Handbuch Hamburger Polizei- und Ordnungsrecht für Studium und Praxis. Sven Eisenmenger

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       ee) Öffentliche Sicherheit

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      Auch der Begriff der öffentlichen Sicherheit in der DSRL-JI ist unionsautonom zu bestimmen und insoweit weiter als der polizeirechtliche Begriff.

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      Vom Begriff der „öffentliche Sicherheit“ ist laut EuGH „sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaats umfasst, sodass die Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung ebenso wie die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen die öffentliche Sicherheit berühren können“. Der EuGH hat außerdem entschieden, dass der Begriff „öffentliche Sicherheit“ die Bekämpfung der mit bandenmäßigem Handel mit Betäubungsmitteln verbundenen Kriminalität oder des Terrorismus umfasst.129

       d) Auswirkungen auf den Grundrechtsschutz im Sicherheitsrecht der Mitgliedstaaten

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      Nicht einfach zu beschreiben ist das Verhältnis zwischen den unionsrechtlich garantierten und den nationalen Datenschutzgrundrechten. Nach Auffassung des EuGH gelten die Unionsgrundrechte im – von dem Gericht sehr weit verstandenen – Anwendungsbereich des Unionsrechts.130 Das bedeutet, dass das sog. EU-Sekundärrecht (Verordnungen und Richtlinien) im Lichte der Unionsgrundrechte ausgelegt und angewandt werden muss. Weil das Datenschutzrecht in den Mitgliedstaaten sehr weitgehend vom EU-Sekundärrecht bestimmt wird, dürfte hier nur noch wenig Raum verbleiben, in welchem Unionsgrundrechte keine Anwendung fänden.131 Der EuGH wird also künftig im Bereich der DSRL-JI eine Bindung an die Unionsgrundrechte annehmen.132 Die in Umsetzung der DSRL-JI geschaffenen mitgliedstaatlichen Normen werden also – zumindest teilweise – an den Unionsgrundrechten zu messen sein.133 Damit werden die Unionsgrundrechte künftig einen besonders sensiblen Regelungsbereich erfassen, insbesondere mitgliedstaatliches Polizeirecht, d. h. gerade den Bereich, der regelmäßig als Prüfstein der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere des Grundrechtsschutzes eines Mitgliedstaates gilt.134 Das hat weitreichende Folgen: Verletzt hier eine auf der DSRL-JI basierende Eingriffsermächtigung Unionsgrundrechte, müssen deutsche Fachgerichte diese Norm unangewendet lassen. Der EuGH wird hier künftig die grundrechtlichen Schutzgehalte festlegen.135 Während die Bedeutung des EuGH hierdurch erweitert wird, dürfte der Entscheidungsspielraum des BVerfG in diesem bedeutsamen Grundrechtsbereich erheblich schwinden.136

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      Dies bildet auch den Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG: Für den Bereich des vollharmonisierten mitgliedstaatlichen Rechts, wie etwa im Bereich des Datenschutzrechts der DSGVO, hat sich das BVerfG im Jahr 2019 mit seiner Entscheidung „Recht auf Vergessen II137 neu positioniert. Bei der Anwendung unionsrechtlich vollständig vereinheitlichter Regelungen seien nach dem Grundsatz des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts in aller Regel nicht die Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein die Unionsgrundrechte maßgeblich.138 Das BVerfG greift deshalb bei der grundrechtlichen Überprüfung der Rechtsanwendung durch die deutsche Gewalt im Bereich der DSGVO auf die Grundrechte-Charta zurück.139 Andere mitgliedstaatliche Verfassungsgerichte verfahren bereits ähnlich.140 Das BVerfG unterstreicht aber zugleich, dass dem EuGH die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung der Unionsgrundrechte verbleibt und es seine Kontrolle in enger Kooperation mit diesem Gericht ausübt.141 Das BVerfG überprüfe (nur) die richtige Anwendung der Unionsgrundrechte. Es bezeichnet sich insoweit als letztentscheidende Instanz gem. Art. 267 Abs. 3 AEUV und sei demnach bei Zweifeln bei der Auslegung zur Vorlage an den EuGH verpflichtet.142 Eine Anwendung der Unionsgrundrechte komme nur in Betracht, wenn der EuGH deren Auslegung bereits geklärt habe oder die anzuwendenden Auslegungsgrundsätze aus sich heraus offenkundig seien.143 Andernfalls seien die Fragen dem EuGH vorzulegen.144 Damit bleibt das BVerfG auch bei einem unionsrechtlich vollständig überformten deutschen Recht Hüter des individuellen Grundrechtsschutzes. Maßstab des Gerichts bei der Überprüfung der Anwendung des EU-Recht durch die deutsche Gewalt sind hier aber dann nicht die verdrängten deutschen Grundrechte, sondern diejenigen der Grundrechte-Charta der EU.

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      Beim nicht vollständig durch Unionsrecht determiniertem innerstaatlichen Recht bleibt es auf Seiten des BVerfG beim Prüfungsmaßstab der nationalen Grundrechte, die hier allerdings im Lichte der Unionsgrundrechte ausgelegt werden müssen (s. o.). Um einen lediglich teilharmonisierten Bereich dürfte es sich bei der DSRL-JI handeln.

      

      Sven Eisenmenger

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      Das Verfassungsrecht, vor allem in Form des GG, gibt die Rahmenvorgaben für das unter A. I. eingegrenzte Polizei- und Ordnungsrecht bzw. Gefahrenabwehrrecht Hamburgs (SOG, PolDVG und HafenSG) vor. Widmet man sich zunächst dem formalen Aspekt, d. h. ordnet man die Materie in die im GG festgelegten Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten ein, so ergibt sich folgendes Bild:

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      Hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenzen gilt die Regel der Art. 30 und Art. 70 Abs. 1 GG, nach der die Länder das Recht der Gesetzgebung haben, soweit das GG nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Damit ist das Gefahrenabwehrrecht bzw. Polizei- und Ordnungsrecht nach der Grundregel Ländersache.145 Somit ergab sich auch die Kompetenz für den Landesgesetzgeber in Hamburg, das SOG und das PolDVG (Datenverarbeitungsrecht im Zusammenhang mit der Gefahrenabwehr) zu erlassen. Neben der Frage nach den Gesetzgebungskompetenzen für das materielle Recht bzw. für die inhaltlichen Vorgaben des Polizei- und Ordnungsrechts, sind auch die im GG beschriebenen Verwaltungskompetenzen zu beachten, also die Kompetenz, Behörden einzurichten und das Verwaltungsverfahren zu regeln (s. zu dieser typisierenden Beschreibung Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG). Nach Art. 30 GG sind die Länder naturgemäß im Bereich ihrer eigenen Gesetzgebungskompetenz auch für die Verwaltung und das Verwaltungsverfahrensrecht zuständig und zusätzlich in der Regel auch in Bereichen des Bundesrechts, denn nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit das GG nichts anderes bestimmt oder zulässt. Aus diesem Grund ist Hamburg nicht nur zur Einrichtung seiner Landespolizei befugt gewesen, sondern auch zum Erlass eigener verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften, wie etwa des HmbVwVfG, das auch im Falle der Gefahrenabwehr gilt.

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      Von der Grundregel der Landeskompetenz gibt es allerdings sowohl in den Gesetzgebungs- als auch in den Verwaltungskompetenzkatalogen Ausnahmen, von denen die wichtigsten nachfolgend angesprochen werden. So liegt die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Grenzschutz gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG beim Bund (vgl. BPolG), der durch Bundesgesetz dazu gem. Art 87 Abs. 1 Satz 2 GG auch eigene Behörden – die Bundespolizei – einrichten kann.146 Da im Übrigen die Verwaltungskompetenz des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG fakultativ ist, konnte der Bundesgesetzgeber in § 2 Abs. 1 BPolG auch den Ländern Grenzschutzaufgaben zubilligen, soweit dies mit dem jeweiligen Bundesland vereinbart ist. Insofern resultiert


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