Von der Kunst Bäume zu pflanzen. Hermine Hackl

Von der Kunst Bäume zu pflanzen - Hermine Hackl


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Frage, wenn sie nur dazu dienen, die Anzahl der bezahlten Urlaubstage und den Freizeitstress zu vermehren. Da ist es doch besser, man geht seiner geliebten Arbeit nach, meint Freund Franz.

      Selbst im Leben des gelassenen und besonnenen Franz Hechinger gibt es Ereignisse, die nicht nur sein Unverständnis, sondern sogar seinen Zorn provozieren. Hier ein Beispiel dafür: Bis in die 1990er Jahre gab es im Waldviertel Pelztierfarmen, in denen Minks gehalten wurden. Diese putzigen kleinen Nerztiere sollten zu Mänteln verarbeitet werden. Das rief Tierschützer auf den Plan, die wahrscheinlich in bester Absicht in einer Nacht- und Nebelaktion die Tiere freiließen. Minks sind ausgesprochene Fischliebhaber und überaus flinke Räuber, die seit jener Stunde mit Begeisterung die umliegenden Teiche plündern. Die Teichufer sind übersät mit totgebissenen Karpfen. Der wirtschaftliche Schaden ist enorm, die Natur bis auf Weiteres geschädigt, das ökologische Gleichgewicht aus dem Lot gekommen, da die Tiere in der Region keine natürlichen Feinde haben und sich ungestört vermehren können. Und die Jagd auf diese Tiere wäre nur mit unlauteren Mitteln möglich. Zusammengefasst: gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.

      Dieses Beispiel führt deutlich vor Augen, dass alles, was wir tun, Wirkung hat und dass auch eine noch so gut gemeinte Aktion katastrophale Folgen haben kann. Hat das vielleicht mit einer ganz besonderen Form von Egoismus zu tun, die um sich greift? Die chronische Ich-Bezogenheit unserer Zeit hat zur Folge, dass sich ein Teil der Menschheit selbstüberschätzend als „Experten für eh alles“ betrachtet und durch unbedachte und unqualifizierte Einflussnahme Schaden anrichtet. Diese Menschen sind in der Regel leicht zu mobilisieren und werden – im Extremfall – missbraucht, ohne dass sie es ernstlich wahrnehmen. Ein anderer Teil der Menschheit hingegen frönt dem Egoismus der Art „mir ist eh alles wurscht“ und schaut aus Bequemlichkeit in entscheidenden Momenten gerne weg. Warum diese Betrachtung zum Egoismus hier Erwähnung findet? Weil das auch mit Nachhaltigkeit zu tun hat und weil selbst ein Mensch wie Franz Hechinger bei diesem Thema an seine persönlichen, emotionalen Grenzen stößt. Und das sollte uns zu denken geben.

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      Foto: Gabriele Moser

      Zur Person: FRANZ HECHINGER ist gelernter Zimmermann und wirkt als Fischmeister im Forstamt Ottenstein. Privat ist er Philosoph mit Bodenhaftung und überall gern gesehener Geschäfts- und Gesprächspartner.

      IN DER KÜCHE MIT

      ELISABETH LUST-SAUBERER

      Nachhaltigkeit = Action

      und Satisfaction

      Als man ihre Sendung im Fernsehen absetzte, brach ein Proteststurm los. Sehr deutliche Briefe und E-Mails erreichten die Redaktion. Manche Menschen verstanden die Welt nicht mehr. Diese Frau hatte doch den Nerv der Zeit getroffen! Viel mehr noch: sie hat ein leer gelaufenes Becken an Wissen wieder mit selbstverständlichen Erstaunlichkeiten und mit Sinn gefüllt. Was also war der Hit, das Sensationelle, das Einmalige, wonach die geneigte Hörer- und Seherschaft so gierte? Wurden hier die Lottozahlen vor der Ziehung veröffentlicht, gab es vielleicht sichere Anleitung für ein erfülltes Leben oder wurden Wundermittel zur verlässlichen Weltverbesserung angepriesen? Nein! Die Dame, um die sich diese Geschichte dreht, heißt Elisabeth Lust-Sauberer und sie gibt – Putztipps. Wie das gemeint ist? Na, ganz einfach! Sie beantwortet Fragen wie: Wie putze ich die Fenster sauber und kostengünstig? Was muss beim Reinigen von Holzböden beachtet werden? Was ist bei verstopften Abflüssen zu tun? Wie bekommt man harzige Hände wieder sauber? Wie poliert man Möbel schonend, und wie bringt man Silberlöffel wieder zum Glänzen? Was tun bei hohen Vasen, für die alles Reinigungsgerät zu kurz ist, um an den verdreckten Boden zu gelangen? Die Wissensnot in diesen Dingen war groß, hatte aber mit dem Auftauchen von Seminarbäuerin Elisabeth Lust-Sauberer am Fernsehschirm ein abruptes Ende gefunden. Was früher von Generation zu Generation – um nicht zu sagen von Mutter auf Tochter – wie selbstverständlich weitergegeben wurde, war zu einem Medienhit geworden. Kein langes, umständliches Herumgerede, keine leeren Worthülsen, keine kunstvollen intellektuellen Ergüsse, sondern: Klartext, einfach, direkt und in einer erfrischend ungekünstelten Sprache. Worte, die trotz aller knallharten Praxisnähe aus dem Herzen kommen, unverblümt und ohne Umschweife. Zum Fensterputzen nehmen wir bitte niemals heißes, sondern immer kaltes Wasser. Ein zugesetzter Spritzer Spiritus oder Haarshampoo (natürlich ohne Balsam) nimmt zusätzlich das Fett auf. Basta! Unbehandelte Holzböden wiederum werden mit nasser Holzasche abgeschrubbt, dann mit klarem Wasser nachgewaschen. Alles klar!? Verstopfte Abflüsse? Kein Problem! Hier gilt allerdings: Vorbeugen ist besser als heilen. Man gebe zwei bis drei Esslöffel Soda in den Abfluss und gieße Wasser nach. Diesmal allerdings heißes, wohlgemerkt!

      Haushaltstipps, nichts als einfache Haushaltstipps, werden Sie jetzt vielleicht denken. Wie kann man damit jemanden hinter dem Ofen hervorlocken? Ganz einfach: Haushaltstipps strahlen Heimeligkeit aus, Fürsorge für das traute Heim und dessen Bewohner, eine Art neues Biedermeier schimmert da durch, unverblümte Geborgenheit, eine Art von „ein ungeschriebenes Geheimnis miteinander teilen“ liegt in der Luft. Und Menschen, die mir solche Tipps geben, müssen es wohl gut mit mir meinen. Oder sind Sie jetzt entrüstet? Ist da vielleicht ein Jahrhunderte langer Kampf um Gleichberechtigung spurlos an uns vorüber gegangen? Soll die Frau wieder an den Putzlappen gefesselt werden und kommt gar die gesamte gegenderte Welt ins Wanken? Hat sich um Gottes willen nichts auf dieser Welt geändert! Doch. Und das ist ein gutes Beispiel dafür: Für Haushaltstipps interessieren sich nunmehr Männer und Frauen gleichermaßen. Das nenne ich neue Gleichberechtigung. Und das alles ökologisch und ohne Chemie.

      Elisabeth Lust-Sauberer betreibt mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb im Weinviertel, hat zwei schon erwachsene Töchter, lebt in einem zauberhaften Haus mit entzückendem Innenhof. Wer bei ihr zu Gast sein darf, betritt Heimeligkeit pur und geht zumindest mit einem Glas köstlicher Paprikamarmelade heim – die übrigens hervorragend zu Käse schmeckt. Im Eingangsbereich steht auf einer alten Truhe eine bunte Schale mit Obst, die zusätzlich mit Blumen geschmückt ist. Am Küchentisch steht ein Teller mit selbst gemachten Mehlspeisen. Solche gibt es zum Auftauen immer im Eiskasten. Es könnten ja überraschend Gäste kommen. Elisabeth Lust-Sauberer: eine perfekte Hausfrau also? Sie protestiert heftig: „Eine Überputze war ich nie!“. Als die bescheidene Hausfrau das Angebot erhielt, eine Sendung mit Haushaltstipps zu gestalten, plagten sie ernstliche Bedenken. Was würden wohl Freunde und Familienmitglieder von ihr denken, die ja um ihre „Unperfektheit“ in Haushaltsdingen wüssten. Würde sie ihre persönliche Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen? Schlussendlich siegte dann doch der Wunsch, „etwas zu tun, was zufrieden macht“. Die Kinder sind aus dem Haus und die so entstandene Lücke musste gefüllt werden. Only action brings satisfaction! Etwas Sinnvolles tun, nicht nur für die anderen, sondern auch für sich selber. Was gibt es Schöneres, als sich mit anderen Menschen auszutauschen und Erfahrungen weiterzugeben? Und in diesem Moment kam das Fernsehangebot.

      Lust-Sauberer ist gelernte Seminarbäuerin und als solche an Begegnungen mit Konsumentinnen und Konsumenten gewohnt. So ist sie auf Messen und in Supermärkten unterwegs, um dort über Lebensmittel und deren Verwendung zu informieren. Erdäpfel kommen aus der Erde, Marillen vom Baum, Ribiseln vom Strauch und die berühmte Kuh ist eben nicht lila. Was für eine agrarische Gesellschaft selbstverständlich war, muss heute wie Spezialwissen vermittelt werden und wird wie von einem Schwamm aufgesaugt. Da ist etwa das spannende Kapitel der Vorratshaltung. Nur so viel kaufen, wie man braucht, zuerst überlegen, dann einen Einkaufzettel schreiben. Reste verwerten. Das entlastet das Budget und macht auch noch Spaß. Fact aber ist: Viel zu viele Lebensmittel werden weggeworfen. Der unverschämte Überfluss unserer Breiten verlockt zur allzu leichtfertigen Vergeudung. Da hinten im Kühlschrank vergammelt doch glatt der liebevoll erzeugte Käse, in der Dose verschimmelt das köstliche Brot, weil man es dort schlicht und einfach vergessen hatte. Egal, das können wir uns doch leisten! Sparsamkeit ist doch nur etwas für Spießer! Sparsamkeit ist nur etwas für Spießer!? Nein, Sparsamkeit ist für verantwortungsvolle Menschen ein Beitrag zur Nachhaltigkeit, weil Schonung der Ressourcen und Respekt vor dem Erzeuger und dem Erzeugnis damit verbunden sind. Mit dem Brot, das Tag für Tag in Wien weggeworfen wird, könnte man eine Stadt wie Graz versorgen, hat einmal jemand ausgerechnet. Das ist die Realität.

      Das


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