Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD). Christian Warns

Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD) - Christian Warns


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Demgegenüber hindert jedoch die fehlende Bekanntgabe241 das wirksame Zustandekommen der Dienstvereinbarung nicht.242 Da das Mitarbeitervertretungsgesetz von einem rechtsgeschäftlichen Entstehungstatbestand ausgeht, hat die Bekanntgabe lediglich eine deklaratorische Bedeutung.243 Durch das Privatrecht ist die Bekanntgabe nicht als eine Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts vorgesehen.244 Von diesem privatrechtlichen Grundsatz weicht auch das Mitarbeitervertretungsgesetz nicht ab. Insbesondere muss die Bekanntgabe nicht zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Dienstvereinbarung erhoben werden, um die Regelungsadressaten davor zu schützen, dass ihnen aus einer ihnen nicht bekanntgegebenen Dienstvereinbarung Nachteile erwachsen. Zunächst wird die Information der Mitarbeiter regelmäßig schon aufgrund der Amtspflichten der Mitarbeitervertretung (insbesondere § 35 Abs. 3 lit. b) MVG-EKD) und aufgrund der Kundmachungspflicht der Dienststellenleitung tatsächlich gewährleistet sein. Jedoch ergeben sich auch im Falle einer fehlenden Bekanntgabe keine Nachteile für die Mitarbeiter. Solange die Dienstvereinbarung noch nicht bekannt gegeben ist, können sich die Mitarbeiter gegenüber der Dienststellenleitung darauf berufen, dass sie auf den Fortbestand des geltenden status quo vertraut haben.245 Verstößt ein Mitarbeiter objektiv gegen eine sich aus der Dienstvereinbarung ergebende Pflicht, so kann er sich zudem auf die fehlende Kenntnis berufen und hierdurch den Nachweis führen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 276 BGB).246 Bedeutsam ist schließlich, dass sich die Mitarbeiter trotz fehlender Bekanntgabe bereits ab dem Zeitpunkt des wirksamen Zustandekommens der Dienstvereinbarung auf die ihnen eingeräumten Rechte berufen können.247

      III. Freiwilligkeit des Abschlusses

      Das Kirchengericht hat selbst in den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten der §§ 39 f. MVG-EKD nicht die Befugnis, einem (vermittelnden) Regelungsvorschlag der Mitarbeitervertretung oder der Dienststellenleitung stattzugeben. Es ist vielmehr in den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten gemäß § 60 Abs. 6 MVG-EKD darauf beschränkt, die von der Dienststellenleitung beantragte Zustimmungsersetzung vorzunehmen oder den Ersetzungsantrag abzuweisen. Aus § 60 Abs. 6 S. 2 MVG-EKD, wonach sich die Entscheidung der Kirchengerichte im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften und im Rahmen der Anträge von Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung halten muss, lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Insbesondere kann die Befugnis des Kirchengerichts nicht durch einen Antrag ausgeweitet werden, mit dem die Mitarbeitervertretung oder die Dienststellenleitung den Erlass einer vermittelnden Regelung begehrt; ein solcher Antrag kann im Verfahren nach §§ 38 Abs. 4, 60 Abs. 6 MVG-EKD nicht gestellt werden und müsste als unzulässig abgewiesen werden.

      Gemäß § 36a MVG-EKD können die Mitarbeitervertretung und die Dienststellenleitung allerdings in einer freiwilligen Dienstvereinbarung die Einrichtung einer Einigungsstelle vereinbaren, die für Regelungsstreitigkeiten der Dienststellenpartner in den organisatorischen und sozialen Angelegenheiten des § 40 MVG-EKD zuständig ist. Wurde eine solche Einigungsstelle gebildet, so ersetzt ihr Spruch gemäß § 36a Abs. 2 S. 2 MVG-EKD ausnahmsweise die Einigung von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung. Nur in diesem äußerst begrenzten Umfang kann ein Dienststellenpartner die Regelung einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit erzwingen.

      C. Geltungsbereich der Dienstvereinbarung

      Der kirchliche Gesetzgeber hat den potentiellen Geltungsbereich für das mitarbeitervertretungsrechtliche Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung nicht explizit festgelegt. Grundsätzlich steht es den Dienstvereinbarungsparteien daher frei, den Geltungsbereich ihrer Vereinbarung selbst zu bestimmen. Aufgrund dessen ist der Geltungsbereich einer Dienstvereinbarung vom Rechtsanwender stets zunächst im Wege der Auslegung zu ermitteln. Die Dienstvereinbarungsparteien unterliegen jedoch bei der Festlegung des Geltungsbereichs gewissen äußeren Beschränkungen. So kann der Geltungsbereich eines mitarbeitervertretungsrechtlichen Rechtsinstituts nicht weiter reichen als der Geltungsbereich des Mitarbeitervertretungsgesetzes.

      D. Beendigung der Dienstvereinbarung


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