Die Begleitbeistandschaft. Daniel Rosch

Die Begleitbeistandschaft - Daniel Rosch


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      4.1 Die Beistandschaften (Art. 392–394 aZGB)

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      Die Beistandschaften wurden unterteilt in Vertretungs–, Verwaltungs– und kombinierte Beistandschaft sowie die Beistandschaft auf eigenes Begehren. Allen war gemeinsam, dass der Beistand in Bezug auf die Vertretungsmacht konkurrierende Kompetenzen hatte. Die schutzbedürftige Person und die Beistandsperson konnten handeln; die schutzbedürftige Person musste sich aber die Handlungen des Beistandes anrechnen lassen, weshalb die Handlungsfähigkeit faktisch eingeschränkt war.[127] Voraussetzung für Beistandschaften war in aller Regel eine gewisse Kooperationsfähig- und –willigkeit der betroffenen Person; im Minimum durfte diese die Handlungen der Beistandsperson nicht durchkreuzen oder vereiteln.[128]

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      Die Vertretungsbeistandschaften wurden gemäss den Voraussetzungen in Art. 392 aZGB angeordnet. Darunter fielen insbesondere Interessenkollisionen und Vertretung in dringenden Angelegenheiten. Auch wenn sie nur als vorübergehende Massnahme gedacht waren, konnten sie – aufgrund von Auslegung – auch als Dauermassnahme und sogar zur persönlichen Fürsorge errichtet werden.[129]

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      Die Verwaltungsbeistandschaft des Art. 393 aZGB fokussiert demgegenüber Situationen, in denen eine Person aufgrund eines Schwächezustandes nicht ausreichend um ihr Vermögen besorgt sein konnte. Die Vertretungsmacht des Beistandes leitete sich gemäss den abschliessend aufgezählten vier Situationen von diesen ab. Dabei war der Beistand nur für das Vermögen und nicht für die Einkommensverwaltung zuständig;[130] er war diesbezüglich allenfalls auch Vertreter der schutzbedürftigen Person.[131] Eine beschränkte persönliche Fürsorge mit dem Ziel der Vermögensverwaltung war zulässig, wobei Zwangsmassnahmen ausgeschlossen waren.[132]

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      Die beiden Beistandschaften konnten auch kombiniert werden, wobei in der Praxis vorab die Kombination von Art. 392 Ziff. 1 i.V.m. Art. 393 Ziff. 2 aZGB im Vordergrund stand.[133] Hier umfasste die Vertretungsmacht des Beistandes die gemäss Schutzzweck notwendige Personen- und Vermögenssorge.[134]

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      Die Beistandschaft auf eigenes Begehren erschien prima vista als besonders niederschwellige Massnahme. Das eigene Begehren verwies auf die Freiwilligkeit. Damit war sie in Bezug auf die Initialphase durchaus eine sehr milde Form; betrachtete man demgegenüber ihre Vertretungsmacht, so beinhaltet diese eine umfassende Personen- und Vermögenssorge.[135] Entsprechend orientierte sie sich bereits im Gesetzestext an der Vormundschaft,[136] weshalb auch der Aufgabenumfang von der Vormundschaft hergeleitet wurde[137] und somit die Einkommensverwaltung auch zum Aufgabenbereich des Beistandes gehörte. Eine Besonderheit der Beistandschaft auf eigenes Begehren war, dass die Behörde die Massnahme aufheben musste, sobald die schutzbedürftige Person dies beantragte. Die Behörde hatte aber – allenfalls weiter in die Rechtstellung des Betroffenen reichende – andere Massnahmen zu prüfen.[138]

      4.2 Die Beiratschaften (Art. 395 aZGB)

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      Bei der Beiratschaft wurde die Beschränkung der Handlungsfähigkeit der schutzbedürftigen Person erforderlich, weil diese aufgrund ihres Schwächezustandes entweder von sich aus mehr oder minder unkontrolliert selbstschädigende Handlungen ausführte oder dazu verleitet wurde. Die Beiratschaften unterteilten sich in die Mitwirkungsbeiratschaft, die Verwaltungsbeiratschaft, die kombinierte Beiratschaft und die Beiratschaft auf eigenes Begehren. Sie zielten alle primär auf die Vermögenssorge ab. Personensorge war aber möglich; diese durfte aber in Bezug auf die Schutzbedürftigkeit nicht Haupt-, sondern nur Nebenwirkung sein.[139]

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      Die Mitwirkungsbeiratschaft gemäss Art. 395 Abs. 1 aZGB beschränkte die Handlungsfähigkeit der schutzbedürftigen Person, indem die in Ziffer 1.–9. aufgeführten Geschäfte in jedem Falle nur gültig zustande kamen, wenn der Mitwirkungsbeirat diesen zustimmte. Er war nicht gesetzlicher Vertreter; die urteilsfähige schutzbedürftige Person musste die Geschäfte vornehmen, und der Beirat konnte diesen nur zustimmen – sei es stillschweigend, explizit, vorgängig oder nachträglich.[140]

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      Bei der Verwaltungsbeiratschaft wurde der schutzbedürftigen Person die Verwaltung über ihr Vermögen mit Ausnahme der Erträgnisse und der Einkommensverwaltung[141] entzogen und dem Beirat in ausschliesslicher Kompetenz übertragen.[142] Damit wurde in diesen Aufgabenbereichen der betroffenen Person gleichzeitig die Handlungsfähigkeit entzogen.[143]

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      Die kombinierte Beiratschaft vereinte die Wirkungen der Mitwirkungs- und der Verwaltungsbeiratschaft. Damit wurde einerseits das Vermögen mit Ausnahme der Erträgnisse und des Einkommens der schutzbedürftigen Person entzogen; auf der anderen Seite zudem die Handlungsfähigkeit der schutzbedürftigen Person in Bezug auf die Erträgnisse und das Einkommen der in Ziffer 1.–9. aufgeführten Geschäfte eingeschränkt.[144]

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      Die Beiratschaft auf eigenes Begehren war keine eigenständige Massnahme, sondern konnte sich auf die Mitwirkungs–, die Verwaltungs- oder die kombinierte Beiratschaft beziehen. Sie wurde analog zu Art. 394, respektive Art. 372 aZGB angewendet. Folge davon war, dass die Voraussetzungen der Massnahme etwas milder beurteilt werden konnten[145] und die Verhältnismässigkeitsprüfung dazu führte, dass bereits bei geringerer Schutzbedürftigkeit eine Massnahme errichtet werden konnte.[146] Im Unterschied zur Beistandschaft auf eigenes Begehren musste dem Antrag der schutzbedürftigen Person auf Aufhebung nicht automatisch entsprochen werden. Analog zur Vormundschaft auf eigenes Begehren galt Art. 439 Abs. 3 aZGB.[147]

      4.3 Die Vormundschaften (Art. 369–372 aZGB)

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      Die Vormundschaften entzogen der schutzbedürftigen Person die Mündigkeit. Sie war handlungsunfähig; allenfalls war sie beschränkt handlungsunfähig, soweit sie noch urteilsfähig war.[148] Die Rechtsmacht[149] des Vormundes beinhaltete eine umfassende Personen- und Vermögenssorge sowie die Vertretung, wobei hier wiederum die höchstpersönlichen Rechte zu beachten waren.[150] Unterschieden wurden die Entmündigung wegen Geisteskrankheit und Geistesschwäche, diejenige wegen Verschwendung, lasterhaftem Lebenswandel, Trunksucht und Misswirtschaft, wegen Freiheitsstrafe und auf eigenes Begehren. Bei Art. 369 f. aZGB fand sich unter anderem die dauernde Fürsorge- und Beistandsbedürftigkeit als soziale Voraussetzung einer Entmündigung. Damit konnte eine Entmündigung auch im Rahmen der Personensorge erfolgen, und dem Vormund wurden in solchen Fällen insbesondere Aufgabenbereiche der umfassenden Personensorge übertragen.[151]

      4.4 Die Personensorge im Rahmen der altrechtlichen personengebundenen Massnahmen

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      Zusammenfassend waren bereits im altrechtlichen System vormundschaftliche Massnahmen zur Personensorge punktuell oder relativ ausgeprägt möglich, auch wenn dies nicht immer explizit aus dem Gesetzestext ersichtlich war. Grenze dieser zuweilen kreativen Auslegungen von Lehre und Rechtsprechung zugunsten einer funktionierenden Praxis war, dass mit der Anreicherung der Personensorge nicht ein Rechtsinstitut umgestaltet werden durfte. Eine solche Auslegung begünstigte, dass Personen- und Vermögenssorge nicht trennscharf zu unterscheiden waren und in Wechselwirkungen standen.[152]

      5. Fazit: Die Personensorge im rechtshistorischen Rückblick

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      Dieser kurze rechtsgeschichtliche Rückblick hat aufgezeigt, dass unzureichende Vermögenssorge über weite Strecken der Entwicklung ein Grundkriterium des Fürsorgebedarfs war. In dieser Allgemeinheit wurde es zwar erst im Vernunftrecht benannt, findet sich aber de facto bereits im römischen und im gemeinen Recht.[153]


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