Wirtschaftsvölkerrecht. Markus Krajewski
versteht man einen geldwerten Vorteil, den ein Wirtschaftsteilnehmer erhält, ohne dafür eine wirtschaftliche Leistung erbracht zu haben. Regelmäßig entstehen Rentengewinne, wenn eine bestimmte Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern gegenüber ihren Konkurrenten durch eine staatliche Regel bevorzugt wird.
Siehe Teil 1 Rn. 1.
Teil 2 Welthandelsrecht › III. Entwicklung des Welthandelssystems
III. Entwicklung des Welthandelssystems
Literatur:
Hilf/Oeter, WTO-Recht, 2. Aufl. 2010, §§ 2-4, 26 und 32; Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, 2010, § 10; Trebilcock/Howse/Eliason, The Regulation of International Trade, 4th ed., 2013, S. 20–28; Herrmann/Weiß/Ohler, Welthandelsrecht, 2. Aufl., 2007, §§ 5, 6; Krenzler, Die Nachkriegsentwicklung des Welthandelssystems – von der Havanna-Charta zur WTO, in: Prieß/Berrisch (Hrsg.), WTO-Handbuch, 2003.
Teil 2 Welthandelsrecht › III. Entwicklung des Welthandelssystems › 1. Zur Bedeutung der geschichtlichen Entwicklung für das Verständnis des Welthandelsrechts
1. Zur Bedeutung der geschichtlichen Entwicklung für das Verständnis des Welthandelsrechts
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Die WTO wurde 1995 gegründet[1], so dass auch erst ab diesem Zeitpunkt von einer WTO-Rechtsordnung gesprochen werden kann. Die WTO-Rechtsordnung beruht jedoch in zentralen Elementen auf dem Welthandelssystem, das nach dem zweiten Weltkrieg auf der Grundlage des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1947 (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT 1947[2]) entstand. Dies war wiederum eine Reaktion auf die Politik des Protektionismus der Zwischenkriegszeit und deren Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren. Daher ist die Kenntnis der Grundzüge der geschichtlichen Entwicklung des Welthandelssystems für das Verständnis des gegenwärtigen Welthandelsrechts erforderlich.
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Insbesondere zwischen der Rechtsordnung des GATT 1947 und dem WTO-Recht besteht eine enge Verknüpfung, die sich darin äußert, dass Entscheidungen und Verfahrensregeln des GATT 1947 gem. Art. XVI:1 des Übereinkommens zur Gründung der WTO (WTO-Übereinkommen)[3] ausdrücklich in das WTO-Recht einbezogen werden.
Wichtige Norm: Art. XVI:1 WTO-Übereinkommen
Sofern in diesem Übereinkommen oder in den Multilateralen Handelsübereinkommen nichts anderes vorgesehen ist, lässt sich die WTO von den Beschlüssen, Verfahren und üblichen Praktiken der VERTRAGSPARTEIEN des GATT 1947 sowie der im Rahmen des GATT 1947 eingesetzten Organe leiten.
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Die Bedeutung dieser Vorschriften für das Verhältnis der Rechtsordnung des GATT 1947 zur Rechtsordnung der WTO hat der Appellate Body, das ständige Revisionsorgan der WTO-Streitschlichtung[4], im Fall Japan – Alcoholic Beverages[5] so zusammengefasst:
Zitat: „Article XVI:1 of the WTO Agreement (…) bring[s] the legal history and experience under the GATT 1947 into the new realm of the WTO in a way that ensures continuity and consistency in a smooth transition from the GATT 1947 system. This affirms the importance to the Members of the WTO of the experience acquired by the CONTRACTING PARTIES to the GATT 1947 – and acknowledges the continuing relevance of that experience to the new trading system served by the WTO.”[6]
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Das aktuelle Welthandelsrecht beruht somit auf historischen Grundlagen, von denen es sich nicht verabschiedet hat, sondern die es integrieren möchte. Dies unterstreicht die besondere Relevanz der historischen Entwicklung des internationalen Handelssystems für das WTO-Recht.
Anmerkungen
Dazu unten Rn. 191.
Dazu unten Rn. 175 ff.
Dazu unten Rn. 210 ff.
Zum Appellate Body unten Rn. 248 ff., 271 ff.
Zu diesem Fall unten Rn. 331.
Japan – Taxes on Alcoholic Beverages, WT/DS8, 10, 11/AB/R, Bericht des Appellate Body am 1.11.1996 angenommen. Im Internet unter http://www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/cases_e/ds8_e.htm.
Teil 2 Welthandelsrecht › III. Entwicklung des Welthandelssystems › 2. Internationale Handelsbeziehungen bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
2. Internationale Handelsbeziehungen bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
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Grenzüberschreitende Handelsbeziehungen bestehen seit der Herausbildung der ersten politischen Einheiten in den frühen Hochkulturen Asiens und Afrikas. In der Antike entwickelte sich vor allem der Seehandel im Mittelmeerraum zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Vertragliche Regeln zur Förderung aber auch zur Reglementierung des Handels lassen sich daher auch seit dieser Zeit nachweisen. Im Mittelalter spielten Verträge zwischen Fürsten und Kaufleuten eine wichtige Rolle für die rechtliche Gestaltung von grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen. Auch der Städtebund der Hanse diente der Sicherung und der Förderung des Handels.
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Bei den Gebietskörperschaften und politischen Einheiten der Antike und des Mittelalters handelte es sich allerdings nicht um Staaten im heutigen Sinne. Die rechtlichen Beziehungen zwischen diesen Einheiten können daher auch nicht mit Kategorien des modernen Völkerrechts erfasst werden, da sich dies erst mit dem Entstehen der Nationalstaaten im 17. Jahrhundert herausbildete. Erst ab diesem Zeitpunkt kann somit von Wirtschaftsvölkerrecht im eigentlichen Sinne gesprochen werden.
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Die absolutistischen Nationalstaaten des 17. Jahrhunderts verfolgten überwiegend eine u.a. auf den französischen Finanzminister Jean-Baptiste Colbert (1619–1683) zurückgehende Politik des Merkantilismus. Ziel dieser Politik war die Vermehrung des Staatsvermögens durch eine Förderung von Exporten und eine Verteuerung von Importen durch Zölle. Mit dem