Die Macher hinter den Kulissen. Hermann Ploppa
man aber umso eifriger in die Presse lanciert.17 Demzufolge werden im Jahre 2018 zwei Drittel aller Regionalbanken nicht mehr rentabel arbeiten. Die Regionalbanken könnten mit ihren Zinsen nicht mehr gegen die Onlinebanken konkurrieren. Die strengeren Regeln der EU-Aufsicht würden den bürokratischen Aufwand so erhöhen, dass kleine Banken die Lasten nicht mehr schultern könnten. Drittens würden die Kunden immer kürzere Fristen für ihre Geldeinlagen wünschen, während sie gleichzeitig aber weiterhin langfristige Kredite frei Haus bekommen möchten. Viertens würde sich der hohe Personalaufwand bei Regionalbanken definitiv nicht mehr rentieren.
Prognosen sind schon viele gegeben worden. Es kann aber auch ganz anders kommen. Trotzdem gingen quasi auf Knopfdruck sofort an höchster Stelle gewisse Lichter an, wie das Handelsblatt berichtete: „Die europäische und die Bundespolitik alarmieren diese Erkenntnisse: EZB-Chef Mario Draghi und IWF-Chefin Christine Lagarde haben das Thema bereits auf dem Zettel. Die Bundesbank überprüft die ‚Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells deutscher Regionalinstitute‛. Regierungskreise bestätigen dem Handelsblatt, dass der Ausschuss für Finanzstabilität ‚mögliche Rückwirkungen des Niedrigzinsumfeldes mit Blick auf mögliche Gefährdungen‘ bei Sparkassen und Volksbanken eingehend analysiert.“18
Frage: was geht dieses Thema den IWF an? Welche Bevormundung maßen sich die internationalen Finanzbürokraten hier eigentlich an? „Auf dem Zettel“ klingt bedrohlich. EZB-Chef Mario Draghi ist sicher kein Freund der Genossenschaften. Er war bei der Privatbank Goldman Sachs tätig, bevor er in den öffentlichen Sektor überwechselte. Draghi ist immer noch ständiges Mitglied in der von David Rockefeller gegründeten Banklobbyorganisation Group of Thirty, sozusagen einer Schwesterorganisation der Trilateral Commission.19 Und IWF-Chefin Lagarde arbeitete als Wirtschaftsanwältin für die US-Sozietät Baker & McKenzie, bevor sie in den öffentlichen Sektor überwechselte.20 Die Anteilnahme dieser Damen und Herren an den vermeintlichen Problemen der deutschen Regionalbanken ist der Anteilnahme des Fuchses an flügellahmen Hühnern nicht unähnlich.
So sieht es auch der Wirtschaftswissenschaftler Reinhard Schmidt von der Goethe Universität Frankfurt: „Auf europäischer Ebene wird dem deutschen Sparkassen- und Genossenschaftsbanken-System nicht viel Verständnis entgegengebracht. Ich sehe erneut harte Attacken gegen das Drei-Säulen-System kommen – und eine Vereinheitlichung in Richtung börsennotierte Großbanken fände ich bedauerlich. Auf drei Beinen steht es sich sicherer als auf zweien. … Wenn ich richtig verunsichert wäre, dann würde ich mein Geld zu einer Sparkasse tragen. Das empfindet man in Brüssel noch immer als Wettbewerbsverzerrung.“21
Wir können aus den gezeigten Beispielen klar erkennen: von Hause aus sind die nicht-kapitalistischen Wirtschaftszweige unkaputtbar. Es müssen erst Kräfte einsickern in die intakten Organismen, um sie durch Zweckentfremdung systematisch zu zerstören. Das klingt ungeheuerlich und nach Verschwörung. Dennoch werden wir in den folgenden Kapiteln die Akteure und Netzwerke näher kennenlernen, deren erklärtes Ziel die Welt eines enthemmten Privatkapitalismus ist. Ohne Grenzen für den Handel. Ohne demokratisch legitimierten Staat, dessen Bürger womöglich andere Ziele verfolgen könnten als die Erzielung größtmöglichen Profits für ganz wenige Individuen.
Rettet die Biodiversität unserer Gesellschaft!
Ich hätte Beispiele aus anderen Bereichen der Gesellschaft – aus Gesundheit, Bildung, Sozialarbeit oder öffentlicher Infrastruktur – ausführlich darlegen können, wo genau dieselben Methoden zur Verarmung unserer so reichen Gesellschaftskultur angewandt werden. Die Monokultur des nackten Profits ist das Ziel dieser Seilschaften. Das macht die Menschen mürbe und führt zur inneren Kündigung von Millionen begabter Mitarbeiter. Unter dem Strich haben wir jetzt eine Pfuschkultur des: „Es wird schon irgendwie gut gehen!“
Unter der Diktatur des Neoliberalismus erinnert so vieles an die Endzeit der DDR: eine Explosion der Bürokratie, deren papierene und digitale Ausscheidungen immer nichtssagender werden, weil nicht gesagt werden darf, was gesagt werden muss: es läuft alles schief. Unerfahrene Dummbeutel werden in Führungspositionen gehievt von irgendeiner unsichtbaren Seilschaft. Dummbeutel, die sich von erfahrenen Mitarbeitern nichts sagen lassen und täglich einen neuen Arbeitsplan nach dem anderen anschleppen, der auch wieder die Arbeit nur schwerer macht. Dummbeutel, die die Mitarbeiter überwachen bis zur absoluten Schamlosigkeit. Kein Mensch kann gesund bleiben unter dieser unwürdigen Distanzlosigkeit.
Und so wird unsere immer noch so wunderbar vielfältige Lebenswelt im alten Europa immer weiter verwüstet. Es erinnert nicht nur mich an die Zerstörung des tropischen Regenwaldes. So schnell wird aus Karstland nicht wieder ein saftiger Regenwald. Lassen wir den bereits zitierten Professor Reinhard Schmidt dieses Kapitel abschließen: „Ich sehe … die Gefahr eines Verlusts an Diversität. Das ist wie bei der Umwelt: Meist fällt erst nach ihrem Aussterben auf, wozu eine Spezies gut war. Vielleicht stellt sich erst in vierzig oder fünfzig Jahren heraus, wozu es gut war, die Gattungen der Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu erhalten. Wir sollten diese Biodiversität im Finanzsystem nicht gefährden. Vielleicht sind ja gerade diese Säulen der Bankenwelt dauerhafter als die Shareholder-Value-getriebenen Großbanken.“22
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