Der Lizenzvertrag. Michael Groß
III. Arten der Lizenzverträge
1. Allgemeines
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Lizenzverträge werden zur Erreichung der verschiedensten Zwecke abgeschlossen. Die Parteien sind in der Ausgestaltung des Vertrages im Einzelnen weitestgehend frei. Sie können dem Vertrag den Inhalt geben, den sie für ihren besonderen Zweck als besonders sachgemäß ansehen. In der Praxis haben sich einige Vertragstypen herausgebildet, die sich teilweise erheblich voneinander unterscheiden.
2. Vertriebs-, Herstellungs- und Gebrauchslizenz
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In der Regel wird eine Lizenz sowohl für die Herstellung als auch für den Vertrieb der Ware erteilt. Möglich wäre es jedoch auch, die Lizenz auf einzelne Benutzungsarten, z.B. nur auf eine Herstellungslizenz, zu beschränken.41 Schweigt der Vertrag über den Umfang der lizenzierten Befugnisse, so ist anzunehmen, dass Herstellung und Vertrieb gestattet sind.42 Regelmäßig wird nur dann ein wirtschaftlich sinnvoller Vertrag vorliegen. Nur bei ausdrücklicher Beschränkung auf den einen oder den anderen Bereich kann etwas anderes gelten. Im Zweifel schließt der häufig pauschal verwendete Begriff der Herstellungslizenz alle weiteren Nutzungsarten mit ein.43 Eine Beschränkung kann allerdings auch dann vorliegen, wenn sich aus den sonstigen Bestimmungen des Vertrages ergibt, dass dem Lizenznehmer nur die eine Befugnis eingeräumt werden soll. So kann die Vereinbarung einer ausschließlichen Abnahmepflicht für den Lizenzgeber gegenüber dem Lizenznehmer dessen Recht zum Vertrieb ausschließen. Prinzipiell ist es aber möglich, dass die Lizenz ihrem Inhalt nach auf jeden Bereich beschränkt werden kann.
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Bei der reinen Vertriebslizenz, die gelegentlich als Verkaufs- oder Handelslizenz bezeichnet wird,44 erfolgt die Herstellung allein durch den Lizenzgeber oder einen von ihm eingeschalteten weiteren Unternehmer, wobei die Auslieferung im Allgemeinen durch den Lizenznehmer ab Lager des Lizenzgebers erfolgt.45 Der Lizenznehmer ist also berechtigt, die Ware feilzuhalten, Kaufverhandlungen zu führen, Kaufverträge in eigenem Namen abzuschließen und die Lieferung durchzuführen. Aber auch Dritte darf der Lizenznehmer einschalten, soweit das zur Förderung des Absatzes der Ware notwendig ist. Zweifelhaft ist hier, wie weit die Befugnis des Lizenznehmers zur Einschaltung Dritter im Einzelnen reicht. Der Lizenznehmer darf sicher Angestellte seines Betriebes einsetzen; er darf auch Handelsvertreter beauftragen. Schließlich darf er andere Unternehmen zur Mitarbeit heranziehen, die seine eigene Tätigkeit nur vorbereiten oder unterstützen. Hierher gehört etwa die Durchführung von Werbemaßnahmen.46 Auf der anderen Seite darf der Lizenznehmer nicht seine Rechte aus dem Lizenzvertrag übertragen oder Unterlizenzen erteilen. Das folgt für die einfache Lizenz schon daraus, dass diese in aller Regel nicht übertragen werden kann, gilt aber im Ergebnis hier in gleicher Weise für die ausschließliche Lizenz.47 Bei der Vertriebslizenz stehen die persönlichen Beziehungen der Partner zueinander im Vordergrund. Deshalb ist hier regelmäßig davon auszugehen, dass die Parteien des Lizenzvertrags die Lizenz unübertragbar gestalten wollten.48
Beachtet der Lizenznehmer diese ihm durch den Vertrag auferlegten Grenzen nicht, so begeht er eine Vertragsverletzung. Den gleichen Maßstab sollte man aber auch an solche Maßnahmen des Lizenznehmers anlegen, die im Ergebnis einer Übertragung der Rechte aus dem Vertrag gleichkommen. Entscheidender Gesichtspunkt für eine Beurteilung muss sein, ob der Lizenznehmer noch selbst als der für den Vertrieb der Ware maßgebliche Unternehmer angesehen werden kann oder ob er nur die Rolle eines Vermittlers innehat, wirtschaftlich aber ein anderer den Vertrieb vornimmt. Daher ist auch der Abschluss von Vertragshändler-Verträgen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung des Vertragshändlers vertrieben werden,49 durch den Lizenznehmer als Vertragsverletzung zu bewerten.
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Oft ist es schwierig, die Vertriebslizenz von Verträgen abzugrenzen, bei denen der mit dem Vertrieb betraute Unternehmer nur die Funktion eines Händlers hat. Wie sich schon gezeigt hat, können beide Vertragstypen in der wirtschaftlichen Ausgestaltung sehr ähnlich werden. Eine Entscheidung dieser Frage ist aber sehr wichtig. Von ihr hängt der Umfang der Haftung ab, die sich aus einem Verstoß gegen Vertragspflichten ergibt. Liegt ein Lizenzvertrag vor, so kann eine Vertragsverletzung unter gewissen Voraussetzungen gleichzeitig eine Verletzung des Schutzrechtes selbst darstellen.50 Auch für die Zuständigkeit der Gerichte ist die Natur des Vertrages von Bedeutung.51 Von wesentlicher Bedeutung ist auch, dass auf Lizenzverträge einerseits und Vertragshändler-Verträge andererseits sehr unterschiedliche kartellrechtliche Vorschriften Anwendung finden.52
Für die Abgrenzung will das OLG Stuttgart53 darauf abstellen, dass bei einem Lizenzvertrag die Rechte aus der Erfindung im Vordergrund ständen, bei einem Vertriebsvertrag dagegen nur die Einräumung eines Verkaufsrechtes Vertragsinhalt sei. Diese Unterscheidung kann jedoch kaum weiterhelfen. Bei einer Vertriebslizenz kann man nicht sicher feststellen, ob tatsächlich die Rechte aus der Erfindung beim Vertragsschluss im Vordergrund gestanden haben.
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Mit Sicherheit liegt kein Lizenzvertrag vor, wenn der Händler die Ware verkauft, die in seinem Eigentum steht und die er aus einer Veräußerung erworben hat, die patentrechtlich befugt vorgenommen wurde.54
In diesem Fall ist keine Lizenzerteilung notwendig, da die Ware durch die Übertragung des Herstellers oder eines anderen Berechtigten auf den Händler patentfrei geworden ist.55 Eine Verletzung des Schutzrechtes durch den Händler ist nicht mehr möglich. Das Gleiche gilt aber auch dann, wenn der Fabrikant das Gut dem Händler als Kommissionsware übergeben hat. Die Ware ist damit ebenfalls in Verkehr gebracht und patentfrei geworden.56 Der Händler tritt dem Hersteller in diesen Fällen folglich nur auf schuldrechtlicher Ebene entgegen, nicht als Partner eines Lizenzvertrages. Keine entscheidende Rolle spielt es, wer wirtschaftlich den Vertrieb vornimmt.57 Nimmt man einen Lizenzvertrag immer an, wenn der Händler als der selbstständig Handelnde auftritt, so müsste man folgerichtig auch dann einen Vertrag dieser Art verlangen, wenn der Händler die Ware beim Inhaber des Schutzrechts gekauft hat, Eigentum an ihr erworben hat und die Ware durch die Veräußerung patentfrei geworden ist. In diesem Fall bleibt jedoch ein Lizenzvertrag funktionslos, da eine Schutzrechtsverletzung durch den Händler ohnedies nicht möglich ist. Es liegt vielmehr ein reines Veräußerungsgeschäft vor. Die Frage nach der Natur des zwischen Hersteller und Händler geschlossenen Vertrages lässt sich eben nicht – wie Henn meint58 – unabhängig davon beantworten, ob die Sache patentfrei geworden ist oder nicht. Dies zeigen in der Praxis auch Vereinbarungen, die gelegentlich zur Beilegung von Patentverletzungsklagen getroffen werden. Hier wird vorgesehen, dass eine Partei – ggf. nach Ablauf einer gewissen Aufbrauchfrist – das in Frage stehende Produkt nicht mehr selbst herstellt bzw. von Dritten bezieht, sondern nur noch von der anderen Partei des Rechtsstreites beliefert wird. Hier wird regelmäßig von einer – vergleichsweise vereinbarten – Vertriebslizenz auszugehen sein.
Besteht in den Fällen der reinen „Vertriebslizenz“ somit regelmäßig eine schuldrechtliche Verbindung, bei der die Abgrenzung zu Händlerverträgen gelegentlich recht schwierig sein kann, so ist eine Vereinbarung klassischer lizenzvertraglicher Natur wieder notwendig für die Vereinigung von Herstellungs- und Vertriebslizenz. Bei der Erteilung einer Herstellungslizenz fehlt es gerade an einem vorhergehenden Inverkehrbringen der Ware. Der Herstellende bedarf daher für den Vertrieb einer Lizenz.
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Besondere Arten der Vertriebslizenz sind die Ausfuhr- und die Einfuhrlizenz. Eine Einfuhrlizenz ist vom Grundsatz her notwendig, wenn im Inland ein Schutzrecht für das Importgut besteht;59 eine Ausfuhrlizenz ist jedenfalls im Grundsatz erforderlich, wenn im Ausland, in das exportiert werden soll, ein Schutzrecht vorliegt. Dieser Grundsatz wird jedoch in den Fällen, in denen ein Lizenzgeber in mehreren Ländern parallele Patente besitzt, in erheblichem Maße durchbrochen. In diesem Fall kann sich der Lizenzgeber nach Auffassung der EG-Kommission und z.T. auch des Europäischen Gerichtshofes aus kartellrechtlichen Gründen nur zum Teil dagegen wehren, dass die lizenzierten