BGB-Erbrecht. Lutz Michalski
grundsätzlich unterhalb des Textes stehen muss. Dies ist aber nicht zwingend. Entscheidend ist, dass die Unterschrift den Urkundentext räumlich abschließt, um ihn damit vor nachträglichen Ergänzungen oder Zusätzen zu sichern[88] (sog. Abschlussfunktion, → Rn. 163). Wenn unter dem Text nicht mehr genügend Raum vorhanden ist, kann die Unterschrift daher formwirksam auch quer zum bzw. neben dem Text[89], oberhalb des Textes[90] oder (mit Hinweis auf die Vorderseite) auf der Rückseite[91] geleistet werden.
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Problematisch sind in diesem Kontext Fälle, in denen der Erblasser nach erfolgter Unterschrift weitere Zusätze anbringt (sog. Postskripta). Diese sind jedenfalls dann wirksam, wenn sie keine neue Verfügung beinhalten, sondern lediglich der Erläuterung, Ergänzung oder Klarstellung des bisherigen Inhalts dienen.[92] Postskripta, die eine neue Verfügung beinhalten, sind hingegen nur dann wirksam, wenn sie nach dem feststellbaren Willen des Erblassers von der Unterschrift gedeckt sein sollen und das äußere Erscheinungsbild der Urkunde nicht entgegensteht; andernfalls müssen sie nochmals gesondert unterzeichnet werden.[93]
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In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass nicht das Testament selbst, sondern der Umschlag, in dem sich das Testament befand, unterschrieben wurde. Nach der Rechtsprechung genügt dies der Form des § 2247 Abs. 1 dann, wenn der Unterschrift auf dem Umschlag keine eigenständige Bedeutung zukommt und sie mit dem Text der einliegenden Erklärung in einem so engen Zusammenhang steht, dass sie sich nach dem Willen des Erblassers als äußere Fortsetzung und Abschluss der in der Urkunde verkörperten Erklärung darstellt.[94] Ferner muss der Umschlag verschlossen sein[95].
dd) Orts- und Zeitangabe
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Gem. § 2247 Abs. 2 „soll“ das Testament zwar eine Orts- und Zeitangabe enthalten; dies ist aber für die Formwirksamkeit nicht zwingend erforderlich. Diese Angaben müssen daher auch nicht eigenhändig erfolgen.[96] Wenn der Erblasser Zeit und/oder Ort der Errichtung nicht angibt, läuft er allerdings Gefahr, dass das Testament nicht beachtet werden kann. Denn § 2247 Abs. 5 bestimmt, dass sich in den Fällen, in denen sich aus dem Fehlen von Orts- und/oder Zeitangabe Zweifel an der Gültigkeit des Testaments ergeben, dieses nur dann als gültig angesehen werden kann, wenn sich die Zeit und/oder Ort der Errichtung anderweitig feststellen lassen. Relevant wird dies insb. dann, wenn zwei sich widersprechende Testament ohne Zeitangabe vorliegen und sich die zeitliche Reihenfolge nicht anderweitig feststellen lässt: Da ein älteres Testament durch ein neueres Testament widerrufen werden kann (→ Rn. 189 ff.), heben sich die beiden Testamente insoweit gegenseitig auf, als sie einander widersprechen.[97]
b) Das öffentliche Testament
aa) Vor- und Nachteile
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Ein öffentliches Testament hat zum einen Vorteile für den Erblasser: Aufgrund der Rechtsberatung durch den Notar wird es ihm erleichtert, seinen Willen in gültige Verfügungen von Todes wegen umzusetzen. Vor Fälschungen ist er weitgehend geschützt, da das öffentliche Testament in amtliche Verwahrung beim Amtsgericht gebracht werden soll (§ 34 BeurkG, §§ 346, 347 FamFG). Zudem besteht eine Mitteilungspflicht des Notars an das zentrale Testamentsregister (§ 78d Abs. 1, 2 BNotO, § 34a Abs. 1 BeurkG); die dortige Registrierung erleichtert die Auffindbarkeit der Verfügung nach dem Todesfall. Von der Rechtsklarheit profitieren auch die Erben: Zweifel, ob überhaupt ein Testament vorliegt und ob es echt ist, können vermieden werden; Auslegungsfragen sollten nicht auftreten. Ein Nachteil sind allerdings die für den Erblasser entstehenden Kosten: Die Notarkosten hängen von der Höhe des Vermögens, über das verfügt wird, ab (§§ 34, 102 GNotKG); hinzu kommen die Kosten für die amtliche Verwahrung (75 €, Nr. 12100 KV-GNotKG) und für die Eröffnung des Testaments (§ 348 FamFG; 100 €, Nr. 12101 KV-GNotKG). Auf der anderen Seite kann ein öffentliches Testament aber auch Kosten sparen, weil für die Umschreibung im Grundbuch anstelle eines Erbscheins (→ Rn. 1281 ff.) oder Europäischen Nachlasszeugnisses (→ Rn. 1334 ff.) auch ein öffentliches Testament zusammen mit der Niederschrift über die Eröffnung vorgelegt werden kann (§ 35 Abs. 1 S. 2 GBO).
bb) Die Errichtungsmöglichkeiten des § 2232
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Ein öffentliches Testament kann gem. § 2232 in zwei verschiedenen Formen errichtet werden: durch Erklärung gegenüber dem Notar (→ Rn. 171) oder durch Übergabe einer (offenen oder verschlossenen) Schrift (→ Rn. 172). Die beiden Formen können auch miteinander verbunden werden.[98] Im Ausland kann ein öffentliches Testament auch durch Niederschrift eines Konsularbeamten errichtet werden; Konsularbeamte sollen Testamente aber nur beurkunden, wenn der Erblasser Deutscher ist (§ 11 Abs. 1 S. 1 KonsG).
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Zum einen kann der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen erklären (§ 2232 S. 1 Alt. 1). Die Erklärung kann mündlich erfolgen, aber auch in jeder anderen nonverbalen Form (z.B. Gebärden, Zeichen, Kopfnicken).[99] Ebenso ist es zulässig, dass der Erblasser auf Fragen und Vorschläge des Notars schriftlich antwortet (wenn der Erblasser allerdings lediglich eine schriftlich ausformulierte Erklärung übergibt, liegt ein Fall von § 2232 S. 1 Alt. 2, S. 2 vor).[100] In der Praxis wird meist so verfahren, dass der Notar den Erblasser zunächst berät, dann einen Entwurf erstellt, diesen dem Erblasser vorliest und mit ihm bespricht und der Erblasser die Richtigkeit der einzelnen Verfügungen bestätigt; hierzu genügt schon ein verständliches „Ja“ am Schluss.[101]
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Zum anderen kann die öffentliche Testamentserrichtung durch Übergabe einer offenen oder verschlossenen Schrift erfolgen. Die Schrift kann aus beliebigem Material bestehen (z.B. Papier, Pergament, Holz, Metall).[102] Der Erblasser braucht sie nicht eigenhändig zu schreiben (vgl. § 2232 S. 2 Hs. 2), sondern kann sie auch mit der Schreibmaschine schreiben, eine elektronische Fassung ausdrucken[103] oder die Schrift von einem Dritten erstellen lassen[104]. Mit Blick auf die Wertung des § 2065 Abs. 2 (→ Rn. 152 ff.) muss er aber jedenfalls Kenntnis vom Inhalt der Schrift haben.[105] Die Übergabe muss nicht zwingend „von Hand zu Hand“ erfolgen, sondern entscheidend ist, dass die Schrift mit dem Willen des Erblassers in den Besitz des Notars gelangt.[106] Die Schrift kann offen oder verschlossen übergeben werden (§ 2232 S. 2 Hs. 1). Bei einer offenen Schrift soll der Notar gem. § 30 S. 4 BeurkG vom Inhalt Kenntnis nehmen. Eine verschlossene Schrift darf der Notar hingegen ohne Zustimmung des Erblassers nicht öffnen; sie wird erst bei der Testamentseröffnung (§ 348 Abs. 1 FamFG) geöffnet.[107]
cc) Notarielles Verfahren
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Die Einzelheiten des Verfahrens vor dem Notar ergeben sich aus dem BeurkG. So muss z.B. bei der Errichtung eines Testaments durch mündliche Erklärung die Niederschrift in Gegenwart des Notars dem Erblasser vorgelesen, von ihm genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden (§ 13 Abs. 1 S. 1 BeurkG). Bedeutsam sind vor allem die notariellen Prüfungs- und Belehrungspflichten: Der Notar soll den Willen des Erblassers erforschen, den Sachverhalt klären, den Erblasser über die rechtliche Tragweite des Testaments belehren und seine Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben (§ 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG); im Falle von Zweifeln, ob das Testament dem Gesetz oder dem wahren Willen des Erblassers entspricht, soll er die Bedenken mit ihm erörtern (§ 17 Abs. 2 S. 1 BeurkG).