Der Lizenzvertrag. Michael Groß
Frage sind die wirtschaftlichen Konsequenzen des nach der Bundesgerichtshofs-Rechtsprechung fehlenden Sukzessionsschutzes für den einfachen Lizenznehmer unerfreulich und bilden für den einfachen Lizenznehmer ein erhebliches Risiko. Der Lizenznehmer hat ggf. mit hohen Investitionskosten eine Lizenzproduktion eingerichtet, deren Aufgabe aufgrund des Verbietungsrechtes des neuen Patentinhabers seine gesamte Existenz bedrohen kann. Selbst wenn der neue Patentinhaber nicht von seinem Verbietungsrecht Gebrauch machen will, befindet sich der Lizenznehmer bei Verhandlungen über die Höhe der Lizenzgebühr, die er an den neuen Patentinhaber zu zahlen hat, in der denkbar schlechtesten Position. Über einen Schadensersatzanspruch des Lizenznehmers gegen den Veräußerer des Patentes ist ein vollkommener Ausgleich des dem Lizenznehmer entstehenden Schadens nur selten zu erwarten, zumal dieser Anspruch insbesondere bei Insolvenz des alten Lizenzgebers versagen würde. Gerade im Fall der Insolvenz des alten Patentinhabers wird es aber oft zu einer Veräußerung der Patente kommen, ohne dass der Lizenznehmer eine Chance hat, eine Entschädigung zu erhalten.17
Allerdings sollte bei Berücksichtigung aller ohne Frage vorhandenen wirtschaftlichen Probleme für den einfachen Lizenznehmer die Tragweite des fehlenden Sukzessionsschutzes nicht überbewertet werden. Brandi-Dohrn18 weist zu Recht darauf hin, dass es 80 Jahre gedauert hat, bis die Frage des Sukzessionsschutzes definitiv zur Entscheidung anstand.
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Unabhängig von der wirtschaftlichen Interessenlage, die ohne Frage für den Sukzessionsschutz der einfachen Lizenz spricht, ist die Verneinung des Sukzessionsschutzes durch den Bundesgerichtshof unter rechtlichen Gesichtspunkten schwer angreifbar. Schon die Annahme, dass die ausschließliche Lizenz dingliche Wirkung hat, ist dogmatisch in keiner Weise zwingend.19 Allerdings kann man der ausschließlichen Lizenz im Gegensatz zu der einfachen zugutehalten, dass der Lizenznehmer hier sein Schutzrecht weitgehend verliert. Die von Dritten ungestörte Rechtsposition des ausschließlichen Lizenznehmers, der auch das Recht hat, seine Position alleine zu verteidigen, beinhaltet zumindest eine nicht unerhebliche Signalwirkung, die der Publizitätsfunktion des Besitzes angenähert ist. Diese für dingliche Rechte typische Publizitätswirkung ist jedoch bei einfachen Lizenznehmern, die nebeneinander produzieren und deren Zahl praktisch nicht begrenzt ist, in keiner Weise gegeben. Wenn man jedoch der ausschließlichen Lizenz nur mit nicht unerheblichen dogmatischen Anstrengungen den Charakter eines dinglichen Rechts zubilligt, ist dies bei der einfachen Lizenz nicht mehr möglich.
Die Aufrechterhaltung der einfachen Lizenz über die §§ 404, 413 BGB erscheint problematisch, da es hier um Ansprüche geht, die nicht von vornherein vorhanden sind, sondern durch und damit nach dem Verkauf des Patentes entstanden sind. § 404 BGB erfasst jedoch nur Einwendungen und sonstige Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners, die sich auf den Inhalt der Forderung gegen ihn beziehen. Die Anwendung der §§ 404, 413 BGB würde daher weit über den Rahmen der möglichen Anwendung hinausgehen, wenn auf diese Weise ein an sich bestehendes, gesetzlich abgesichertes, eigenes Verbietungsrecht des Patentinhabers ausgeschlossen werden soll. Hier würde durch schuldrechtliche Regelungen die dingliche Position des neuen Patentinhabers in ggf. starkem Maße eingeschränkt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei dinglichen Rechten die Aufrechterhaltung von Forderungen gem. §§ 404, 413 BGB keine Selbstverständlichkeit darstellt.20
Auch die analoge Anwendung des § 33 UrhG21 erscheint nicht möglich, da es sich nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers um eine Sondervorschrift handelt, die die Ausnahme von dem Grundsatz darstellt, dass ein einfaches Nutzungsrecht nur schuldrechtliche Wirkung hat.22
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Ausgehend von rechtssystematischen Überlegungen wird man – wie schon in der 4. Auflage dieses Buches vertreten23 – den Schutz des einfachen Lizenznehmers im Falle der Veräußerung des Patentes verneinen müssen, wenn man nicht, um eines wirtschaftlich möglicherweise erwünschteren Ergebnisses willen, zu rechtlich problematischen Konstruktionen greifen will. Zwar hat der Bundesgerichtshof lediglich erklärt, dass die einfache Lizenz im Regelfalle obligatorischer Natur sei, so dass sich die Frage nach der Ausnahme geradezu aufdrängt. Aus den oben dargelegten Gründen kann man wohl jedoch nicht damit rechnen, dass für die einfache Lizenz der dingliche Charakter bejaht wird.
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Der nach der Rechtsprechung fehlende Sukzessionsschutz bei der einfachen Lizenz drängt die Frage nach Lösungsmöglichkeiten auf. Entsprechende vertragliche Vereinbarungen, durch die sich der einfache Lizenznehmer für den Fall der Veräußerung des Patentes sichern könnte, sind nicht möglich.24 Die dingliche Position des neuen Patentinhabers schützt diesen vor der Wirkung der Vereinbarungen ebenso, wie ein vertraglich vereinbartes Veräußerungsverbot gem. § 137 BGB keine Wirkung hätte.25 Zum Schutz des einfachen Lizenznehmers im Falle der Veräußerung der Lizenz bieten sich daher wohl nur zwei Lösungen an, nämlich entweder eine gesetzliche Normierung entsprechend der Regelung in § 33 UrhG oder aber eine den Vorschriften des Gemeinschaftspatent-Übereinkommens angepasste Regelung. Nach dem Gemeinschaftspatent-Übereinkommen bleiben die vom Rechtsvorgänger bewilligten ausschließlichen und einfachen Lizenzen unberührt, vorausgesetzt, dass sie in das Register für Gemeinschaftspatente eingetragen sind. Ist die Eintragung in das Register unterblieben, können die Nutzungsrechte dem Rechtsnachfolger nur dann entgegengesetzt werden, wenn er deren Bestand kannte.26
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Der Gesetzgeber hat sich 1986 dazu entschlossen, § 15 PatG durch einen Abs. 3 zu erweitern, wonach der Sukzessionsschutz auch für einfache Lizenzen gilt.27 § 15 Abs. 3 PatG findet Anwendung auf den nach seinem Inkrafttreten (1.1.1987) erfolgten Rechtsübergang.28 Die Frage des Fortbestands einer ausschließlichen oder einfachen Lizenz bei einer Verfügung über die Schutzberechtigung vor dem 1.1.1987 richtet sich nach den bis dahin geltenden Grundsätzen.29
5 Vgl. aber § 33 Urheberrechtsgesetz. 6 BGH, 23.3.1982, GRUR 1982, 411. 7 Benkard, PatG, Rn. 108 zu § 15; Klauer/Möhring, PatG, Rn. 39 zu § 9; Krausse/Katluhn/Lindenmaier, Rn. 57 zu § 9; Tetzner, Rn. 39 zu § 9; Reimer, PatG, Rn. 95 zu § 9; Lüdecke, GRUR 1964, 470, sowie weitere Nachweise bei Völp, GRUR 1983, 45. 8 RGZ 76, 235, 236. 9 Benkard, PatG, 5. und 6. Aufl., Rn. 49 zu § 9; Schramm, Grundlagenforschung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrecht, S. 85; Rasch, S. 62, sowie Stumpf, Der Lizenzvertrag, 4. Aufl. 1968, Rn. 370, vgl. auch Rn. 342. 10 BGH, 23.3.1982, GRUR 1982, 411. 11 GRUR 1982, 413. 12 MDR 1982, 895. 13 GRUR 1983, 45. 14 GRUR 1983, 51. 15 GRUR 1983, 203. 16 GRUR 1983, 1946. 17 Vgl. Völp, GRUR 1983, 45. 18 GRUR 1983, 147. 19 Vgl. Rn. 361, vgl. auch Stumpf, Der Lizenzvertrag, 4. Aufl. 1968, Rn. 341 ff. 20 Vgl. dazu § 986 Abs. 2 BGB; vgl. auch RGRK, Rn. 13 zu § 413. 21 Vgl. dazu außer Klawitter, MDR 1982, 895; auch Kraßer, GRUR Int. 1973, 230, 233; Benkard, PatG, 7. Aufl., Rn. 60 zu § 15. 22 BR-Drucks. 1/62, 56, zu § 33 UrhG. 23 Stumpf, Der Lizenzvertrag, 4. Aufl. 1968, Rn. 370. 24