Dirk Nowitzki - So weit, so gut. Jürgen Kalwa

Dirk Nowitzki - So weit, so gut - Jürgen Kalwa


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interviewt. Was ich von dem Abstecher mitnahm: Dirk Nowitzki war eine Persönlichkeit geworden. Jemand, der irgendwann angefangen hatte, sein Basketballer-Leben deutlich mehr zu genießen.

      Verständlich. Seine Philosophie und seine kompromisslose, unermüdliche Einsatzbereitschaft hatten schließlich Erfolg gezeigt. Er wirkte nicht nur älter und klüger, sondern auch entspannter und sehr viel geübter im Umgang mit Leuten wie uns.

      Wir – das sind Leute, deren Arbeitsergebnisse sich erheblich unterscheiden. Weshalb dieses Buch auch eine ureigene Perspektive illustriert, um das Besondere am besten Basketballer, den Europa je hervorgebracht hat, herauszufiltern. Aufbauend auf eine umfangreiche (und in diesem Fall tatsächlich sogar geordnete) Sammlung von Reportagen und Einlassungen über Nowitzki und die NBA, die seit meinem ersten Interview entstanden sind und hauptsächlich in der Frankfurter Allgemeine Zeitung erschienen sind.

      Obwohl es sich dabei nur um eine Auswahl handelt, dokumentieren sie, einem Fotoalbum ähnlich, Schritt für Schritt, Schlaglicht für Schlaglicht, das Kontinuum der gesamten Nowitzki-Karriere und das Auf und Ab der mitschwingenden Erwartungen. Ergänzt um eine ganze Reihe unveröffentlichter Texte.

      In einer solchen Arbeitsweise ähnelt das Projekt ein wenig der Denkweise des Cinéma vérité und ihrem Ethos des dokumentarischen Filmens. Ein Versuch, sich nicht einfach von der heutigen Perspektive auf das Thema gefangen nehmen zu lassen und der Tendenz zu entgehen, die enorme Zeitspanne von 21 Jahren der NBA-Karriere von Dirk Nowitzki einfach schick aufzubügeln und ihn mit einer solchen Darstellung aus dem Kontext des Alltags seiner Mannschaftssportart herauszulösen.

      Deshalb gibt es auch einen Abschnitt über Weggefährten wie den Besitzer der Dallas Mavericks, Texte über einem Teil von Nowitzkis Mitspielern, über seine Trainer und über seine schlechten Erfahrungen mit einer Frau, die er beinahe geheiratet hätte.

      Das Buch ist also bewusst keine Biographie im klassischen Sinne. Es ist aber mehr als ein bloßes scrap book ohne jede innere Bindung der einzelnen Elemente. Es geht aus meiner Sicht bei solchen umfangreichen Betrachtungen unter anderem darum, der hektischen Rezeption von Sport eine zusätzliche tiefer schürfende Dimension hinzuzufügen. Eine Reflexion über das, was unter der Oberfläche stattfindet, hinter der Fassade eines ständigen Wettstreits alter und neuer Ideen.

      Deshalb kann es auch keine abschließende Betrachtung sein über einen, der die Anforderungen seiner Sportart gemeistert und den harten Weg auf den sportlichen Gipfel gepackt hat. Allenfalls ein erster nachdenklicher Blick auf eine bemerkenswerte Laufbahn voller Höhen und Tiefen. Ein Erklärungsversuch. So weit. So gut.

      Ein schüchterner junger Mann mit Ohrring – Dirk Nowitzki im Frühjahr 1999. (imago/Camera 4)

      P.S. Die Tonbandkassette befand sich in einer großen Kiste mit anderen Aufnahmen. Die Aufzeichnung unseres Gesprächs ist also erhalten geblieben. Aber damit auch die sehr nüchterne Erkenntnis: Viel Erhabenes hat Dirk Nowitzki damals nicht gesagt. Und all das wurde in jener Kneipe zusätzlich von lästigen Hintergrundgeräuschen begleitet, die mir ein miserables Tondokument beschert haben. Künstlerpech.

      Barack Obama war als junger Mann ein guter Basketballspieler. Er steht in einer langen Reihe von sportlichen Präsidenten, die Golf spielen oder Tennis. Ihre Sportbegeisterung ist einer der Gründe, weshalb sie traditionell jedes Jahr die Besten des amerikanischen Sports empfangen – als Gastgeber einer Feierstunde im Weißen Haus. Im Januar 2012 kamen die Dallas Mavericks vorbei. Das Protokoll einer Visite.

      Die 23 – aber von den Dallas Mavericks und nicht den Chicago Bulls. (imago/UPI Photo)

      Das Weiße Haus

      Das Büro des Pressesprechers. Für die sofortige Veröffentlichung. 9. Januar 2012

      Bemerkungen des Präsidenten zu Ehren der Dallas Mavericks, den NBA-Meister von 20111

      East Room 12:09 Uhr

      DER PRÄSIDENT: Hallo! Jeder soll bitte Platz nehmen. Nehmt Platz. Willkommen im Weißen Haus und Glückwunsch an die Dallas Mavericks, den Weltmeister (Applaus). Wie man sieht, es sind Leute aus Texas hier (Applaus).

      Das war der erste Titel der Mavericks, deshalb möchte ich zunächst alle erwähnen, die diesem Team seit den Anfängen in guten und in schlechten Zeiten die Treue gehalten haben – von Don Carter, dem ersten Eigentümer des Clubs, über die Angestellten in der Arena bis zu all den Fans zuhause.

      Wir haben einige Kongressabgeordnete, die ziemlich lange darauf gewartet haben (Gelächter) so wie mein Handelsvertreter Ron Kirk, der mal Bürgermeister von Dallas war (Applaus).

      Natürlich wäre dies alles nicht ohne den scheuen und sich zur Ruhe setzenden Besitzer (Gelächter) der Dallas Mavericks möglich geworden, Herrn Mark Cuban (Applaus). Nicht nur hat Mark eine außerordentliche Gruppe von Spielern und Trainern zusammengestellt, er war auch dafür verantwortlich, dass dieses Ereignis heute stattfinden konnte. Wir sind begeistert, dass Sie alle heute hier sind.

      Wegen der Aussperrung war für Dallas in dieser Saison kein Spiel in Washington vorgesehen. Das hat Mark nicht in den Kram gepasst (Gelächter). Er wusste, seine Mannschaft hatte hart gearbeitet. Er wollte ihr alle Vergünstigungen eines Weltmeisters ermöglichen einschließlich eines Besuchs im Weißen Haus. Es ist schwer, Mark Nein zu sagen. Und so haben sie einen eigenen Trip geplant. Und deshalb sind wir hier.

      Und ich bin froh, dass es geklappt hat, denn dies ist eine besondere Gruppe. Im letzten Jahr haben sie sich die „Schlechte-Nachrichten-Bären“ genannt, weil ihnen von Anfang an niemand eine Chance gegeben hat. Leute haben gesagt, dass Jason Kidd zu alt ist. Und ich möchte sagen, dass dies das erste Mal ist, dass ich mit Weltmeistern aus meiner Altersgruppe zusammenkomme (Gelächter und Applaus). Man hat gesagt: JJ Barea ist zu klein, dass Dirk Nowitzki zu langsam ist. Sie haben das gesagt, Dirk, tut mir leid (Gelächter). Das haben sie gesagt. Sie haben gesagt, du hast einen großartigen Sprungwurf, aber … (Gelächter). Sie haben gesagt, dass Deshawn Stevenson zu verrückt ist. (Gelächter). Sie haben gesagt, „The Jet“ sei hervorragend, aber sie waren nicht sicher, ob die Tätowierung so eine gute Idee war.2 (Gelächter)

      Aber diese Spieler haben es hinbekommen, weil sie wissen, wie gute Mannschaften gewinnen – nicht nur, indem sie höher springen oder schneller laufen, sondern indem sie den freien Mann finden, zusammenarbeiten, mentale Härte zeigen, sich gegenseitig unterstützen, klüger spielen.

      Auf diese Weise haben die Mavericks einige der besten Mannschaften der Liga aus dem Weg geräumt, einschließlich der Miami Heat, die im letzten Jahr ziemlich beachtet wurden. Das war besonders süß für Dirk und Jason, die beim ersten Mal vor fünf Jahren dabei waren, als sich die Mavericks und die Heat in der Finalserie begegneten und sie verloren.

      Ehe die Mavericks in der letzten Saison ein einziges Spiel absolviert hatten, hat sich Jason tätowieren lassen und er sagte: „Wenn du etwas so Verrücktes tust, dann musst du das durch Leistung bestätigen.“ Und das hat er übrigens getan. Mit 27 Punkten, die halfen das entscheidende sechste Spiel zu gewinnen. (Applaus)

      Dirk kam vor 13 Jahren zu den Mavericks. Ein dünner Junge aus Deutschland mit einem Haarschnitt, den er selbst als „dämlich“ beschreibt. (Gelächter) Im letzten Jahr wurde er der zweite Europäer, der jemals als MVP der Finalserie ausgezeichnet wurde. Und es war nicht leicht. Er hat sich im zweiten Spiel einen Finger so schlimm verbogen, dass er mit links werfen musste. Im vierten Spiel spielte er mit Fieber. Aber er setzte sich jedes Mal durch, wenn es um die entscheidenden Punkte ging. Ich glaube, es ist fair zu sagen, dass wir selten einen besseren Play-off-Lauf gesehen haben als den von Dirk Nowitzki im letzten Jahr. Es war bemerkenswert. (Applaus)

      Klarer Fall:


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