Stewardessen im Einsatz. Susanna Egli

Stewardessen im Einsatz - Susanna Egli


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auf ihre Plätze setzen. Er war jetzt nicht imstande, die Maschine selbst zu fliegen.

      Inspektor Bolliger grinste schwach und sagte: „Das ist ziemlich töricht, wenn der Kapitän die anderen seiner Crew spazieren schickt und sich dafür eine Stewardess einlädt. Und die Stewardess sitzt da und zeigt ihre nackten Titten und ihr Ärschlein hüft auf seinem Schoß auf und ab und gleichzeitig fliegt sie die Maschine. Aber, aber, Kapitän Bucher, ich dachte, Sie wären ein bisschen gescheiter.“

      Buchers Gesicht war grau. Er sagte wie versteinert: „Es ist mir scheißegal, was sie denken, Bolliger. Ich hatte die Maschine in jedem Augenblick in der Hand, als sie hier war.“

      „Selbstverständlich“, antwortete Bolliger säuerlich. „Das habe ich in dem Augenblick gemerkt, als ich hier reinkam.“ Er schüttelte den Kopf. „Wissen Sie, als ich den Auftrag bekam, in Ihrer Maschine mitzufliegen, da dachte ich, es wäre Zeitverschwendung, weil dieser Bucher einen so guten Ruf hat. Und nun muss ich Ihnen sagen, Kapitän, dass ich schockiert bin. Und das Büro in Frankfurt wird noch viel mehr schockiert sein, kann ich mir denken, wenn ich meinen Bericht über Ihr verrücktes Benehmen abliefere.“

      Jetzt begann Vreni zu verstehen.

      Sie hatte nur gerüchteweise gehört, dass Inspektoren gelegentlich in den Maschinen waren - Männer, die als reguläre Passagiere gebucht waren und dann ruhig in der Maschine saßen und die Crew beobachteten, die Stewardessen, alle, die etwas in der Maschine zu tun hatten und zur Gesellschaft gehörten. Es war eine hinterhältige Sache; man konnte sich nur dagegen schützen, dass man in jeden Augenblick hundertprozentig das tat, was man tun musste und nichts anderes.

      Sie und Bucher hatten es nicht getan. Und nun mussten sie den Preis dafür bezahlen.

      Sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog, als sie daran dachte, was mit ihr geschehen würde, wenn der Inspektor seinen Bericht ablieferte. Sie brauchten nur einmal darauf zu schauen, zu lesen, dass sie sich im Cockpit mit nacktem Oberkörper und schaukelnden Titten herumgetrieben hatte, während der Schwanz des Kapitäns in ihr gewesen war - und sie würden sie auf der Stelle feuern. Sie war als Stewardess erledigt, und es war der beste Job gewesen, den sie gehabt hatte. Drei und ein halbes Jahr lang. Und all ihr Training, all ihre Arbeit gingen durch die Verrücktheit eines Augenblicks in Rauch auf.

      Aber sie wusste, dass es für das Flugpersonal noch schlimmer werden würde.

      Sie mussten in jedem Augenblick diszipliniert sein. Vreni glaubte nicht, dass man Kapitän Bucher tatsächlich dafür hinausschmeißen konnte, aber wahrscheinlich würde man ihn suspendieren und gehaltsmäßig zurückstufen. Am schlimmsten aber würde der Skandal sein. Sein Ruf, etwas, das er am meisten auf der Welt schätzte, würde zum Teufel sein. Dinge wie diese konnten nicht verborgen bleiben. Die Piloten der anderen Luftfahrtgesellschaften würden wissen wollen, warum man Sandro Bucher suspendiert hatte - und sie würden es herausfinden. Er würde durch den Skandal für den Rest seines Lebens gezeichnet sein.

      Und wenn es seine Frau herausfand!

      Was für ein Durcheinander, dachte Vreni.

      Inspektor Bolliger stand immer noch da, seine Augen waren kälter als vorher. Er war ein großer schlanker Mann, ungefähr vierzig, und trug einen dunklen Anzug. Nichts an ihm deutete darauf hin, dass er ein Spion war - bis auf seine Augen. Und auch sie hatte Vreni nicht bemerkt, bis er ins Cockpit gekommen war.

      Leon Forster, der hoch aufgeschossene Flugingenieur, stand plötzlich auf. Er sah blass und erschüttert aus von den Ereignissen, aber er schien dennoch ruhiger als die anderen zu sein. Er sagte mit seiner ruhigen, etwas schleppenden Stimme: „Herr Bolliger, kann ich mal mit Ihnen sprechen?“

      „Los!“

      „Unter vier Augen.“

      Inspektor Bolliger runzelte die Stirn. Dann zuckte er mit den Schultern. Er und Forster traten auf die Seite. Der Co-Pilot setzte sich hinter den Steuerknüppel. Bucher saß neben ihm, er wurde von Augenblick zu Augenblick bleicher.

      Vreni, völlig verstört und mit rotem Gesicht, strich sich ihre Haare zurück und brachte ihre Uniform in Ordnung, passte auf, dass alle Knöpfe ihrer Bluse geschlossen waren.

      Forster und Bolliger flüsterten lange halblaut miteinander. Vreni konnte sich nicht vorstellen, was vorging. Hoffentlich bot er dem Inspektor nicht irgendein Bestechungsgeld an. Das würde die Dinge noch verschlimmern. Versuchte Bestechung... das würde der Gipfel sein. Aber sicherlich hatte Leon Verstand genug, um das nicht zu tun. Er konnte dieses Risiko doch nicht eingehen.

      Nun nickten sie einander zu. Sie schienen irgendeine Vereinbarung getroffen zu haben.

      Forster winkte Vreni.

      „Ich?“, fragte sie.

      „Aber sicher“, nickte er.

      Sie ging auf ihn zu. Bolliger trat zur Seite. Der große Flugingenieur betrachtete sie lächelnd. Er warf einen Blick auf ihre Bluse, unter der man den Spalt zwischen ihren vollen Brüsten erkennen konnte. Fünfmal war Vreni mit ihm im Bett gewesen.

      Er sagte mit halblauter, drängender Stimme: „Vreni, du bist die einzige, die jetzt unsere Haut retten kann. Deine, meine, Kapitän Bucher, uns alle.“

      „Ich verstehe dich nicht.“

      Forster sagte: „Dieser Inspektor Bolliger ist ein verdammt mieser Bursche und du hast ihn aufgegeilt, als er hereinkam. Er ist scharf auf dich, verstehst du? Und ich habe ein kleines Geschäft mit ihm gemacht. Er ist bereit, den ganzen Vorfall zu vergessen und einen guten Bericht über uns abzugeben. Das heißt, wenn...“

      „Wenn?“

      „Wenn du in San Juan mit ihm ins Bett gehst“, sagte Forster. „Darauf läuft die Geschichte hinaus. Was meinst du, Vreni? Es ist eine verdammte Geschichte, aber du weißt, was auf dem Spiel steht.“

      2

      Sie war eben hineingeschliddert und es gab keinen Ausweg. Schließlich konnte sie nicht den Vorwand gebrauchen, dass sie Jungfrau sein und unmöglich mit einem fremden Mann ins Bett gehen könne. Vreni war keine Jungfrau - sie war es schon seit langer, langer Zeit nicht - und jeder Mann im Cockpit wusste es. Aber das waren nicht die einzigen Männer gewesen.

      Schließlich war es eine einfache Sache. Man zog das Höschen einmal mehr aus und ließ sich von Mr. XY vögeln. Vreni gehörte zu jenen Frauen, von denen sich, bildlich gesprochen, jeder Mann gern ein Scheibchen abschnitt. Wenn sie sich bereit erklärte, sich für Inspektor Bolliger auf den Rücken zu legen, diesem Kerl mit den eiskalten Augen, dann war ihr Job gerettet und Kapitän Buchers untadeliger Ruf. Wenn nicht...

      Nun, sie konnte schließlich ihre Keuschheit nicht über das Wohlergehen von vier Leuten stellen. Also stimmte sie zu, und es war alles unterzeichnet, verbrieft und besiegelt.

      Statt mit Sandro Bucher in San Juan auf die Pauke zu hauen, wie es sonst üblich war, überließ sie sich eben dem geilen Inspektor aus Frankfurt, um sie alle zu retten - eine Märtyrerin der Fluggesellschaft.

      Es gefiel ihr allerdings nicht. Obgleich sie in ihren 23 Jahren mehr als den üblichen Anteil an Männern gehabt hatte, war es schließlich nicht üblich bei ihr, einfach mit Fremden ins Bett zu gehen. Sie wollte ein bisschen mehr über die Männer wissen, ehe sie mit ihnen intim wurde - ob sie Krankheiten hatten, schlechten Atem, ob sie pervers waren, das vor allem.

      Sie kannte diesen Bolliger überhaupt nicht. Sie wusste nur, dass sie alle geröstet wurden, wenn sie nicht sein Spielzeug wurde. Und so gab sie nach.

      Zwei Stunden waren seit dieser ekelhaften Szene im Cockpit vergangen. Die Maschine war gelandet, die Rampe heran geschoben; die Passagiere strömten heraus, trugen schwere Winterkleidung, die ihnen hier auf der Insel mit dem ewigen Sonnenschein nichts nutzte. Vreni stand an der Tür und lächelte ihnen ein Lebewohl zu. Es war ein professionelles Lächeln, das ihre Unsicherheit und Spannung verbarg.

      Sie stellte sich Bolliger nackt in irgendeinem Hotelzimmer vor - schwitzend, knurrend, ein Wüstling, der sie bumste.


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