Die zehn wichtigsten Themen für Bürgermeister. Группа авторов
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1.3.1.6De-minimis-Beihilfen
Schließlich werden Begünstigungen eines Unternehmens bis zu einem bestimmten Höchstbetrag nicht als Maßnahmen erachtet, die geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Begünstigungen werden als „De-minimis-Beihilfen“ bezeichnet, auch wenn es sich bei ihnen – mangels Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten – strenggenommen gar nicht um Beihilfen i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt.
Die Voraussetzungen für die De-minimis-Beihilfen werden in Verordnungen der Europäischen Union geregelt. Nach der De-minimis-Verordnung45 kann jedes Unternehmen einen Betrag von bis zu 200000 € in einem Zeitraum von drei Jahren zugewendet bekommen. Nach der DAWI-De-minimis-Verordnung46 erhöht sich der Betrag bei der Erbringung von DAWI auf 500000 € in einem Zeitraum von drei Jahren. Dieses Instrument bietet sich insbesondere bei kleinen Unternehmen an, denen eine Investitionshilfe gegeben werden soll. Auch die die Reduzierung des Kaufpreises bei Verkauf eines Grundstücks an ein Unternehmen kann durch Beachtung dieser Höchstgrenze beihilfenkonform ausgestaltet werden.
Da die Grenzen der Verordnungen in unserem Ausgangsfall bei einem Verlustausgleich in Höhe von etwa 500000 € jährlich überschritten werden würden, handelt es sich bei den Ausgleichszahlungen für das Bad nicht um „De-minimis-Beihilfen“.
1.3.2Zwischenergebnis
Da in unserem Ausgangsfall nicht mit letzter Rechtssicherheit ausgeschlossen werden kann, dass der Verlustausgleich den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt, ist eine Rechtfertigung der Beihilfen zu prüfen.
1.4Rechtfertigung der Beihilfen nach der AGVO
Aus der AGVO, die zuletzt am 17.5.2017 durch eine Verordnung der Kommission47 geändert worden ist, ergeben sich eine Vielzahl von Freistellungsmöglichkeiten für die unterschiedlichsten Bereiche. Darin werden für bestimmte Bereiche Anforderungen festgelegt, bei deren Vorliegen die Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar sind und nicht der Notifizierung durch die Kommission bedürfen.
Gemäß den Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 3 AGVO sind Beihilfen nach Art. 107 Abs. 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn diese Beihilfen alle Voraussetzungen des Kapitels I der AGVO sowie die für die betreffende Gruppe von Beihilfen geltenden Voraussetzungen des Kapitels III der AGVO erfüllen.
1.4.1Allgemeine Freistellungsvoraussetzungen
Das Kapitel I der AGVO enthält eine Reihe von allgemeinen Voraussetzungen für die Freistellung von Beihilfen nach der AGVO:
•Gemäß Art. 4 Abs. 1 AGVO gilt die AGVO nicht für Beihilfen, die die dort genannten Anmeldeschwellen überschreiten. Die Anmeldeschwellen für Investitionsbeihilfen in Sport- und multifunktionale Freizeitinfrastrukturen liegen bei 30 Mio. € oder bei Gesamtkosten von über 100 Mio. € pro Vorhaben. Die Anmeldeschwelle für Betriebsbeihilfen liegt bei 2 Mio. € pro Infrastruktur und Jahr. Da der Verlustausgleich für den Betrieb des Bades in den nächsten Jahren immer weit unterhalb von 2 Mio. € liegen wird, werden die Anmeldeschwellen also nicht überschritten.
•In Art. 8 AGVO wird klargestellt, dass bei der Prüfung der Anmeldeschwellen die gesamten für die geförderte Tätigkeit, das geförderte Vorhaben oder das geförderte Unternehmen gewährten Beihilfen berücksichtigt werden müssen. Da das Bad Verlustausgleich keine weiteren Beihilfen erhält, werden die Anmeldeschwellen aber auch kumulativ nicht überschritten.
•Gemäß Art. 5 Abs. 1 AGVO gilt die AGVO nur für solche Beihilfen, deren Bruttosubventionsäquivalent sich im Voraus genau berechnen lässt, ohne dass eine Risikobewertung erforderlich ist („transparente Beihilfen“). Die Höhe der Beihilfe muss daher zum Zeitpunkt ihrer Gewährung genau feststehen. Als transparent gelten etwa per se Beihilfen in Form von Zuschüssen (Art. 5 Abs. 2 lit. a AGVO). Auch der Verlustausgleich für das Bad lässt sich zum Zeitpunkt seiner Gewährung quantitativ bestimmen, sodass es sich bei ihm um eine transparente Beihilfe handelt.
•Gemäß Art. 6 Abs. 1 AGVO gilt die nur für Beihilfen, die einen Anreizeffekt haben. Beihilfen sollen nur ein Anreiz für das geplante Vorhaben sein und nicht für Vorhaben gewährt werden, die das Unternehmen auch ohne Beihilfe durchgeführt hätte („Mitnahmeeffekt“). Ohne Verlustausgleich würde das Bad mittelfristig nicht mehr betrieben werden können und müsste geschlossen werden. Die Beihilfe in Form des Verlustausgleichs hat demnach auch einen Anreizeffekt.
•Die Mitgliedstaaten müssen zuletzt bestimmte Beihilfeinformationen über das TAM (Transparency Award Module) veröffentlichen: Zum einen die „SANI-2-Daten“ (Art. 9 Abs. 1 lit. a und b i. V. m. Art. 11 lit. a i. V. m. Anhang II AGVO) und bei Einzelbeihilfen von über 500000 € zum anderen auch eine Reihe weiterer Informationen (Art. 9 Abs. 1 lit. c i. V. m. Anhang III AGVO). Da die Ausgleichszahlungen für das Bad bei weniger als 500000 € jährlich liegen werden, kann auf eine Veröffentlichung der weiteren Daten verzichtet werden.
Über diese allgemeinen Anforderungen hinaus bestehen weitere Voraussetzungen, die aber keine Freistellungsvoraussetzungen darstellen (vgl. Art. 3 AGVO):
•Die SANI2-Daten müssen innerhalb von 20 Tagen nach ihrem Inkrafttreten an die Kommission gesendet sein und es muss ein Jahresbericht in elektronischer Form (SARI) an die Kommission übermittelt werden (Art. 11 AGVO). Den Zugang zum Tool vergeben die für Beihilferecht zuständigen Ministerien der Länder.
•Da eine Ex-post-Prüfung durch die Kommission durch jährliche Stichproben erfolgen kann, sind gemäß Art. 10 AGVO Aufzeichnungen und Unterlagen, mit denen die Einhaltung der Freistellungsvoraussetzungen der AGVO belegt werden kann, für zehn Jahre ab dem Tag der Beihilfegewährung aufzubewahren.
1.4.2Besondere Freistellungsvoraussetzungen
Daneben müssen die besonderen Voraussetzungen des Kapitels III der AGVO erfüllt werden. Der Freistellungstatbestand für Sport- und multifunktionale Freizeitinfrastrukturen ist in Art. 55 AGVO geregelt. Das Bad dient der Bevölkerung als Schwimmbad, bietet derselben Zielgruppe aber auch weitere Dienstleistungen (Sauna- und Wellnessangebote) an. Es ist demnach davon auszugehen, dass es sich beim Bad um eine Sport- und/oder eine um multifunktionale Freizeitinfrastruktur handelt. Es ist daher zu prüfen, ob das Bad die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 55 AGVO erfüllt:
•Die Sportinfrastruktur wird „nicht ausschließlich von einem einzigen Profisportnutzer genutzt“ (Art. 55 Abs. 2 AGVO). Das Bad steht vielen verschiedenen Badegästen und nicht nur einem einzigen Profisportler zur Verfügung.
•Das Bad umfasst zudem sowohl Sport- als auch Freizeiteinrichtungen (z. B. den Saunabereich) und ist damit eine Infrastruktur mit multifunktionalem Charakter (Art. 55 Abs. 3 AGVO). Es handelt sich bei dem Bad auch weder um einen Freizeitpark noch um ein Hotel, sodass auch diese Voraussetzung erfüllt wird.
•Die Sport- und multifunktionale Freizeitinfrastruktur steht allen Nutzern zu transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen offen. Genauer gesagt steht der Zugang zum Bad allen zahlenden Nutzern offen (Art. 55 Abs. 4 AGVO).
•Wenn eine Sportinfrastruktur von Profisportvereinen genutzt wird, muss sichergestellt werden, dass die Nutzungspreise und -bedingungen öffentlich bekanntgemacht werden (Art. 55 Abs. 5 AGVO). Da das Bad nicht von Vereinen genutzt wird, die Schwimmen als Profisport anbieten, müssen die Nutzungspreise und -bedingungen nicht öffentlich bekanntgemacht werden.
Gemäß Art. 55 Abs. 7 lit. b, Abs. 9 AGVO können somit Betriebsbeihilfen für Sport- und multifunktionale Freizeitinfrastrukturen gewährt werden: Bei Betriebsbeihilfen sind die Betriebskosten der Infrastruktur beihilfefähig