Was Mörder nicht wissen .... Lori Moore
gesehen. Mit den belasteten Umständen hat Aabid P. schon vor der Tat leben müssen. Zur Tatzeit gab es nichts, was dann qualitativ abgehoben hätte.“
Abklärung der Sozialprognose/Legalprognose
Die Risikobeurteilung einer straffälligen Person wird mittels Legalprognose, einer kriminologischen, psychiatrischen und psychologischen Bewertung erstellt. Es geht um die Fähigkeit und Motivation, zu einer späteren Zeit Regeln und Gesetze einzuhalten.
„Wie hoch schätzen Sie die Rückfallgefahr?“, will der Richter wissen.
Der Psychiatriearzt sagt: „Für weitere Delikte schätze ich diese als mittel ein. Ich lese aus dem Bericht eines Kollegen vor. Im Gespräch mit dem Angeklagten hat sich folgendes Motiv herauskristallisiert: ‚Dem Täter war es lieber, seine Frau zu töten, als sie zu verlieren‘.“
Pause, die Verhandlung wird nach einer Stunde fortgeführt.
Es gibt unterschiedliche Ansichten
Richter: „Es gibt Ärzte, die dem Angeklagten eine Borderline-Störung bescheinigen – Sie aber nicht?“
Der Psychiater geht auf Angriff: „In der Medizin ist das normal. Die Ärzte haben ein Interesse, eine Störung zu finden. Es geht darum, dass sie einen therapeutischen Dialog beginnen können. Wir Psychiater haben ein anderes Interesse. Wir durchleuchten sämtliche Bereiche ohne Erwartungen, wir suchen nicht gezielt nach Spezifischem. Wir gehen von einer Nullhypothese aus. Dies führt logischerweise zu unterschiedlichen Diagnosen.“
Das ist „Zunder“ für den Strafverteidiger. Richter und Verteidiger streiten. Zwischen dem Verteidiger und einem Richter ist dicke Luft. Sobald ein Austausch zwischen diesen beiden Juristen stattfindet, wird gestritten. Der Disput endet damit, dass der Anwalt dem Gutachter Fragen stellen kann.
Der Jurist bezweifelt generell das Vorgehen des Gutachters. Er hebt einen 300-seitigen Bericht in die Höhe und zeigt damit auf den Psychologen und den Richter: „In diesem Bericht, ausgestellt von einer anerkannten Klinik, wird attestiert, dass der Angeklagte eine Borderline-Störung hat. Die Ärzte dort kommen zu einem anderen Entschluss. Da erlaube ich mir die Frage: Sind diese Ärzte dort Kurpfuscher?“
Gelassen gibt der Gutachter zur Antwort: „Diese Anamnese ist aufgrund der damals getätigten Aussagen des Patienten ein Urteil der dortigen Ärzte.“
Der Streit zwischen Richter, Gutachter und Anwalt ist inzwischen laut geworden. Der Strafverteidiger wird immer wilder. Er wird vom Richter ermahnt. Er motzt retour, dass dies bei diesen Aussagen des Psychologen schwierig sei.
Aabid P., der Angeklagte, sitzt ruhig, ganz ruhig, er genießt diese Situation.
Vom Gutachter möchte der Strafverteidiger wissen, ob er sich mit den Familienangehörigen des Beschuldigten unterhalten habe. Der Richter schmettert diese Frag ab. Der Anwalt versucht es noch damit, dass er ein Obergutachten erstellen lassen will.
Der Richter entgegnet darauf: „Das Gutachten des Psychologen ist vollständig und ausführlich. Dieser Antrag wird abgewiesen. Das Beweismittelverfahren ist hiermit abgeschlossen.“
Das Plädoyer des Anwaltes beginnt damit, dass er der Meinung ist, dass das Gericht und der Psychologe darauf beharren, den Angeklagten Aabid P. als voll urteilsfähig einzustufen, obwohl andere Ärzte zu einer anderen Einschätzung kommen.
„Hier sitzt ein Mann, der schwerwiegende psychische Probleme hat. Ich finde es daher unzulässig, den Beschuldigten als ‚eiskalten brutalen Typen‘ darzustellen. Dass die Beziehung mit einer Trennung enden würde, war voraussehbar. Der Angeklagte streitet die Tat nicht ab. Die Umstände sprechen nicht für einen Mord, mehr für einen ausgearteten Beziehungskonflikt. Der Tathergang ist grausam, aber in keiner Weise ‚nicht nachvollziehbar‘.“
Jetzt redet sich der Strafverteidiger in Rage: „Stellen Sie sich vor, ich würde als Anwalt ein Gutachten von mehreren hundert Seiten einfach ignorieren. Das psychologische Gutachten ist nicht nachvollziehbar.“
Der Staatsanwalt geht richtig zur Sache.
Man merkt, dass ihm fast der Kragen platzt: „Diese Tat musste nicht lange im Voraus geplant gewesen sein. Spätestens, als der Angeklagte die Pistole im Auto holte, war ihm klar, dass er diese Tötung durchziehen wird. Er hat seine Tat, seine Tötungsabsichten Schritt für Schritt durchgezogen. Es ist keine Handlung im Affekt, die hat es nicht gegeben. Die wehrlose Frau, seine Ex-Freundin, hat er mit aller Gewalt mit dem Kopf an den Türrahmen geschlagen. Das reichte ihm nicht. Er nahm eine Weinflasche und schlug ihr rücksichtslos auf den Kopf. Er wusste nicht, ob sein Opfer tot war oder noch lebte. Er ging in die Garage und holte aus seinem Auto die Pistole. Damit schoss er kaltblütig und aus nächster Nähe in die Brust. Das war ein eiskalter Mord.“
Er holt tief Luft, dann spricht er weiter: „Diese Kriterien sprechen für die Hinterhältigkeit des Angeklagten. Er hat den Mord aus niedrigen und besonders verwerflichen Beweggründen ausgeführt. Die Mordmerkmale sind erfüllt. Ein Schuldspruch wegen vorsätzlicher Tötung würde diesem Verbrechen nicht gerecht werden.“
Er fügt noch an: „Der Angeklagte hat Militärdienst geleistet. Mit einer Bordeline-Erkrankung hätte er keinen Dienst leisten können.“
Der Staatsanwalt fordert das Gericht auf, den Angeklagten wegen vorsätzlicher Tötung zu 16 Jahren Haft zu verurteilen.
Replik (Gegenrede) des Verteidigers
Während einer Hauptverhandlung kann auf ein Plädoyer immer geantwortet werden. Das heißt, es kann nochmals von der Gegenpartei Stellung genommen werden. Der Verteidiger versuchte, nochmals auf den Alkohol hinzuweisen.
Replik Staatsanwalt
Er betonte, dass wegen einer schwierigen Paarbeziehung, hier war ja die Beziehung getrennt, jemand nicht einfach schuldunfähig wird.
Ende der Gerichtsverhandlung
Das Gericht kommt zum Ende und schließt die Verhandlung. In zwei Tagen findet die Urteilsverkündung statt.
Das Gerichtsurteil
Das Obergericht hat eine Freiheitsstrafe gegen den Syrer Aabid P. für 16 Jahre festgelegt. Der syrische Vorname Aabid hat eine tiefe religiöse Bedeutung, nämlich „der Beter“. Im Gefängnis hat er genügend Zeit dafür.
Die Kommissare Moon und Light sind zufrieden, dass sie mit modernster Hightech-Methode den kaltblütigen Mörder erfolgreich jagen konnten. Er wurde seiner Strafe zugeführt und so konnte ein wenig Gerechtigkeit hergestellt werden.
Der Mörder Aabid P. hatte den Tunnelblick. Die geballte Ladung der gesetzgebenden und rechtsprechenden Gewalt hat ihn voll erwischt. Mörder wissen eben nicht alles.
Was Mörder nicht wissen …
sind die Geheimnisse der Hightech-Methoden in Mordermittlungen und die der forensischen Rechtsmedizin. Mit den neusten „Waffen der Wissenschaft“ lassen sich kleinste Spuren analysieren und einer DNA zuführen, auch wenn eine Mordtat Jahrzehnte zurück liegt.
Aktuelles Beispiel von einem anderen Mordfall: Was der Mörder nicht wusste …
dass der Fitness-Tracker der Smartwatch ihn überführte. Die Uhr lieferte den Beweis, wann das Herz der ermordeten jungen Ehefrau aufhörte zu schlagen. Mit diesem Gerät, welches sie als Armbanduhr getragen hat, überwachten Sensoren und Mikroprozessoren ihre unterschiedlichen Aktivitäten. Das Gerät protokollierte und zeigte die Bewegungen auf, welche die ermordete Ehefrau machte respektive wann es keine mehr gab. Die Forensiker konnten anhand der biometrischen Daten den genauen Todeszeitpunkt feststellen und dadurch ihren Ehemann als Mörder überführen. Der Mörder hat gestanden, seine Ehefrau getötet zu haben. Als seine Frau mit Ehescheidung drohte, „drehte er völlig durch und erstickte sie mit einem Kissen“. Er konnte es nicht ertragen, dass seine Tochter ohne ihn aufwachsen müsste.
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