Die Grump-Affäre. Robert Wagner

Die Grump-Affäre - Robert Wagner


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seinem Gesicht leuchtete nur das Helle seiner Augen, als er ansetzte: „Sie fragen sich bestimmt, was das hier alles soll, und ich versichere Ihnen, das hier dient alles nur Ihrem und unserem Schutz. Wir sind eine Organisation, die nicht gern in der Öffentlichkeit arbeitet und – ganz im Gegensatz zu Ihnen und Ihren sonstigen Gewohnheiten – keine Interviews gibt. Wir verfügen auch über keine Presseabteilung. Allerdings verfolgen wir genau, was in diesem Land geschieht, und wir sind mit den aktuellen Entwicklungen nicht sehr glücklich.“

      Der zweite, etwas größere Mann ergänzte: „Nun, lassen Sie es mich so ausdrücken: Wir haben Sie seit geraumer Zeit beobachtet und möchten Ihnen heute Abend ein Angebot unterbreiten, das Sie hier und heute annehmen können. Damit würden Sie Erfolg, Macht und Einfluss bekommen, wie Sie es sich nicht erträumen könnten, und Ihre Probleme in New York und alle Geldsorgen wären für immer vorbei. Oder wir sehen uns nach diesem Abend niemals wieder.“

      Nun trat der dritte Mann einen Schritt auf ihn zu. Ronald, selbst nicht gerade klein, musste zu ihm aufschauen. Was er sah, gefiel ihm nicht. Ein überheblicher Wichtigtuer mit eisgrauen, militärisch geschorenen Stoppelhaaren, dazu ein Blick aus ebenfalls eisigen Augen.

      „Wir haben die Möglichkeiten und den Einfluss, Sie zum Präsidenten der Vereinigten Staaten zu machen. Sie erhalten unsere volle Unterstützung. Wenn Sie sich nach unseren Spielregeln verhalten, werden Sie bald der mächtigste Mann der Welt sein. Einen Abend wie den heutigen, an dem Sie der Lächerlichkeit preisgegeben wurden, wird es nie wieder geben. Sie erhalten Zugang zu sämtlichen Ressourcen dieses Landes, und wir sorgen dafür, dass alles reibungslos verläuft.“

      Er hatte aufmerksam zugehört, und sein erster Gedanke war: „Was für überhebliche Arschlöcher! Schleppen mich mitten in der Nacht auf einen See, um mir solch einen infantilen Mist aufzutischen.“ Nach kurzer Überlegung und der reinen Neugier folgend fragte er:

      „Wie wollen Sie das anstellen? Wer sind Sie überhaupt?“

      Der erste Mann trat einen Schritt näher. „Das tut nichts zur Sache, und Namen sind nicht wichtig. Wichtig ist, dass Sie verstehen, was wir für Sie möglich machen können! Wir garantieren Ihnen die Präsidentschaft! Alles ist seit langer Zeit geplant, Milliarden an Dollar stehen zur Verfügung, Heerscharen von Leuten arbeiten seit Jahren an diesem Plan. Was uns noch fehlt, ist der richtige Kandidat. Ronald, Sie sind der geeignete Mann. Doch es gibt da noch eine Bedingung!“

      Der zweite Mann flüsterte fast. Fehlte nur noch, dass er sich verschwörerisch umschaute, obwohl nun wirklich niemand anders in der Nähe sein konnte.

      „Wir werden Gefallen einfordern, und wir werden Leute von uns in Ihrer Nähe platzieren, die Sie offiziell ernennen werden. Dafür übernehmen wir alle Kosten des Wahlkampfes und sorgen dafür, dass die Probleme, die Sie bereits haben, und alle zukünftigen Probleme, die Sie verursachen werden, sich allesamt in Luft auflösen. Wir meinen nicht nur die Immobiliengeschäfte, die Steuer, die Sie nicht zahlen können, und die drohenden Prozesse um Insolvenzverschleppung, Sex mit minderjährigen Prostituierten oder das Verschwindenlassen von unliebsamen Grundstücksbesitzern. Das alles können wir für Sie regeln. Eines Tages werden Sie sogar in der Lage sein, sich selbst zu begnadigen. Bis dahin sorgen wir für Sie.“

      Was waren das für Typen? Hatten sie so viel Einfluss und Macht? Ungläubig wägte Ronald seine Chancen ab. Waren das Ermittler vom FBI oder der Finanzbehörde, die ihm hier Aussagen abringen wollten? Woher zum Teufel wussten diese Typen von der Entführung in New York und all den anderen Dingen? Das waren Informationen, die im kleinsten Kreis getuschelt und nicht einmal da laut ausgesprochen wurden. Diese Fragen schossen ihm alle gleichzeitig durch den Kopf. Doch dann kam sein Überlebensinstinkt in ihm auf. Er war Ronnie, der Dealmaker, er bestimmte die Deals. Gleichzeitig war er besorgt darüber, wie viel die Typen über ihn wussten. Er entschloss sich zur Attacke. Er würde „all-in“ gehen: „Nun gut, Sie haben gründlich recherchiert, Sie haben einiges ausgegraben, okay, aber ich kenne euch nicht und mache nur Deals mit Leuten, die ich kenne! Woher soll ich wissen, ob ihr nicht vom FBI seid oder vom Finanzministerium?“

      Der kleine Mann reichte ihm ein Handy und sagte fast tonlos: „Schau mal, Ronnie!“

      Er traute seinen Augen nicht. Sie hatten alles! Sex-Tapes, seine Scheinverträge, seine gefälschten Steuerunterlagen, seinen nachträglich veränderten Ehevertrag, seine Abmachungen mit den Chinesen zum Bau eines neuen Casinos, einfach alles. Sie hatten ihn in der Hand, so viel war klar.

      Er musste daran denken, wie viel Glück er in seinem Leben bereits gehabt hatte. Für die Dinge, die er getan hatte, wären alle anderen längst im Knast gelandet. Ihm blieb eigentlich keine Option. Kein Deal möglich bei dem er die Bedingungen stellen konnte. Er hoffte, dass ihm das Glück weiter gewogen blieb.

      Man konnte die Stille förmlich greifen, als die drei Männer auf seine Antwort warteten.

      Sein Verstand raste, suchte nach Optionen und Möglichkeiten das Ganze aufzuschieben.

      Die Frage, „Wie lautet Ihre Antwort?“, riss Ihn aus seinen Überlegungen.

      „Okay, ich stimme zu. Wie geht’s weiter? Was muss ich tun?“

      Die drei Männer gingen einen weiteren Schritt auf ihn zu, und der Kleinste von ihnen raunte: „Wir melden uns bei Ihnen in vier bis sechs Wochen, so lange brauchen wir, um die Vorbereitungen abzuschließen: Vorbereitungen, die bereits seit vielen Jahren laufen!“

      An all das musste er denken, als er allein im Zentrum der Macht saß. An diesem Abend hatte seine Entwicklung vom Geschäftsmann zum Politiker begonnen. Er hätte nie auch nur im mindesten geahnt, wie ähnlich sich das Geschäftemachen und die hohe Politik waren. Er war für beides wie geschaffen. Es würden fantastische Zeiten anbrechen. Bessere Zeiten. Der Tag würde kommen, und zwar bald, an dem er sich bei allen dafür revanchieren würde, dass sie ihn derart mit Dreck überschüttet hatten. Er musste lächeln. Er konnte das schon heute tun! Er hatte gewonnen!

      Ungewissheit

      Marco und John saßen in der Küche von Marcos Elternhaus. Sie hatten stundenlang diskutiert, was als Nächstes zu tun sei.

      John galt als Hauptverdächtiger bei der Polizei. Der Officer hatte es ihm auf den Kopf zugesagt, es sei eine ungewöhnliche Häufung von Zufällen, dass sein Haus explodiert, seine Familie nicht auffindbar und die Lebensversicherung seiner Frau vier Wochen zuvor erhöht worden sei. Seine Geschichte von dem „italienisch aussehenden Gianluca“ sei unglaubwürdig und frei erfunden. Es war eindeutig. Aus dieser Ecke würde keine Hilfe oder Unterstützung bei der Suche nach dem Italiener kommen. Wie er sich von dem Verdacht befreien könnte, keine Idee. Alle Indizien sprachen gegen ihn.

      Irgendwer hatte hier ganze Arbeit geleistet, um den Verdacht auf ihn zu lenken. Indizien derart zu fälschen war kein leichtes Unterfangen. Es mussten Profis mit enormen Geldmitteln sein. Wie sonst erhöhte man schnell mal eine fremde Lebensversicherungspolice?

      Plötzlich klingelte sein Handy.

      „Buongiorno, Mr. Brockmann! Wir hatten Sie gewarnt! Sollten Sie Interesse haben, Ihre Familie lebend wiederzusehen, so unterschreiben Sie den Vertrag, den Sie in Ihrer Mailbox finden, und geben Sie das Dokument bis heute, 18 Uhr, beim Barmann im Irish Pub ab, in dem wir uns letztens getroffen haben.“

      John wollte noch etwas sagen, aber der Anrufer hatte bereits aufgelegt.

      Marco sah ihn fragend an, und John erzählte, was er gehört hatte.

      „Du kannst solchen Typen nicht vertrauen, John. Wenn du verkaufst, hast du nichts mehr in der Hand!“

      „Ich weiß! Trotzdem muss ich es versuchen, es ist die einzige Chance, Emma und Felix lebend wiederzusehen. Oder hast du eine andere Idee?“

      Marco schüttelte den Kopf: „Wahrscheinlich wirklich deine einzige Chance. Die Bullen wirst du sonst nicht mehr los, die haben ihren Täter längst gefunden. Wenn wir mehr Zeit hätten, könnten wir versuchen, eine Falle zu stellen. Aber so haben die alle Trümpfe in der Hand. Weil die Typen aber kein Geld wollen, sondern die Verkaufsurkunde, wirst du hoffen müssen, dass sie fair spielen.“

      Pünktlich


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