Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens
die ein Erzeugnis (auch VorrichtungVorrichtung genannt) schützen, werden Erzeugnisansprüche oder VorrichtungVorrichtung-sanspruchsansprüche genannt. Diese gewähren dem Patentinhaber Schutz gegenüber Dritten, das Erzeugnis herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen (§ 9 Nr. 1 PatG).
1. HerstellungHerstellung
Die Herstellung umfasst die gesamte Tätigkeit, die auf die Schaffung des Gegenstandes abzielt, und zwar von deren Beginn an. Das bedeutet, sie ist nicht beschränkt auf den letzten, die Vollendung herbeiführenden Tätigkeitsakt.1 Zu unterscheiden ist auch zwischen (zulässiger) Ausbesserung und Reparatur sowie (unzulässiger) Neuherstellung. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist das Ausschließlichkeitsrecht aus einem Erzeugnis-Patent hinsichtlich solcher Exemplare des geschützten Erzeugnisses erschöpft, die vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind. Diese Erzeugnis-Exemplare dürfen insbesondere bestimmungsgemäß gebraucht und an Dritte veräußert werden. Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehören die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder Leistungsfähigkeit des konkreten Exemplars ganz oder teilweise durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt ist. Vom bestimmungsgemäßen Gebrauch jedoch nicht umfasst sind alle Maßnahmen, die darauf hinauslaufen, ein patentgemäßes Erzeugnis erneut herzustellen. Für die Abgrenzung zwischen bestimmungsgemäßen Gebrauch und Neuherstellung ist die Gesamtkombination maßgeblich. Nach diesem Grundsatz hat der BGH – in Abkehr von älterer Rechtsprechung – entschieden, dass die Herstellung einzelner Teile auch dann nicht als unmittelbare Patentverletzung angesehen werden kann, wenn diese Teile erfindungsfunktionell individualisiert sind.2
2. AnbietenAnbieten
Zum Anbieten (früher auch „Feilhalten“ genannt) eines patentierten Erzeugnisses gehört jede Handlung, die einem Dritten die Überlassungsbereitschaft signalisiert, wie beispielsweise die Ausstellung des Erzeugnisses, die Versendung von Werbeprospekten, die Werbung in Zeitungen usw. Dabei ist es gleichgültig, ob die Überlassung im Wege der Eigentumsübertragung oder miet-, leih- oder pachtweise erfolgen soll. Ob das beworbene Erzeugnis bereits hergestellt wurde oder im Inland vorrätig ist, ist nicht entscheidend. Für die Benutzungshandlung des Anbietens ist das tatsächliche Erwecken der schädlichen Nachfrage nach dem Verletzungsgegenstand ausreichend, und zwar auch dann, wenn die in Aussicht gestellte Befriedigung der Nachfrage nicht vom Anbietenden selbst sondern von fremder dritter Seite erfüllt werden soll.1 Auch ein Angebot, das während der Patentdauer erfolgt, sich jedoch allein auf den Abschluss von Geschäften nach Ablauf der Schutzdauer bezieht, stellt eine Patentverletzung dar.2 Internetangebote sind nicht schon deshalb schutzrechtsverletzend, weil sie vom Inland abgerufen werden können. Erforderlich ist vielmehr ein wirtschaftlich relevanter Bezug zum Inland, der sich bspw. daraus ergeben kann, dass das Internetangebot auch in deutscher Sprache abgefasst ist oder dass im Inland bekanntermaßen potenzielle Abnehmer ansässig sind, so dass offensichtlich ist, dass auch diese Kreise angesprochen werden sollen.3
3. InverkehrbringenInverkehrbringen
Unter Inverkehrbringen wird jede Tätigkeit verstanden, durch die der patentierte Gegenstand mit Willen des Entäußernden in die tatsächliche Verfügungsmacht eines Dritten gelangt, so dass dieser den Gegenstand benutzen kann.1 Dazu gehört neben dem Vertrieb auch das Vermieten oder Verleihen einer geschützten Vorrichtung. Eine Eigentumsübertragung ist nicht erforderlich.2
4. GebrauchGebrauch
Ein patentiertes Erzeugnis wird i.S.v. § 9 PatG gebraucht, wenn es bestimmungsgemäß verwendet wird, wie z.B. der Betrieb einer Vorrichtung, die Verwendung einer Sache oder die Verarbeitung eines chemischen Stoffes. Ist das patentierte Erzeugnis Teil einer größeren Einheit, so wird dieser Teil nicht gebraucht, wenn er die technische Funktion der Gesamtsache nicht entscheidend mitbestimmt, wie z.B. der patentierte Nagel in einem Schrank.1
5. EinführenEinführen und BesitzBesitz
Das Einführen patentierter Erzeugnisse aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland stellt dann eine dem PatentinhaberPatent-inhaber vorbehaltene Benutzung dar, wenn die Einfuhr zu dem Zweck erfolgt, das Erzeugnis herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen. Auch ein Besitz zu einem dieser Zwecke kann verboten werden. Der Begriff des Besitzes umfasst die tatsächliche Verfügungsgewalt im wirtschaftlichen Sinne und ist nicht auf den zivilrechtlichen Besitz beschränkt.1
II. Rechte aus VerfahrensansprüchenRechtaus Verfahrensanspruch
Durch einen VerfahrensanspruchAnspruchAnspruchVerfahren wird ein bestimmtes technisches Handeln, das in mehreren Verfahrensmaßnahmen bestehen kann, unter Schutz gestellt. Dabei wird im Wesentlichen unterschieden zwischen
HerstellungHerstellung-sverfahrensverfahren und
ArbeitsverfahrenArbeitsverfahren.
Bei einem Herstellungsverfahren besteht die LehreLehretechnisches Handeln zum technischen Handeln in der Beschreibung der beiden eigentlichen Verfahrensmaßnahmen, nämlich der Wahl der Ausgangsmaterialien und der Art der Einwirkung auf diese. Dabei wird also auf ein Ausgangssubstrat (z.B. Werkstück, Werkstoff) durch mechanische, physikalische, chemische oder biologische Vorgänge eingewirkt, so dass als Arbeitsergebnis ein Erzeugnis entsteht. Das Herstellungsverfahren kann sich beispielsweise auf äußere FormFormGebunggebung (wie Fräsen, Lochen, Stanzen) oder innere stoffliche Beschaffenheit des verwendeten Materials beziehen. Die herrschende Meinung versteht unter einem „Erzeugnis“ nur körperliche Gegenstände. Ungeklärt ist, ob auch sonstige Erzeugnisse, wie z.B. elektrische Energie, dazu gehören.1
Ein Herstellungsverfahren kann auch dann patentfähig sein, wenn das hergestellte Erzeugnis im Prioritätszeitpunkt des Verfahrenspatents an sich bekannt ist (also zuvor auf anderem Wege hergestellt wurde).
Arbeitsverfahren hingegen sind nicht auf das Hervorbringen eines Erzeugnisses gerichtet und haben auch nicht die Veränderung eines bereits bestehenden Objekts zum Ziel. Stattdessen wirken sie auf Objekte ein ohne dass diese als solche nach Abschluss des Verfahrens Veränderungen aufweisen.2 Beispiele dafür sind Verfahren zum Fördern, Ordnen, Reinigen, Messen, Steuern elektronischer Geräte und dergleichen.
1. Anwendung
Ein VerfahrenVerfahren-spatentspatentPatentVerfahrens-, also ein Patent, das mindestens einen Verfahrensanspruch – der ein Herstellungs- oder ein Arbeitsverfahren schützen kann – enthält, hat nach § 9 S. 2 Nr. 2 PatG die Wirkung, dass es einem Dritten ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, das geschützte Verfahren anzuwenden. Dabei ist Anwendung des Verfahrens sein bestimmungsgemäßer Gebrauch.1
2. AnbietenAnbieteneines Verfahrens zur Anwendung eines Verfahrens zur Anwendung
Unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich wenn ein Dritter weiß oder es offensichtlich ist, dass die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, ist es ihm auch verboten, das geschützte Verfahren anzubieten.
Dieses Anbieten eines Verfahrens zur Anwendung, welches zur Geltendmachung von § 9 S. 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG im Inland erfolgen muss, hat in der Praxis aufgrund der besonderen Voraussetzungen keine große Bedeutung. Denn der Dritte müsste einerseits die Details des Verfahrens und andererseits die Existenz sowie den SchutzumfangSchutzumfangPatent des Patents kennen.
3. Durch Verfahren unmittelbar hergestelltes Erzeugnisunmittelbar hergestelltes