Anzahl von Tatsachen für die Sammlung ausgewählt, angestrichen und numeriert ... Sie werden ja sehen.«

      Schatow nahm das Päckchen hin.

      »Nehmen Sie es mit nach Hause, und sehen Sie es in Ruhe durch; wo wohnen Sie denn?«

      »In der Bogojawlenskaja-Straße, im Filippowschen Hause.«

      »Ach ja, ich weiß. Da wohnt ja wohl, wie es heißt, auch ein Hauptmann mit Ihnen, ein Herr Lebjadkin?« fragte Lisa in derselben raschen Art wie vorher.

      Schatow saß mit dem Päckchen in der Hand eine volle Minute lang in derselben Haltung, wie er es hingenommen hatte, ohne zu antworten da und blickte zu Boden.

      »Für diese Angelegenheiten müßten Sie sich einen andern aussuchen; ich werde Ihnen da nicht dienen können,« sagte er schließlich auffallend leise, fast flüsternd.

      Lisa wurde dunkelrot.

      »Von was für Angelegenheiten reden Sie? Mawriki Nikolajewitsch!« rief sie. »Bitte, geben Sie doch den gestrigen Brief her!«

      Ich ging ebenfalls hinter Mawriki Nikolajewitsch her zum Tische hin.

      »Sehen Sie einmal dies hier an!« wandte sie sich auf einmal an mich, indem sie in großer Aufregung den Brief auseinanderschlug. »Haben Sie je etwas Ähnliches gesehen? Bitte, lesen Sie es laut vor; ich möchte, daß es auch Herr Schatow hört.«

      Mit nicht geringem Erstaunen las ich laut folgende Epistel:

      »An das in jeder Hinsicht vollkommene Fräulein Tuschina.

      Gnädiges Fräulein

      Jelisaweta Tuschina!

      Schön und allerliebst ist ja

      Lisaweta Tuschina,

      Wenn sie mit ihrem Verwandten auf dem Damensattel reitet geschwind

      Und ihre Locken flattern im Wind,

      Oder wenn sie mit ihrer Mutter in der Kirche kniet

      Und man die Röte der andächtigen Gesichter sieht.

      Dann geht nach den Freuden der Ehe mein Sehnen,

      Und ich vergieße hinter ihr und ihrer Mutter Tränen.

      Gedichtet von einem Ungelehrten

      infolge einer Wette.

      Gnädiges Fräulein!

      Am meisten bedauere ich, daß ich nicht in Sewastopol einen Arm um des Ruhmes willen verloren habe; ich bin überhaupt nicht da gewesen, sondern war während des ganzen Feldzuges bei der Austeilung gemeinen Proviants tätig, was ich für unwürdig hielt. Sie sind eine Göttin des Altertums; ich aber bin ein Nichts und habe die Grenzenlosigkeit geahnt. Sehen Sie das Obige als Verse an; denn Verse sind dummes Zeug, und man darf in ihnen das sagen, was in Prosa für Dreistigkeit gilt. Kann die Sonne dem Infusionstierchen zürnen, wenn dieses an sie aus dem Wassertropfen schreibt, wo ihrer eine Menge vorhanden sind, wenn man durchs Mikroskop sieht? Sogar jener Verein bei der höchsten Gesellschaft in Petersburg, der gegen die großen Tiere so menschenfreundlich ist und mit den Hunden und Pferden Mitleid hat, verachtet das winzige Infusionstierchen und erwähnt es gar nicht, weil es so klein ist. Auch ich bin ein kleines Wesen. Der Gedanke an eine Ehe könnte humoristisch erscheinen; aber ich werde bald zweihundert frühere Seelen durch einen Menschenfeind besitzen, der Ihrer Verachtung wert ist. Ich kann vieles mitteilen und erbiete mich auf Grund von schriftlichen Beweisen sogar nach Sibirien. Verachten Sie meinen Antrag nicht. Das von dem Infusionstierchen Gesagte ist poetisch gemeint.

      Hauptmann Lebjadkin, Ihr ergebenster

      Freund und hat viel freie Zeit.«

      »Das hat einer in der Betrunkenheit geschrieben und zugleich ein Taugenichts!« rief ich empört. »Ich kenne den Menschen.«

      »Diesen Brief habe ich gestern erhalten,« sagte uns Lisa zur Erklärung; sie war rot geworden und sprach hastig. »Ich sah sofort selbst, daß er von einem Narren herrührt, und habe ihn Mama bis jetzt noch nicht gezeigt, um sie nicht noch mehr aufzuregen. Aber wenn er damit fortfahren sollte, so weiß ich nicht, wie ich mich verhalten soll. Mawriki Nikolajewitsch will hingehen und es ihm verbieten. Da ich Sie als meinen Mitarbeiter betrachte,« fuhr sie, zu Schatow gewendet, fort, »und da Sie in demselben Hause wohnen, so wollte ich Sie fragen, um beurteilen zu können, was noch weiter von ihm zu erwarten ist.«

      »Er ist ein Trunkenbold und ein Taugenichts,« murmelte Schatow wie mit Überwindung.

      »Ist er immer so dumm, wie?«

      »O nein, wenn er nicht betrunken ist, ist er gar nicht so dumm.«

      »Ich habe einen General gekannt, der genau ebensolche Verse schrieb,« bemerkte ich lachend.

      »Sogar aus diesem Briefe ist zu ersehen, daß es ihm nicht an Verstand fehlt,« warf der schweigsame Mawriki Nikolajewitsch unerwartet dazwischen.

      »Er lebt, wie es heißt, mit einer Schwester zusammen?« fragte Lisa.

      »Ja, allerdings!«

      »Und es wird gesagt, er tyrannisiere sie; ist das wahr?«

      Schatow blickte Lisa wieder an, machte ein finsteres Gesicht und brummte: »Was kümmert es mich?« Dann ging er zur Tür.

      »Ach, warten Sie doch!« rief Lisa erregt. »Wo wollen Sie denn hin? Wir haben ja noch so vieles miteinander zu besprechen ...«

      »Worüber sollen wir denn noch reden? Ich werde Sie morgen benachrichtigen ...«

      »Über das Wichtigste, die Druckerei. Sie können mir glauben, daß ich keinen Scherz treibe, sondern ernstlich etwas leisten will,« versicherte Lisa in immer wachsender Erregung. »Wenn wir uns dazu entschließen, das Buch herauszugeben, wo werden wir es dann drucken lassen? Das ist ja doch die wichtigste Frage; denn nach Moskau werden wir doch


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