Time-Temperature-Indicators als Bestandteil intelligenter Verpackungen. obert Paul Simon

Time-Temperature-Indicators als Bestandteil intelligenter Verpackungen - obert Paul Simon


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       1. Anwendungsbereich und Anforderungen der BedarfsgegenständeVO

      Für in Lebensmittelverpackungen verwendete Materialien und Gegenstände gilt in erster Linie die Verordnung (EG) Nr. 1935/2004, die sog. BedarfsgegenständeVO. Sie definiert in Art. 2 Abs. 2 lit. b „intelligente Lebensmittelkontakt-Materialien und -Gegenstände“,

      „mit denen der Zustand eines verpackten Lebensmittels oder die das Lebensmittel umgebende Umwelt überwacht wird“.

      Die BedarfsgegenständeVO gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 2 auch für intelligente Materialien und Gegenstände, soweit diese

      „a) dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen oder b) bereits mit Lebensmitteln in Berührung sind und dazu bestimmt sind oder c) vernünftigerweise vorhersehen lassen, dass sie bei normaler oder vorhersehbarer Verwendung mit Lebensmitteln in Berührung kommen oder ihre Bestandteile an Lebensmittel abgeben“.

      Die hier behandelten TTI sind Etiketten, die sich auf der Lebensmittelverpackung oder in einem Transportbehältnis befinden. Sie sollen nicht mit dem Lebensmittel in Berührung kommen und dies ist auch nicht zu erwarten, da die Verpackung das Lebensmittel gerade vor äußerlichen Einflüssen schützt. Vielmehr reagieren die TTI mit der Temperatur der Verpackung bzw. der Umgebungsluft und messen nicht die Innen- oder Kerntemperatur des einzelnen Produkts. Daher ist die BedarfsgegenständeVO auf diese intelligenten Label in der Regel nicht anwendbar.

      Sollte das Label hingegen auf der Innenseite einer Verpackung angebracht werden, so sind zunächst die Vorgaben der BedarfsgegenständeVO zu beachten. Nach den allgemeinen Anforderungen des Art. 3 BedarfsgegenständeVO dürfen die verwendeten Materialien nicht gesundheitsgefährdend sein und keine unvertretbare Änderung der Zusammensetzung der Lebensmittel und keine Beeinträchtigung der organoleptischen Eigenschaften des Lebensmittels herbeiführen und sind nach guter Herstellungspraxis gemäß Art. 3 Abs. 1 BedarfsgegenständeVO i.V.m. VO (EG) Nr. 2023/2006 herzustellen.

      Zusätzlich bestehen besondere Anforderungen nach Art. 4 BedarfsgegenständeVO i.V.m. der VO (EG) Nr. 450/2009 über aktive und intelligente Materialien und Gegenstände, wonach nur die in der Gemeinschaftsliste zulässiger Stoffe aufgeführten Stoffe benutzt werden dürfen (Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 450/2009) und eine Konformitätserklärung den intelligenten Materialien und Gegenständen beizufügen ist (Art. 16 BedarfsgegenständeVO i.V.m. Art 12 und 13 VO (EG) Nr. 450/2009). Die Gemeinschaftsliste der zulässigen Stoffe wurde allerdings bislang nicht erstellt, sodass übergangsweise gemäß Art. 14 Uabs. 2 VO (EG) Nr. 450/2009 das Missbrauchsprinzip – im Rahmen der allgemeinen Anforderungen der BedarfsgegenständeVO, der Grenzwerte aus Art. 9 und 10 VO (EG) Nr. 450/2009 und etwaiger mitgliedstaatlicher Vorschriften – weitergilt. Für Deutschland hält die BedGgstV keine Sonderregelungen für intelligente Materialien vor.

      Schließlich ist die Rückverfolgbarkeit der Stoffe nach Art. 17 BedarfsgegenständeVO sicherzustellen. Weitere Anforderungen können sich gegebenenfalls aus der VO (EG) Nr. 10/2011 für Kunststoffmaterialien ergeben.

      7 Siehe nur Eggers/Beyerlein, StoffR 2004, 275–278, StoffR 2005, 155–161; Restuccia/Spizzirri/Parisi/Cirillo/Curcio/Iemma/Puoci/Vinci/Picci, Food Control 21 (2010), 1425–1435. 8 Siehe Teufer in: Zipfel/Rathke, C.601 VO (EG) Nr. 1935/2004, C.605 VO (EG) Nr. 450/2009; Handbuch Lebensmittelhygiene-Störmer, IX.7, insbesondere IX.7.2.10; Meisterernst, § 4 Rn. 149–152, § 21 Rn. 20–30; Riemer/Weber, Lebensmittelbedarfsgegenstände- und Verpackungsrecht. 9 Siehe die Website der Europäischen Kommission zu Lebensmittelkontakt-Materialien unter ec.europa.eu/food/safety/chemical_safety/food_contact_materials/legislation_en.

       2. Rechtspolitischer Reformbedarf und aktuelle Initiativen

      10 Heckman, in: Intelligent and Active Packaging for Fruits and Vegetables, S. 307, insbesondere S. 311–312. 11 Siehe die Website der Europäischen Kommission unter ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/1212-Evaluation-of-Food-Contact-Materials-FCM-. 12 Siehe die diesbezügliche Roadmap auf der Website der Europäischen Kommission unter ec.europa.eu/environment/chemicals/better_regulation/index_en.htm.

       III. Informationen über Lebensmittel

      TTI können in Lebensmittellieferketten an unterschiedlichen Stellen zum Einsatz kommen, beispielsweise am Produkt selbst angebracht oder innerhalb von Versand- bzw. Transportbehältnissen. Davon kann wiederum die mit dem TTI bezweckte Aussage abhängig sein. Gibt der TTI Auskunft über den Zustand des Produkts oder bloß über die Einhaltung der Kühlkette in Form der richtigen Umgebungstemperatur? Oder dient er nur als Datengrundlage für einen Algorithmus und soll gar nicht unmittelbar wahrgenommen werden? Denn die bezweckte Aussage kann sich direkt aus dem angebrachten TTI oder erst durch Auslesen mittels einer Anwendungssoftware (application software, im Folgenden abgekürzt: App) und Anzeige auf einem Gerät, beispielsweise einem Smartphone, ergeben.


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