Larandia - Das Bündnis der Zehn. B.L. BELL

Larandia - Das Bündnis der Zehn - B.L. BELL


Скачать книгу
zog sich vom Süden bis in den hohen Norden. Vor seinem Auge taten sich die endlosen Weiten von Sommerland auf. Dieses mussten sie noch durchqueren, um ins Königreich Elenduiel vorzudringen. Denn dort lag ihr eigentliches Ziel: Der zerstörte Königspalast der Hauptstadt Kaladar.

      »Sanduiil, was sieht dein elbisches Auge?«, fragte eine männliche Stimme und ihr Besitzer blickte zu dem Elben empor.

      Der stand in seiner glänzenden Robe von ihm abgewandt. Seine langen weißen Haare hatte er zu einem Zopf geflochten. Die spitzen Ohren standen weit ab. Er trug einen moosgrünen Overall, braune Schnallenstiefel und auf dem Rücken einen Bogen. In seinem Ledergürtel steckten zwei kleine Dolche.

      »Ich sehe keine Regung oder Bewegung des Feindes. Niemand ist uns gefolgt. Wir dürften sicher sein. Aber wir sollten nicht lange verweilen. Verfolger und Späher könnten sich jederzeit nähern«, sprach dieser mit einer Stimme wie Samt.

      »Wir sind seit drei Tagen und Nächten unterwegs. Wir müssen so schnell es geht über den Gebirgspass kommen und nach Elenduiel vordringen. Dort ist die Pforte in die Menschenwelt. Wir brauchen jegliche Hilfe, auch wenn unsere Chancen schlecht stehen«, sagte der Mann hinter dem Elben und trat neben ihn.

      Er trug eine dunkelblaue Kutte mit goldenen Rändern. Seine aschblonden Haare standen wild ab, er hatte einen Dreitagebart, kräftige Hände und an seiner rechten Hüfte steckte ein langes Schwert in der Scheide. Wenn man genau hinsah, konnte man an seinen Fingerspitzen kleine Funken erkennen, welche aus diesen hervor waberten.

      Der Name des Mannes war Gollnow. Er war ein Magier und hatte über viele Jahrhunderte die Kunst der Magie erlernen müssen. Feuer und Wassermagie einzusetzen war nicht schwer, doch die Macht der Ogham-Magie zu erlernen, eine Kunst. Diese Art der Zauberei musste man immer mit Bedacht einsetzen, denn jede Art von Magie raubte dem Körper Energie. Daher hatte sich Gollnow auch im Schwertkampf ausbilden lassen, um nicht allzu verwundbar zu sein. Seine Macht war geschwächt, je mehr er sich von seinem Reich Tel’Eiylan im Westen entfernte. Daher führte Gollnow immer ein Schwert mit sich. Reine Vorsichtsmaßnahme.

      »Verliere nicht gleich den Mut, mein treuer Freund. Allein unsere Vereinigung zeigt, dass wir anders denken und handeln als unsere Vorfahren. Wir haben uns miteinander verbündet und erbitten Hilfe«, antwortete Sanduiil und wandte sich vom Späherposten ab.

      Sein Blick fiel auf zwei schlummernde Personen. Die eine wirkte ziemlich klein, etwas stämmig und war von vielen Furchen und Narben im Gesicht gekennzeichnet. Sie trug eine braune Hose, ein ockerfarbenes Shirt, hatte wettergegerbte und ledrige Haut, eine kräftige Nase, dicke Füße und Hände. Auf dem Schoß lag eine doppelschneidige Axt und auf seinem Kopf thronte ein silberfarbener Helm. Der Name des Gnoms war Tulip, ein Vetter zweiten Grades des Gnomenkönigs Golatas. Der Elb lächelte, wenn er auf den kleinen Gnom herabsah, doch keineswegs belustigt. Er war immer wieder verwundert, wie viel Mut, Ausdauer und Kraft diese kleinen Geschöpfe hatten. Er begegnete ihm im Blauwald, als er sich zu weit in das Gebiet der Gnome mit ihrer Hauptstadt Gondrax vorgewagt hatte. Dort hatte Sanduiil versucht, Verbündete zu finden.

      Sein Vater, der große Elbenkönig Fanras, hatte die Gabe der Voraussicht. Nicht immer ganz zutreffend und zu hundert Prozent genau, jedoch war stets etwas Wahres dran gewesen. Fanras hatte einen dunklen Schatten am Horizont des schwarzen Landes und der verfluchten Toten-Stadt War gesehen. Das Böse, das dort lauerte und von der damaligen Hohepriesterin Zerodyme gebannt worden war, durfte unter keinen Umständen wieder auferstehen, sonst würden alle in größter Gefahr sein. Der Schwarze Fürst, ein mächtiger Schwarzmagier, konnte nach einem erbitterten Kampf vor vielen Jahrhunderten endlich besiegt werden und in Larandia kehrte Frieden ein. Es hatte zu viele Opfer gegeben und das ganze Land war auseinandergerissen worden. Dies durfte unter keinen Umständen erneut passieren.

      Sollte sich nun das verbannte Böse wieder erheben? Sanduiil fühlte sich eh und je Larandia und seinen Bewohnern zutiefst verpflichtet und wollte dieser Prophezeiung nachgehen, kostete es, was es wollte ...

      Der Gnom Tulip hatte seinen Kopf gegen die zarte Schulter einer weiteren Person gelehnt. Sanduiil bemerkte, wie Gollnows Augen auf ihr Antlitz geheftet waren, und schmunzelte leicht. Ihr langes, schwarzes und seidiges Haar war an einigen Stellen am Kopf geflochten. Ihre Haut wirkte ebenmäßig und sehr blass. Sie trug ein rubinrotes knielanges Kleid, schwarze Leggins und braune Lederstiefel. Serenity war die Tochter der Paladinkönigin Narissa und hatte in einer Nacht- und Nebelaktion das Königreich Tar’Nerith hoch oben im Norden verlassen. Sie hatte ihr behagliches Leben im Palast von Azul aufgegeben, um sich der kleinen Gruppe anzuschließen.

      Es war wahrlich keine Reise für schwache Nerven oder verwöhnte Prinzessinnen. Doch dies störte Serenity keinesfalls. Sie hatte von frühester Kindheit an die Heilung von Verwundeten und Kranken erlernt – genauso wie den Nahkampf mit Stangenwaffen und einige tödliche Zaubersprüche im Namen der Gerechtigkeit. Diese durfte sie aber nur einsetzen, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gab, denn die Macht der Magie schwächte die Körper der Paladine besonders, da sie eigentlich nicht dafür gemacht waren.

      Gollnow konnte seinen Blick nur schwer von der schlafenden Schönheit abwenden. Doch in seinem Leben hatte er keinen Platz für solche Schwärmereien oder tiefere Gefühle, denn er hatte sich mit Leib und Seele ganz seinem Volk und seinem Oberhaupt Xaramas verschrieben. Manchmal war es jedoch schwierig, Herz und Verstand in Einklang zu bringen.

      Der Elb hatte sich in der Zwischenzeit der fünften Person zugewandt. Die saß auf einem Felsen, schärfte ihr Schwert und blickte düster in die Runde. Seine Statur glich der eines Kämpfers, eines Gladiators. Die Arme waren muskelbepackt und seine Haut tief gebräunt von der Sonne. Die Haare kohlrabenschwarz und er hatte sie zu einem Zopf gebunden. Die Rüstung war dunkelgrau und schon ein klein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden. Um seine Taille trug der Krieger einen Gürtel, an welchem kleinere und auch größere Dolche baumelten.

      Andariel, so der Name des Mannes, war ein ehemaliger Soldat der königlichen Leibgarde des Geschlechtes Savages. Er hatte nach dem Sieg über die Beasts und den Schwarzen Fürsten neue Herausforderungen gesucht – in den Weiten des Sommerlandes wie viele andere auch. Im Königreich Elenduiel wollte niemand mehr leben. Es war zu trostlos, einsam und alles erinnerte an den Krieg. Der Königspalast in der Hauptstadt Kaladar hatte man fast komplett zerstört.

      Es schmerzte Andariel zu sehr, dorthin zurückzukehren, doch er wusste ebenso wie seine Begleiter, dass sich dort ein magisches Portal zu einer ihnen fremden Welt befand. Zu einer Parallelwelt, die sich Erde nannte. Von dort waren damals in der ersten Zeitrechnung die Speziellen Menschen nach Larandia gekommen. Es hieß, man hatte sie wegen ihrer Andersartigkeit aus ihrer eigenen Heimat vertrieben und sie ließen sich in Elenduiel nieder, erkannten das Geschlecht Savage als ihre Herrscher an und kämpften von diesem Tage an für ihre neue Heimat.

      Doch niemand hatte wirklich etwas für diese anderen Menschen übrig gehabt. Allein schon ihre Fähigkeiten: Gedankenlesen, Feuer mit bloßer Gedankenkontrolle entfachen und leiten, das Verwandeln in Tiere und das Bewegen oder Leiten von Gegenständen – auch mit bloßer Gedankenkontrolle. Für fast alle Bewohner Elenduiels waren sie Hexen oder böse Schwarzmagier gewesen. Böses Blut.

      Die Herrscher der Savages begegneten diesen Speziellen Menschen allerdings mit Würde und Respekt, boten ihnen ein neues Leben in ihrem Königreich und, solange niemand aus ihren Reihen zu Schaden kam und sie ihre Kräfte für das Gute einsetzten oder im Kampf gegen Feinde, sollte niemand ihnen ein Haar krümmen. So war das Gesetz – bis zum heutigen Tage.

      »Andariel, über was zerbrichst du dir den Kopf?«, fragte Sanduiil und setzte sich zu ihm.

      »Über alles. Was gedenkt Ihr in der Neuen Welt zu finden?«

      »Hilfe. Neue Verbündete. Wir müssen versuchen, unsere Völker wieder zu vereinen. Wir müssen besonders das Spezielle Volk einen und erneut einen König auf den Thron von Elenduiel setzen«, sprach der Elb und begutachtete seine Dolche.

      »Wenn dies geschieht, wird der Zauberbann der großen Zerodyme gebrochen und der Schwarze Fürst aus dem Schwarzen Land entkommen! Ihr seid wahnsinnig!« Andariel schüttelte entschieden den Kopf und rammte sein Schwert in den Boden.

      »Nicht,


Скачать книгу