Ius Publicum Europaeum. Andrzej Wasilewski

Ius Publicum Europaeum - Andrzej Wasilewski


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Was die methodische Grundlage angeht, so steht außer Frage, dass der kryptoidealistische Systembegriff kaum wissenschaftlich haltbar ist. Dies ist in der Rechtswissenschaft aber inzwischen angekommen. Wurden früher „das“ System und die rechtswissenschaftlichen Begriffsschöpfungen als dem Recht innewohnend verstanden, gelten sie heute zumeist nur als Instrumente für die Ordnung und Handhabung des Rechts. Man ist viel zurückhaltender in der Auffassung, wie aussagekräftig ein System und rechtswissenschaftliche Begriffe für das geltende Recht sind, wie viel dogmatische Autorität ihnen innewohnt, wie „schlagend“ eine entsprechende Argumentation ist.[134] Auch wird heute kaum ein Rechtswissenschaftler seine Konstruktionen als „letztes Asyl des Rechtsbewußtseins“ verstehen,[135] ein durch und durch undemokratisches und wissenschaftlich unhaltbares Verständnis. Dies mindert aber nicht die Bedeutung der Begriffs- und Systemorientierung als solche. Juristische Dogmatik zielt weiterhin auf Strukturen, mit denen das verwaltungsrechtliche Material systematisch erfasst werden kann. Dies hat eine eigene Normativität, denn sie dient der Kohärenz und damit dem Gedanken der Rechtsgleichheit.[136] Dafür bedarf es jener Begriffs- und Systembildung, die im Mittelpunkt dogmatischen Denkens steht. Weiter erleichtert dies Transferleistungen zwischen Rechtsgebieten und damit rechtliche Innovation in einem dynamischen gesellschaftlichen und politischen Kontext. Dogmatisches Denken ist keineswegs nur nachvollziehend, sondern bisweilen hochgradig kreativ, was die Bezeichnung als „dogmatischen Konstruktivismus“ nahelegt.[137] Viele verwaltungsrechtliche Rechtsinstitute, welche die jeweilige verfassungsrechtliche Konstellation konkretisieren und operationalisieren, sind Geschöpfe der Verwaltungsrechtswissenschaft.

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