Die Grump-Affäre. Robert Wagner

Die Grump-Affäre - Robert Wagner


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fuhr fort: „Zwei Tage später stand derselbe Mann wieder morgens da. Wir müssten dringend sprechen, er müsse mir das Angebot erklären. Ich ließ ihn wieder stehen und sagte, ich hätte kein Interesse an einem Verkauf. Mir gehöre das Haus seit 15 Jahren, es sei mein Elternhaus. So etwas verkaufe man nicht. Er ließ nicht locker und sagte, wenn wir uns nicht unterhielten, werde etwas Schlimmes passieren. Das ließ mich aufhorchen, aber ich glaubte dem Typen nicht, er war kein Geschäftsmann, dazu war er zu schlecht gekleidet. Eine Woche später stand er wieder da und sagte, dass er mich heute Abend in dem Irish Pub an der Ecke erwarte, und wenn ich nicht käme, passiere etwas.“

      Marco hatte aufmerksam zugehört. Jetzt setzte er die sorgfältig befüllte Bialetti nachdenklich auf die Herdplatte. „Warum hast du mir nichts gesagt, ich hätte dich begleitet und mal unter Männern mit dem Kerl geredet.“ Er ballte seine Faust.

      John winkte ab. „Ich willigte jedenfalls ein und ging nach der Arbeit direkt in den Pub. Ich habe niemandem etwas davon erzählt, weil ich dem Ganzen keine wahnsinnige Bedeutung beigemessen habe. Ein Spekulant, den ich in die Schranken weisen musste. Eine unmittelbare Bedrohung, daran habe ich nicht gedacht. Ich wollte den Kerl einfach nur loswerden.“

      „Na ja, es klingt auf jeden Fall so, als ob es ernst gemeint war“, sagte Marco.

      John zuckte vage mit den Schultern. „Als ich nach der Arbeit in die Kneipe ging, sah ich den fremden Mann in der Ecke des Pubs sitzen, und obwohl es voll war, schienen alle anderen Gäste Abstand zu dem Tisch zu halten. Ohne Umschweife begann der Typ und sagte: ‚Mein Name ist Gianluca, und ich komme als Vermittler meines Mandanten auf Sie zu, um Ihnen ein wirklich gutes und einmaliges Angebot zu machen, das Sie auch annehmen sollten. Wir werden expandieren und wollen in Ihrer Straße einige weitere Grundstücke erwerben. Wir zahlen Ihnen eine Million Dollar, wenn Sie bis Mai ausgezogen sind. Sie haben exakt drei Wochen Zeit, um sich zu entscheiden!‘

      Wieder unterbrach Marco. „Eine Million, das ist ja lächerlich.“

      „Ich konnte es erst gar nicht fassen. Ich hatte grob im Kopf überschlagen, was das Haus samt Grundstück wirklich wert ist, und kam bei ungefähr dem Doppelten an!“

      „Was passierte dann?“, fragte Marco.

      „Ich habe ihm gesagt, dass dieses Gespräch hier für mich beendet ist, doch er erwiderte, das sei ein Angebot, das man nicht einfach ablehnen könne. Entweder ich nähme es an, oder es würden viele schlimme Dinge geschehen.“

      „Schlimme Dinge?! Und jetzt haben wir den Salat“, meinte Marco.

      „Ich habe die Kneipe verlassen und nichts mehr von dem Typen gehört, die ganze nächste Zeit nichts. Jeden Morgen habe ich mich umgeschaut, aber da war kein Gianluca.“

      „Und wie ging es weiter?“, fragte Marco.

      „Nach zwei Wochen, in denen ich die morgendliche Begegnung mit Gianluca bereits wieder verdrängt hatte, stand er auf einmal vor mir und meinte, dass die Zeit laufen würde. Nächste Woche bräuchte er meine Entscheidung.“

      Marco blickte erstaunt auf.

      „Du meinst, die Sachen gehören zusammen? Erst der Typ mit dem Angebot, und nun das Verschwinden deiner Familie?“

      „Ja, natürlich! Ich habe Gianluca nur noch ein Mal gesehen, und ich lehnte wieder ab und sagte ihm, dass ich nicht daran denken würde, zu verkaufen. Danach habe ich nichts mehr von ihm oder seinen Auftraggebern gehört.“

      Beide schwiegen nachdenklich.

      John war ein Mann, der schon unter normalen Umständen immer leicht übermüdet aussah. Seine dunklen Haare hingen ihm ungepflegt, in langen Strähnen, ins Gesicht. Die Sorge um seine Familie vertiefte seine Falten, er sah mit einem Schlag noch erschöpfter und niedergeschlagener aus als sonst. Hilflosigkeit war sein Empfinden.

      Trostlos der Tag.

      Oval Office, Washington, D.C., Januar 2017

      Er saß allein an seinem neuen Schreibtisch und ließ den riesigen Raum auf sich wirken. Hatte er es tatsächlich geschafft? Er, der selbst nicht daran geglaubt hatte. Er war im Weißen Haus. Und nicht als Besucher: Er war der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Unvorstellbar, noch bis vor wenigen Wochen. Seine Gedanken schweiften zurück ins Jahr 2011. Da war er noch Immobilientycoon, Unternehmer, Produzent von Miss-Wahlen und der Star einer Reality-TV-Show. International bekannt und berühmt für seine Deals. Ein wahres Genie und Multitalent. Aber Präsident? Daran hatte er nie gedacht, die Idee schien ihm völlig absurd. Bis zu diesem schicksalhaften Abend.

      Er hatte sich über Beziehungen Karten für das Präsidentendinner besorgt. Man war erst in der Society richtig angekommen, wenn man an diesem Event teilnahm oder eingeladen wurde. Die Fernsehkameras liefen. Ronald wollte hier einige Geschäftsfreunde aus der Baubranche treffen, einige Details der Finanzierung seines neuen Casinos besprechen, vor allem aber gesehen werden und feiern.

      Die Lust zum Feiern verging ihm jedoch schnell, als der amtierende Präsident ihn vor allen Leuten im Saal und bei laufenden TV-Kameras der Lächerlichkeit preisgab, ja Witze über ihn riss. Er kannte den Grund nicht, aber über fünf Minuten lang machte der Präsident eine Bemerkung nach der anderen über ihn, und alle trafen ihn bis ins Mark. Er wurde vor aller Welt vorgeführt. War blamiert worden bis auf die Knochen.

      Das war der alles entscheidende Moment, der Augenblick, der alles verändern sollte.

      Wie konnte dieser illegale Einwanderer aus Afrika sich über ihn lustig machen. Es war eine Erniedrigung, wie er sie in seinem ganzen Leben noch nicht aushalten musste. Der Präsident saß auf der Bühne mit dem Mikrofon, redete und witzelte über ihn, und er konnte nichts tun. Saß an seinem Tisch, für den er Tausende von Dollar bezahlt hatte, und konnte nichts machen, außer zu hoffen, dass all die Beleidigungen und Erniedrigungen endlich aufhörten.

      Ein Feuer begann in ihm zu lodern. Ein Feuer gespeist aus Wut und Zorn.

      Vergeltung für diese Qual; sein sorgfältig gepflegtes Image war angekratzt. Dafür hatte er Ehen geschlossen, Interviews gegeben und sein Leben der Öffentlichkeit preisgegeben. Er war seine eigene Marke. Von nun an wollte er selbst auf der Bühne stehen, keinen neben sich, allein am Mikrofon, und den Leuten sagen, was er über sie dachte, sich über all die Leute lustig machen, die heute gelacht hatten, und alle sollten auf ihn schauen. Keiner könnte widersprechen. Keiner würde sich trauen.

      Ja, das war verdammt lang her, viele Jahre, und das waren die härtesten Jahre in seinem Leben gewesen. Er erinnerte sich noch genau, wie nach dem Dinner ein Freund zu ihm kam und ihn mit einigen Leuten bekannt machen wollte. Er verspürte keine Lust mehr nach diesem grauenvollen Abend und dachte, nur noch weg von hier. Sich aus diesem korrupten Washington so schnell es ging in sein geliebtes New York zurückziehen, doch der Freund blieb hartnäckig, und so kam er letztlich der Bitte nach.

      Diese Begegnung verlief völlig anders, als er es sich ausgemalt hatte, kein Händeschütteln, kein Small Talk, keine Häppchen. Selbst der Ort war mehr als ungewöhnlich. Er wurde aus dem Hotel begleitet, von einer Limousine abgeholt und aus der Stadt herausgefahren. Sie fuhren mindestens eine Stunde. Allein im Wagen begann Ronald, sich allmählich Sorgen zu machen, bis sie endlich an einem See hielten. Man konnte das Schild „Burke Lake“ noch gut erkennen, obwohl es schon weit nach Mitternacht war, als sie mit einem kleinen Boot auf den See hinausfuhren. Was für Leute wollten sich um die Uhrzeit hier draußen mit ihm treffen? Eine Feier mit gut aussehenden, leicht bekleideten Damen würde das sicher nicht werden.

      Das Boot hielt in der Mitte des Sees. Die Nacht war finster, und eine unangenehme Kühle stieg vom Wasser auf. Ronald begann zu frieren, er war unpassend gekleidet.

      Die Sterne leuchteten hell am Himmel. Er fragte den Skipper, was hier los sei, doch der knurrte nur: „Geduld, die anderen werden schon kommen!“

      Plötzlich, wie aus dem Nichts, tauchten drei weitere Boote auf, alle ohne Positionslichter, alle ohne Motorengeräusche. Die Boote wurden von leisen Elektromotoren angetrieben.

      Drei Männer stiegen zu ihm an Bord. Der Skipper verließ das Boot,


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