Ius Publicum Europaeum. Martin Loughlin

Ius Publicum Europaeum - Martin  Loughlin


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die Entwicklung des Verwaltungsrechts vorangetrieben.[81] Die Gerichte haben zur Rationalisierung des Verwaltungsrechts und zur Ausarbeitung seiner grundlegenden Prinzipien (z.B. Unparteilichkeit, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit) beigetragen. Mehr als andere Rechtsgebiete ist das Verwaltungsrecht ein von Richtern gemachtes Recht.

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      Einführung§ 41 Die Entfaltung des Verwaltungsstaates in Europa › VIII. Kontinuität und Wandel

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      Schließlich wird administrativer Wandel heutzutage regelmäßig durch Regierungsreformen eingeleitet. Das Bedürfnis nach einer grundlegenden Reform der Verwaltung kam im Verlauf des 20. Jahrhunderts auf. Es ist zu einem nicht geringen Teil auf die politische Ebene zurückzuführen. Frankreich während der Zeit der von Léon Blum (1936–1937) angeführten Front populaire bietet insoweit ein gutes Beispiel. Blum schreibt das Scheitern seiner Regierung ihrer Unfähigkeit zu, die Verwaltung zu reformieren. Verwaltungsreform war ein Mittel, um die administrativen Strukturen und Verfahren der neuen Politik einer linksgerichteten Regierung anzupassen.

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      Daneben entwickelte sich das Bedürfnis nach einer Reform der Verwaltung aber auch aus den öffentlichen Verwaltungen selbst heraus. Ein Beispiel dafür ist der Fulton-Report aus dem Jahre 1968, welcher vorschlug, dass die britischen öffentlichen Verwaltungen ihr auf Generalisten ausgerichtetes Modell zugunsten einer weit größeren Rolle von Spezialisten reformieren sollten. Dies führte zur Gründung eines Civil Service College, dessen Aufgabe darin bestand, Verwaltungsbedienstete zu schulen.

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      Bis an die Schwelle der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts blieben Verwaltungsreformen ein episodisches Phänomen in Europa. Die Regierungen konzentrierten ihre Bemühungen auf Reformen des besonders sichtbaren Dienstleistungsbereichs (wie Gesundheit, Renten, Bildung, Wohnungsbau und Beschäftigung). Obgleich es Pläne für eine allgemeine Verwaltungsreform durchaus gab, wurden diese letztlich nicht realisiert. Dies änderte sich im letzten Viertel des Jahrhunderts. Zuerst wurde die Verwaltungsreform zu einem eigenständigen politischen Ziel, dessen Realisierung oft Regierungsmitgliedern überantwortet wurde, die sich ausschließlich dieser Aufgabe widmeten. Zweitens wurde die Verwaltungsreform zu einer permanenten öffentlichen Aufgabe. Drittens wurde die Verwaltungsreform an die Spitze der politischen Agenda gesetzt, versehen mit dem kraftvollen und andauernden Bekenntnis sicherzustellen, dass der Staatsapparat zur Umsetzung der Regierungspolitik so effektiv wie möglich gestaltet ist. Viertens und letztens breitete sich die Verwaltungsreformpolitik als gemeineuropäisches Phänomen aus und wurde in vielen Ländern zum Gegenstand des Regierungshandelns.

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      Die Hauptgründe für das Anliegen der Verwaltungsreform waren die Wiederentdeckung, Affirmation und Ausbreitung der Märkte und des Verbraucherschutzes. Mit ihnen ging ein neues Bürgerverständnis einher. Der Nutzer der öffentlichen Einrichtungen und Dienste war nicht länger administré, sondern ein Kunde, der zufrieden gestellt werden musste. Ein weiterer wichtiger Grund war das Erstarken der Idee des freien Marktes. Dank dieser Idee haben die Verwaltungsreformen ihren Charakter dahingehend geändert, dass Verwaltungshandeln nicht etwas den öffentlichen Sektor lediglich intern Betreffendes, sondern gerade auch für das Funktionieren der Wirtschaft von größter Bedeutung ist: Effizienz und Effektivität werden somit imperativ.

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      Die Verwaltungsreformen, die im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts in vielen europäischen Ländern in Gang gesetzt wurden, weisen zahlreiche gemeinsame Merkmale auf. Sie wurden überall mit emphatischen Bezeichnungen versehen, um ihren innovativen Gehalt herauszustellen: „Neues Steuerungsmodell“ in Deutschland seit 1978, „New Public Management“ im Vereinten Königreich seit 1979, „Renouveau du service public“ in Frankreich seit 1989, „Modernización“ in Spanien seit 1992. Die schöne Formulierung „Re-inventing government“, von David Osborne und Ted Gaebler 1992 in den Vereinigten Staaten geprägt, wurde in vielen europäischen Ländern übernommen. Verwaltungsreformen waren in Ländern mit konservativen Regierungen, etwa Großbritannien in den Jahren von 1979 bis 1997, genauso verbreitet wie in Ländern mit linksgerichteten Regierungen, etwa Frankreich von 1981 bis 1986, von 1988 bis 1993 und von 1997 bis 2002, oder in Ländern mit Koalitionsregierungen wie Deutschland und Italien. Ähnliche Verwaltungsreformen wurden in Ländern mit erheblich voneinander abweichenden Verwaltungskulturen durchgeführt. Die Reformen wurden nahezu immer von der Regierung ausgearbeitet, aber kaum jemals von der Opposition


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