Damian - Vertrauen. Madlen Schaffhauser

Damian - Vertrauen - Madlen Schaffhauser


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fast aus, denn ich möchte schnell nüchtern werden. Ich kann die Nacht nicht hier verbringen ohne zu wissen, was gespielt wird.

      Wieder sehen wir uns an. Er auf der einen Seite der Theke, ich auf der anderen. Mir liegen viele Fragen auf der Zunge, aber ich halte mich zurück. Es war seine Idee, dass ich hierher kommen soll. Er bestand darauf, dass wir reden. Jetzt muss er den ersten Schritt machen.

      Er kommt um den Tresen und nimmt mich wieder an der Hand. Wir gehen weiter in den angrenzenden Salon, wo wir uns auf eines der drei hellgrauen Sofas setzten. Ich achte darauf genug Abstand zu ihm zu haben. Denn wenn ich ihn weiter berühre, werde ich mich nicht mehr beherrschen können und über ihn herfallen. Dabei brauche ich Antworten und wir brauchen ein klärendes Gespräch.

      „Es tut mir leid.“ Er fährt sich mit einer Hand über das Gesicht.

      „Was tut dir leid?“

      „Ich war ziemlich unfair zu dir.“

      „Ach ja?“

      „Mir wäre lieber, ich könnte alles rückgängig machen. Ich wollte nicht, dass es soweit kommt.“

      „Mit uns?“ Meine Stimme ist eine Oktave höher als normal.

      „Nein!“ ruft er aus. „Nein.“ Nun etwas ruhiger.

      „Warum bin ich hier? Was willst du von mir?“ frage ich ihn streng. Eigentlich wollte ich nicht so gnadenlos klingen, andererseits ist es vielleicht besser, wenn ich auf Abstand bleibe, um mich zu schützen.

      Damian fixiert mich mit seinen braunen Augen, in denen ich jedoch nicht lesen kann, was in ihm vorgeht. Ein dunkler Schatten liegt über seinem Gesicht und alles wirkt angespannt und... unsicher? Damian und unsicher? Nein, da spielen meine Sinne garantiert einen Streich. Ein Typ wie er, der immer Autorität und Selbstsicherheit ausstrahlt, kann nicht verängstigt sein.

      „Bitte verzeih mir.“ Er streckt die Hand nach mir aus, doch ich rücke weiter von ihm weg, was ihn mehr erschüttert, als alles bisherige.

      „Was soll ich dir verzeihen?“ Ich funkle ihn kühl an. „Dass du mich angeschrien hast? Dass du mich aus deinem Leben gestrichen hast? Dass ich dir nicht gleich wichtig bin, wie du mir? Dass du mir wehgetan hast?“

      Als er nur stumm neben mir sitzt, seinen Kopf in die Hände gestützt hat und auf den Boden starrt, stehe ich auf. Ich brauche Bewegung. Ich muss weg von ihm.

      „Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe? Warum sollte ich hierherkommen, wenn du doch nichts sagst?“ Ich drehe mich abrupt weg, was nicht gerade eine sinnvolle Entscheidung von mir ist, denn der Alkohol meldet sich schlagartig zurück. Ich taumle unbeholfen rückwärts und kann mich mit Mühe an der Rückenlehne des Sofas halten, um zu verhindern, dass ich zu Boden poltere.

      „Jess.“ höre ich Damian hauchen. Dabei erwacht er aus seiner Starre und springt auf die Füsse. Seine Hände greifen nach meinen, doch ich reisse mich los. „Wie viel hast du getrunken?“

      „Das kann dir egal sein!“ schreie ich ihn an.

      „Nein, kann und tut es nicht.“ gibt er genervt retour. „Du kannst kaum stehen.“ Etwas von seiner Autorität ist zurück.

      Ich kann seine Vorwürfe nicht hören. Ausserdem habe ich ihm per SMS mitgeteilt, dass ich betrunken bin. Also was soll jetzt dieser Scheiss? „Es war ein Fehler, herzukommen.“ Dieses Mal wende ich mich langsamer ab, aber bevor ich einen Schritt machen kann, hält er meine Hände fest umklammert.

      „Nein! Ich brauche dich.“

      Ich kann ihm nicht in die Augen sehen, zu sehr setzt mir seine traurige Stimme zu. Wenn ich jetzt seinen Blick erwidere, bin ich verloren.

      „Wofür?“ frage ich leise, meine Augen auf unsere Hände gerichtet.

      „Damit ich mich nicht ganz so verloren fühle, wie in den letzten achtundvierzig Stunden.“

      Ich schnappe kurz nach Luft, fühle mich von seinen Worten völlig überwältigt. „Was?“

      „Bitte bleib.“ fleht er mich an und als ich meinen Kopf hebe, um ihn anzusehen, bleibt mir fast der Atem weg. Sein Gesicht ist verzerrt und blass. Tiefe Traurigkeit steht in seinen sonst so bildschönen Augen.

      „Erzähl es mir.“ Jetzt bin ich es, die bettelt. Ich möchte endlich wissen, was in ihm vorgeht, was er durchgemacht hat, dass er von solcher Trauer gequält wird.

      „Wenn ich das könnte.“ bringt er kaum hörbar hervor.

      Ich befreie mich aus seinem Griff, aber nicht um von ihm abzurücken, sondern um ihn in meine Arme zu schliessen. Seit wir uns kennen, war es immer er, der mir Kraft gegeben hat, der mich wieder aufgebaut hat. Ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich ihm Halt geben sollte.

      Sobald wir uns umarmen und sich unsere Körper aneinander schmiegen, steigen mir die Tränen in die Augen. Nicht wegen mir, nicht wegen uns, vielmehr seinetwegen. Ich höre ihn nicht weinen, aber ich spüre sein Augenwasser an meinem Hals, was das enge Band um meine Brust noch mehr zusammenzieht.

      Wir rühren uns nicht vom Fleck. Wir halten uns einfach nur, um uns gegenseitig für die kommende Diskussion zu stärken. Vielleicht vergehen nur ein paar Sekunden, vielleicht sind es auch Minuten, während wir uns nicht bewegen. Mir ist es vollkommen egal, wie lange wir hier stehen, ohne dass wir reden. Wir haben Zeit. Zeit um uns auszusprechen. Denn dieses Mal weiss ich, dass mir Damian seinen Kummer anvertrauen wird.

      Seine Hände bewegen sich langsam meinen Rücken auf und ab, seine Nase saugt meinen Duft ein, seine Lippen drücken mir sanfte Küsse auf den Nacken, küsst seine und meine Tränen weg.

      „Danke.“ flüstert er in die Stille hinein. „Danke, dass du hier bist.“

      Wir lösen uns vorsichtig voneinander, dann schaue ich in seine Augen. Keine Spur davon, dass er vor wenigen Augenblicken geweint hat, aber die Trauer ist noch deutlich da.

      „Was ist passiert, Damian?“ Meine Stimme zittert.

      Er verschränkt seine Finger in meine und führt mich zur Couch zurück. Ich nehme neben ihm Platz, halte weiterhin seine rechte Hand und warte geduldig ab, was als nächstes kommt.

      „Ich war gerade mal zwanzig und Helen neunzehn, als wir heirateten.“

      Ich ersticke fast, weil mich seine Worte so sehr schockieren, dass ich kaum atmen kann. Ist er also doch verheiratet? Das Schlimmste, was ich mir ausgemalt habe, ist letztendlich eingetreten. Er hat eine Andere. Dazu ist sie noch seine Frau. Wie konnte er mir das antun? Wieso hat mich niemand davor beschützt?

      Mit einem Mal werde ich wütend auf Rose und auf Pietro, weil sie mir immer wieder zugeredet haben, dass ich Damian eine Chance geben solle. Dass ich ihm gut tue und ihm wichtig sei. Ich solle ihm Zeit geben. Aber für was?

      Ich begreife das alles nicht. Ich kann dem allem einfach nicht folgen.

      „Jess. Jess...“ Mein Name kommt geflüstert über seine Lippen. Seine Hand liegt auf meinem Rücken. Seine Berührung brennt sich unbarmherzig in meine Haut und in meine Seele. „Gehts wieder?“ Er betrachtet mich mit einem sorgenvollen Blick.

      Mein Erstickungsanfall verfliegt, so wie meine Beherrschung. Ich kann nicht fassen, dass er mich derart unschuldig ansehen kann, nachdem er mir jene ungeheuerliche Wahrheit enthüllt hat. „Was willst du von mir? Was für ein Scheiss läuft hier eigentlich?“ Ich schreie die Fragen förmlich heraus. Es war nicht mein Plan auszuflippen, aber, dass er verheiratet ist, lässt mich einfach aus der Haut fahren.

      „Sieh mich an und hör mir zu.“ bittet mich Damian und hält meine Hände eisern fest. „Wir kannten uns seit der Schulzeit und für uns war es keine Frage, dass wir irgendwann heiraten würden. Nur nicht so jung. Doch dann wurde Helen schwanger und wir gaben uns das Jawort.“

      „Es reicht! Ich will nichts mehr hören.“ Ich versuche aufzustehen, jedoch ohne Erfolg, denn seine Finger umschliessen noch immer meine Handgelenke.

      Er redet weiter, als würde


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