Der Sultan von Karisi. Felicitas Dakota

Der Sultan von Karisi - Felicitas Dakota


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      „Eigentlich dürftest du deine Hand gar nicht in das Wasser halten können.“

      „Und wieso nicht?“

      „Weil es um den Brunnen eine Geschichte gibt. So lange ein männlicher Nachkomme da ist, wird das Wasser fließen. Hat der Sultan keinen eigenen Erben, so versiegt der Brunnen und ein anderer seiner Linie übernimmt seinen Platz. Aber nur der rechtmäßige Erbe kann seine Hand in das Wasser tauchen. Die anderen verbrennen sich oder die Hand vereist.“

      Zum Beweis tauchte er noch einmal seine Hand in das Wasser. Fatma konnte es auch, aber ihr war es viel zu kalt.

      „Warum kann ich es auch? Ich bin doch kein rechtmäßiger Erbe.“

      „Vielleicht trägst du den rechtmäßigen Erben bereits in dir?“

      Sie sah ihn erschrocken an. Das hieße, sie müsse hierbleiben? Das wollte sie aber nicht! Noch nicht!

      „Tut mir leid, ich wollte dich damit nicht erschrecken. Ich habe dich gesucht, denn ich will mich für gestern entschuldigen. Ich war in deinen Gemächern, aber du hattest schon geschlafen. Miriam ist lästig und verbreitet Gerüchte über dich. Es will sie jedoch keiner anhören. Und heute muss ich sie bestrafen. Danach will ich nicht mehr zu dir. Ihren Schmutz zu dir tragen. Sie mochte dich von Anfang an nicht. Aber du bist jetzt meine Frau und das muss sie akzeptieren. Egal wie lange du hier bist.“

      Er gab ihr noch einen Kuss und ging. Die Blume trauerte schon. Fatma gab ihr noch etwas Wasser. Eine Träne fiel mit hinunter. Der Sultan sah das noch.

      Am Abend hallten die Schmerzensschreie von Miriam durch den Palast. Fatma musste sich die Ohren zuhalten. Sie hatte den Sultan gut gelehrt. Doch ihm war nicht so wohl dabei, wie bei Fatmas Bestrafung. Bei ihr hatte es ihm Spaß bereitet.

      Drei Tage später konnte er Fatma endlich wieder besuchen. Sie lagen sich sofort in den Armen. Ihm war es egal, ob Miriam irgendwo zusah. Sie sollte nur sehen, wie glücklich er mit ihr war. Und wie es ihr gefiel. Er rechnete aber nicht mit ihrer Rache. Denn dann müsste er sie verstoßen. Sie wollte zwar noch mehr Lügen über Fatma verbreiten, aber seine Frauen glaubten es ihr sowieso nicht mehr und Miriam wurde nur durch die Gnade des Sultans verschont.

      Fatma goss jeden Tag ihre Blume. Sie erholte sich und wuchs sogar. Der Sultan freute sich auch darüber.

      „Ich nenne sie ab jetzt Laaleh, Tulpe. Auch wenn sie keine ist. Aber sie wird mich immer an dich erinnern.“

      Sie sah ihn verwirrt an. Er ließ sie gehen?

      „Warum?“, fragte sie.

      „Weil du hier nicht glücklich wirst und ich dich nicht ständig vor Miriam beschützen kann. Außerdem hat mir die Wahrsagerin noch etwas gesagt.“

      „Und was?“

      „Du musst sie gehen lassen, damit sie in deiner größten Not zurückkommt. Dann könnt ihr erst nach einer harten Probe zusammenbleiben und glücklich werden. Also muss ich dich gehen lassen. Irgendwann in den nächsten Tagen wird es sein. Einmal möchte ich noch in deinen Armen einschlafen. Dann kann ich nur mehr von dir träumen“, sagte Kasim und gab ihr einen Kuss.

      Es war ihm egal, wenn sie wer sah. Fatma musste sich abwenden, als er ging. Also war es so weit. Sie weinte jetzt schon Tränen und die flossen auf die Tulpe. Der Sultan ahnte schon, dass sie sein Kind unter ihrem Herzen trug. Denn sonst könnte sie nicht in den Brunnen greifen. Doch eine Stimme in der Höhle hatte ihn gewarnt, als er zwei Steine für die Ärzte holte, dass es nicht gut sei, wenn sie hierbliebe. Die Stimme würde es noch sagen, wenn es so weit war.

      Die nächsten zwei Abende wartete Fatma vergebens auf ihn.

      In der dritten Nacht kam er zu ihr. Sie hoffte, dass sie noch nicht gehen musste. Sie liebten sich wie zwei Ertrinkende. Es würde für lange Zeit das letzte Mal sein oder gar für immer?

      „Fatma, werde ich dich wiedersehen?“

      „Natürlich, ich muss noch einmal kommen, um meinen Dieb zu kontrollieren. Ob es ihm gut geht. Sicher nicht in einem Jahr, aber in zwei Jahren werde ich es sicherlich einrichten können.“

      „So lange muss ich auf meine Fatma warten?“

      „Ja, wahrscheinlich schon. Aber was bedeutet eigentlich Fatma?“

      „Entwöhnte, Entwöhnende oder auch Abgestillte.“

      „Ja - das werde ich sein.“

      „Fatma, versprich mir etwas!“

      „Was denn mein Kasim?“

      „Fatma Abdallah Sahiba von Karisi, versprich mir, dass du mir immer treu bleibst. Der Stein im Wasser, wo ich dich von hinten nehmen musste, soll es mir als Beweis zeigen. Ist das Moos mit Wasser getränkt, dann warst du mir treu. Geht es unter den Stein, sodass unsere Geschlechter im Trockenen stehen, dann warst du mir untreu und ich müsste dich bestrafen.“

      „Ja, ich verspreche es dir, deine Fatma Abdallah Sahiba von Karisi verspricht es dir.“

      Dann küsste er sie und sie schliefen glücklich ein. Ein umherirrender Schatten verschwand in der Dunkelheit. Am nächsten Tag ritt der Sultan auf Riah früh weg und kam spät zurück. Sogleich ließ er Omar und Kadir zu sich rufen. Die Nacht war ruhig. Doch im Morgengrauen schlichen Omar und Kadir von Zimmer zu Zimmer.

      „Sahiba Fatma! Sahiba Fatma.“

      Kadir rüttelte sie wach. Sie sah ihn verwirrt an.

      „Es ist so weit. Ziehen sie sich an. Wir müssen gehen.“

      „Was ist mit meinen Freunden?“

      „Die werden schon geweckt. Sie reisen auch mit Ihnen ab.“

      „Ich muss doch noch packen!“

      „Nein, das habe ich schon erledigt. Sie müssen sich nur mehr anziehen.“

      Rasch warf sie ihren Kaftan über und setzte ihren Turban auf. Kadir hatte schon alles gerichtet. Sie schlichen wie Diebe hinaus. Beim Stall waren die Pferde schon gesattelt und auf einem Packpferd ihre Sachen bereits verstaut. Kasim kam ganz leise daher. In der Hand hielt er eine Schatulle und in der anderen ein Tuch, in dem etwas eingewickelt war. Ihre beiden Kollegen, begleitet von Omar, folgten dem Sultan zum Stall.

      „Das hier ist die Bezahlung für euch.“

      Er wickelte das Tuch auf, in dem vier Steine lagen.

      „Benutzt sie weise, sonst bringen sie euch kein Glück.“

      Das Tuch übergab er Fatma.

      „Und das hier ist für dich, dass du immer an mich denkst“, sagte Kasim zu Fatma gewandt.

      Er machte die Schatulle auf und sie sah ihre blaue Kette und den blauen Stein aus der Höhle.

      „Nein Kasim, das kann ich nicht annehmen.“

      „Doch, du brauchst sie. Sie beschützen dich!“

      Fatma steckte das Tuch mit den Steinen in ihre Tasche und drehte sich zu den Ärzten um. Kasim nahm Stein und Kette aus der Schatulle heraus und versteckte sie auch dort. Die Ärzte waren überrascht, dass sie bei Nacht und Nebel abreisen mussten. Sie hatten es zwar von Kasim gewusst, dass der Tag der Abreise nahe sei, aber dass es jetzt ganz plötzlich soweit war, erstaunte sie doch. Sie stiegen auf. Mittlerweile hatten sie auch besser reiten gelernt.

      „Sahiba Fatma, steigen Sie auf, wir müssen gehen.“

      „Kadir wird dich in dein Land begleiten und auf dich aufpassen. Er hat den Befehl dazu. Ich kann meine Sahiba nicht alleine reisen lassen“, sagte Kasim bestimmt, als sie etwas erwidern wollte.

      Sie musste ihn also in das kalte Land mitnehmen. Ein letztes Mal sah sie Kasim noch an. Ein letzter heißer Kuss. Die Männer sahen betreten weg.

      „Ich komme wieder - versprochen - und ich werde dir treu bleiben“, versprach


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