Substantieller Rechtsschutz im Mitarbeitervertretungsrecht der Evangelischen Kirche in Deutschland. Johannes Hempel
BPersVG analog
b) Unmittelbarer Zugang zu den staatlichen Gerichten
3. Die eingeschränkte Überprüfung der kirchengerichtlichen Entscheidung durch das staatliche Gericht
C. Einstweiliger Rechtsschutz durch staatliche Gerichte im Mitarbeitervertretungsrecht
I. Lösungsansatz „materiell-rechtliches Erkenntnisverfahren“ und einstweiliger Rechtsschutz
II. Staatlicher einstweiliger Rechtsschutz im Mitarbeitervertretungsrecht
1. Das Verhältnis von kirchengerichtlichem zu staatlichem einstweiligen Rechtsschutzverfahren
2. Die Anwendung des Mitarbeitervertretungsrechts durch staatliche Gerichte
b) Dienstgemeinschaft und säkulare Gerichtsbarkeit
III. Zusammenfassung und Ausblick
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Sommersemester 2020 als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind im Wesentlichen bis März 2020 berücksichtigt.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Pof. Dr. Jacob Joussen. Er hat die Erstellung dieser Arbeit als externer Dissertation ermöglicht, kritisch begleitet und vor allem für eine zügige Durchführung des Promotionsverfahrens gesorgt. Dankbar bin ich ihm auch für die Aufnahme der Arbeit in die vorliegende Schriftenreihe.
Darüber hinaus danke ich Herrn Prof. Dr. Arno Schilberg für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.
Darüber hinaus gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Stefan Huster und Herrn Prof. Dr. Fabian Klinck für ihre Mitwirkung in der Prüfungskommission.
Schließlich aber danke ich meiner Ehefrau für ihren Zuspruch und ihre uneingeschränkte Unterstützung, und meinen Kindern, die mir als „älterem Semester“, insbesondere in technischen Fragen, stets hilfsbereit zur Seite standen.
Meiner Familie ist daher diese Arbeit gewidmet.
Detmold, im Juli 2020
Johannes Hempel
Teil I
Einleitung, Problemaufriss
und Gang der Untersuchung
A. Einleitung und Problemaufriss
1. Der kirchengerichtliche Rechtsschutz in mitarbeitervertretungsrechtlichen Angelegenheiten wird in §§ 56 ff.MVG.EKD geregelt. Für die Durchführung des kirchengerichtlichen Verfahrens gelten eigene kirchengesetzliche Regelungen (§§ 61 – 63 MVG.EKD). Nur „im Übrigen“ finden die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren und der jeweils geltenden Fassung Anwendung (§ 62 S. 1 MVG.EKD). Allerdings sind dessen Vorschriften über Zwangsmaßnahmen nicht anwendbar (§ 62 S. 2 MVG.EKD). Dies bedeutet zumindest den Ausschluss von § 85 I ArbGG und damit – aufgrund der dortigen Verweisung – der Maßnahmen des 8. Buches der Zivilprozessordnung1. Damit ist der kirchliche Rechtsschutz auf das kirchengerichtliche Erkenntnisverfahren beschränkt, sieht man einmal von den „innerkirchlichen Durchsetzungsmitteln“ ab2.
Dies unterscheidet das mitarbeitervertretungsrechtliche Kirchengerichtsverfahren von den Verfahren vor den staatlichen Gerichten. Dort führt zwar nicht jedes Erkenntnisverfahren zur Zwangsvollstreckung, aber es besteht die Möglichkeit, die vom Gericht zuerkannte Rechtsposition zwangsweise durchzusetzen, sofern sie einen vollstreckbaren Inhalt hat3.
Vollstreckbar sind gerichtliche Entscheidungen, wenn sie den, der in Anspruch genommen wird, zu einer Leistung verpflichten, sei es, dass er eine Handlung vornehmen, unterlassen oder dulden, eine Sache herausgeben oder eine Zahlung leisten muss. Über Art und Umfang der Verpflichtung und den Verpflichteten darf dabei im Zwangsvollstreckungsverfahren kein Zweifel bestehen4.
Nicht vollstreckbar sind hingegen gerichtliche Feststellungen5 sowie Gestaltungsbeschlüsse, deren Wirkung ohne Vollstreckung unmittelbar mit Rechtskraft des Beschlusses eintritt6.
2. Der Ausschluss der Zwangsvollstreckung ist in § 62 S. 2 MVG.EKD spezialgesetzlich geregelt, gilt aber gem. § 24 KiGG.EKD, wonach Vorschriften über staatliche Zwangsmaßnahmen nicht anwendbar sind, allgemein für das kirchengerichtliche Verfahren7. Eine zwangsweise Durchsetzung kirchengerichtlicher Entscheidungen – so wird vertreten – sei auch meistens nicht erforderlich. Denn zumindest von den kirchenrechtlich verfassten Organen, die zu einer Leistung verurteilt würden, könne die selbstverständliche Befolgung der sie bindenden Gerichtsentscheidung erwartet werden8.
In den Fällen, in denen die Kirche Gläubigerin eines Leistungsanspruchs sei, sei eine Vollstreckung ebenfalls meistens nicht erforderlich. So könne z. B. die einem Pfarrer oder Kirchenbeamten auferlegte Geldbuße schlicht dadurch vollzogen werden, dass die Bezugsstelle den geschuldeten Betrag von den Bezügen einbehalte; in gleicher Weise ließen sich auch alle sonstigen auf eine Geldleistung aus dem Dienstverhältnis, etwa auf Rückzahlung überzahlter Bezüge oder auf Schadensersatz, gerichteten Leistungsurteile durchsetzen9.
Im Übrigen wird insbesondere für das Mitarbeitervertretungsrecht hinsichtlich von gegen die Dienststellen gerichteten Leistungsansprüchen der Mitarbeitervertretung auf die Mittel der kirchlichen Aufsicht verwiesen10.
3. Gerade für das Mitarbeitervertretungsrecht besteht allerdings eine besondere rechtliche Situation; denn in den Verfahren vor den Kirchengerichten sind nicht nur Stellen der öffentlich-rechtlich organisierten Kirche, sondern aufgrund des sachlichen Geltungsbereichs des MVG.EKD auch die Einrichtungen der