Internetkriminalität. Manfred Wernert

Internetkriminalität - Manfred Wernert


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– Wo Menschen zu Radikalen werden

      Polizei zerschlägt Kinderporno-Ring – Haupttäter in Haft

      Attacken auf Superrechner – Hacker greifen europaweit Hochleistungscomputer an

      23-Jährige erstochen – Mörder im Netz kennengelernt

      Wie aus Routern Zombies werden

      Sicherheit im Netz hat ihren Preis

      Seit 1997 erheben die großen deutschen Fernsehsender ARD und ZDF in einer repräsentativen Studie die Entwicklung der Internetnutzung in Deutschland. Danach nutzen rund 90 % der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren das Internet. Die deutlichsten Zuwächse gab es in 2019 bei der medialen Internetnutzung. Video-Streamingdienste wie Netflix gehören mittlerweile für 37 % zum wöchentlichen Medienrepertoire, aber auch Live-Fernsehen im Internet gewinnt an Beliebtheit. Audiostreaming über Spotify und Co. nutzen 13 % der Onliner, 20 % lesen mittlerweile online Artikel oder Berichte. Unter den Social-Media-Plattformen bleibt Facebook (21 % Tagesreichweite) Nummer Eins, Instagram ist der größte Gewinner (+4 %-Punkte auf 13 % Tagesreichweite). Die mediale Internetnutzung und Video-on-Demand gewinnen damit weiter an Bedeutung. Das Smartphone stellt bei der Internetnutzung unverändert ein ungemein relevantes Gerät dar und wird von der befragten Bevölkerung ab 14 Jahren zunehmend als Universalgerät eingesetzt.4

      Die Reichweite des Internets ist damit vergleichbar mit der des Fernsehens. Das Internet zählt für die meisten Online-Nutzer zum Alltag und wird gewohnheitsmäßig täglich eingeschaltet.

      Mit dem Web 2.0 (Social Media) entsteht seit 2003 eine „in sozio-technischer Hinsicht veränderte Nutzung des Internet, bei der dessen Möglichkeiten konsequent genutzt und weiterentwickelt werden. Es stellt eine Evolutionsstufe hinsichtlich des Angebots und der Nutzung des World Wide Web dar, bei der nicht mehr die reine Verbreitung von Informationen bzw. der Produktverkauf durch Webseitenbetreiber, sondern die Beteiligung der Nutzer am Web und die Generierung weiteren Zusatznutzens im Vordergrund stehen“.5

      Wikis, Blog, Microblogs, Social Networks und Social Sharing bezeichnen die Funktionsweisen der Kommunikation im Web 2.0.

      Internetnutzer weltweit verbringen immer mehr Zeit mit sozialen Medien. Während die durchschnittliche Nutzungsdauer von sozialen Medien im Jahr 2012 noch bei 90 Minuten pro Tag lag, belief sich diese Nutzungsdauer im Jahr 2018 bereits auf 138 Minuten täglich. Gemessen an der durchschnittlichen Nutzungsdauer pro Tag ist unter 16- bis 19-Jährigen in Deutschland YouTube das beliebteste soziale Netzwerk. Die tägliche Nutzungsdauer belief sich im Durchschnitt auf 150 Minuten. Die zweithöchste Nutzungsdauer in dieser Altersgruppe erzielte Instagram mit 72 Minuten täglich. Unter den Deutschen ab 60 Jahren weist Facebook die höchste tägliche Nutzungsdauer auf.6

      Smartphone, Tablets, Apps und die Cloud sind heute allgegenwärtig und gleichzeitig vielleicht auch schon wieder von gestern?! Neue Techniken sehen die Funktionen unserer ständigen Begleiter direkt in unseren Körper integriert (vgl. den Begriff Biohacking) – digitale Tattoos machen die Haut zum Medium, kleinste Chips unter der Haut mit kleinen Datenmengen, ins Ohr implantierte Bluetooth-Kopfhörer, operativ eingesetzte Elektroden zur Messung der Gehirnströme projizieren Gedanken in die Umgebung. Die Grenzen zum Cyborg7 sind nicht mehr weit.

      Die Entwicklungen dauern an, im Web 3.0, dem sogenannte semantischen Web, kommt zu den nutzergenerierten Inhalten die Verknüpfung von Bedeutungen. Hier werden Informationen strukturiert und so aufbereitet, dass es Computern möglich ist, diese entsprechend ihrer Bedeutung zu verstehen und zu verarbeiten. Der Nutzer soll bei der Bewältigung der Informationsfülle unterstützt werden.

      In Zukunft sollen nachfragebasierte Daten sowie intelligente Netzwerke die Nutzung des Webs dominieren. Ist von künstlicher Intelligenz die Rede, werden damit in aller Regel die IoT-Anwendungen des Web 4.0 bezeichnet.8

      Künstliche Intelligenz (KI) ist Innovationsmotor und Sicherheitsrisiko zugleich. KI gilt für immer mehr Bereiche als großer Zukunftstrend und wird schon heute in Unternehmen genutzt, um Abläufe zu automatisieren, Anwendungsprobleme zu lösen oder Sicherheitslücken aufzuspüren. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass KI schon bald in nahezu allen Unternehmensbereichen Einzug hält. KI wird aber auch eingesetzt, um Anomalien aufzudecken. Anomalien sind Abweichungen von bereits bekanntem Verhalten, und solche Abweichungen können auf bösartige Absichten hinweisen, die auf verärgerte Beschäftigte, Malware oder gar Kriminelle zurückgehen. Die Attacken sind in der Regel gut vorbereitet. Zuerst spionieren die Täterinnen und Täter mit Hilfe von Spionage-Software etwa E-Mails und Finanzdaten des Unternehmens aus, sichern sich Zugriff auf alle relevanten Systeme und installieren letztendlich die Verschlüsselungssoftware.9

      Das Internet hat sich seit Beginn der 90er Jahre sprunghaft zum „Tummelplatz“ einer globalisierten Informations-, Wissensgesellschaft und Dienstleistungsgesellschaft entwickelt. Es dient als uneingeschränkter Informationspool und als maßgebliches Kommunikationsmittel. Der Kaufmann um die Ecke entwickelte sich zum Internethändler – der bequeme Einkauf von zuhause aus kann weltweit erfolgen. Mit dem Online-Service-Angebot wirbt die Wirtschaft: „Unnötige Wartezeiten am Telefon vermeiden, aktuelle Verträge einsehen, Angebotsberechnungen durchführen, Vertrags-, Adress- und Kontoänderungen vornehmen, Antworten auf Fragen zur Jahresrechnung finden.“ Die Furcht vor Viren und Ansteckung, Kontaktbeschränkungen und Abstandregeln fördern und verlangen die Internetnutzung. Privates wird öffentlich, schon beim Telefonieren an jedem Ort mit dem Handy, jedenfalls beim uneingeschränkten Einsatz mobiler Computer auf Straßen und Plätzen und in öffentlichen Verkehrsmitteln oder durch die Eingabe und Nutzung persönlicher Informationen in sozialen Netzwerken.

      Das Internet bestimmt so das Leben in vielen Bereichen und Situationen unseres Alltags.

      Dabei hat die Technologisierung der Gesellschaft, wie bereits mehrfach angedeutet, auch ihre Schattenseiten, denn „Gelegenheit macht Diebe“. Mit dem Internet entstand das sogenannte „global village“. Dieses „globale Dorf“ ist reich bevölkert. Jeder – mit Zugangsmöglichkeit, und es werden immer mehr – kann diesen Raum, dieses virtuelle neue Gebiet auch nutzen, um Straftaten zu begehen. Entsprechend bietet das Internet die Plattform für neue Tatgelegenheiten und Kriminalitätsformen. Auch Kriminelle nutzen die Vorzüge des Internets für ihre Zwecke aus. Digitale Beutezüge sind wesentlich lukrativer als herkömmlicher Betrug. Hinzu kommt das weit geringere Entdeckungsrisiko. Der „moderne Bankräuber“ agiert im geschützten Raum am Computer, die gefälschte IP-Adresse ersetzt die Maskierung, Gewaltanwendung ist nicht nötig – ein Mausklick genügt.

      Die rasante technologische Entwicklung beeinflusst die Erscheinungsformen von Kriminalität sowie Tat- und Tätertypologien nachhaltig, so BKA-Präsident Jörg Ziercke bei einer Konferenz mit dem Thema „Cybercrime – eine globale Gefahr?“ bereits am 12.05.2010 in Kopenhagen.

      Bei der Herbsttagung im Jahr 2013 warnte das BKA vor zunehmender Cyberkriminalität.10 Der damalige Präsident des BKA, Jörg Ziercke, erkannte darin eine „Bedrohung mit unvergleichbarer Dimension. Die direkten Kosten, die durch Cybercrime entstehen, sind größer als jene, die der Handel von Kokain, Heroin und Marihuana gemeinsam erzeugen“, sagte er in Wiesbaden.

      Für Ziercke stand fest: „Durch die über das Internet zur Verfügung gestellte digitale Infrastruktur eröffnen sich neuartige Modi operandi mit enormen Schadensausmaß und -potenzialen.“ Das Internet entgrenze Kriminalität und sei ungebremst entwicklungsoffen. „Je mehr Geräte und Schnittstellen wir nutzen, je stärker wir uns digital vernetzen, desto mehr nimmt die Verwundbarkeit der Systeme zu.“11

      Eine vermeintliche Anonymität im Internet, die Erreichbarkeit großer Zielgruppen sowie deren teilweise fehlende Kompetenz im Umgang mit den neuen Medien begünstigen kriminelles Verhalten. In fast allen Kriminalitätsbereichen bedienen sich die Täter modernster Technik und nutzen das Internet als Tatmittel.

      Es gibt kaum einen Computernutzer, der noch keinen Virus auf dem Rechner gehabt hätte. Geht der Angriff glimpflich


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