Arbeitsrecht in der Umstrukturierung. Stefan Schwab
regelmäßig ein dem Sanktionszweck des § 113 Abs. 3 BetrVG genügender Versuch eines Interessenausgleichs. Das Gleiche gilt, wenn sich die Arbeitnehmervertretungen nicht einigen und der Arbeitgeber daraufhin eine Entscheidung trifft, die unter Berücksichtigung der Entscheidungssituation nachvollziehbar erscheint.[278]
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Das BAG hält dabei je nach Lage des Einzelfalles verschiedene Zuständigkeiten für Interessenausgleich und Sozialplan für möglich:[279] Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für den Abschluss eines Interessenausgleichs folgt hiernach nicht per se eine Zuständigkeit auch für den Abschluss eines Sozialplans. Vielmehr ist jeweils gesondert zu prüfen, ob (auch) der Ausgleich oder die Milderung der durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile zwingend unternehmenseinheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden muss.[280]
bb) Die Einigungsstelle
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Die Einigungsstelle kann die Einigung der Betriebsparteien anders als beim Sozialplan nicht ersetzen. Scheitert der erforderliche „Versuch“ des Interessenausgleichs kann der Betriebsrat dementsprechend auch keine Einigung erzwingen.
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Um Nachteilsausgleichsansprüche und eine Unterlassungsverfügung zu vermeiden, hat der Arbeitgeber den Abschluss eines Interessenausgleichs aber zumindest zu „versuchen“ (§§ 112 Abs. 3 Satz 2, 113 Abs. 3 BetrVG). Hierfür ist nach der Rechtsprechung des BAG die Anrufung der Einigungsstelle erforderlich.[281] Auf die Durchführung dieses Verfahrens kann nicht bereits dann verzichtet werden, wenn der Vorsitzende des Betriebsrats dem Arbeitgeber formlos mitteilt, dass der Betriebsänderung zugestimmt werde oder dass ein Interessenausgleich überflüssig sei.[282]
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Die Anrufung der Einigungsstelle setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat (oder umgekehrt) auffordert, sich an der Einigungsstelle beteiligen. Dabei hat er den Gegenstand der Einigungsstelle (Interessenausgleich und/oder Sozialplan) mitzuteilen und die Zahl der Beisitzer vorzuschlagen. Wurde die Einigungsstelle für beide Verfahren eingesetzt, kann sie gleichzeitig zu Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln. Dies ist in der Praxis der übliche Weg.
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Gemäß § 112 Abs. 2 BetrVG kann zuvor jede Seite den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, wenn eine Einigung nicht gelingt. Da die Einschaltung fakultativ ist, hat ihr Unterbleiben keine Rechtsfolgen nach § 113 BetrVG;[283] auch ist die Einbindung keine Voraussetzung für die Durchführung der Einigungsstelle.
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Die Einigungsstelle hat die Einigung für gescheitert zu erklären, wenn die bestehenden Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Sobald dies erfolgt ist, können die Maßnahmen umgesetzt werden. Die unternehmerische Entscheidungsbefugnis über das „Ob“ und das „Wie“ verbleibt damit beim Arbeitgeber. Nicht abschließend geklärt ist bislang allerdings, ob auch der Arbeitgeber die Verhandlungen für gescheitert erklären kann. Nach zutreffender Ansicht kann es nicht allein ins Ermessen des Einigungsstellenvorsitzenden gestellt sein, das Scheitern zu erklären. Maßgeblich ist vielmehr eine objektive Bewertung. Als „gescheitert“ ist der Versuch danach dann zu bewerten, wenn den Parteien hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde und alle Argumente diskutiert wurden. Aufgrund der Bindungswirkung der Gremienentscheidung, die das Einigungsstellenverfahren (anders als die Parteierklärung) zwingend beendet, ist in der Praxis aber regelmäßig eine Entscheidung durch die Einigungsstelle herbeizuführen bzw. abzuwarten. Andernfalls bleibt nur, das Verfahren für gescheitert zu erklären und (ggf. nach Beginn der Betriebsänderung) die Frage des Scheiterns Vorfrage in einem Rechtsstreit geklärt zu klären.[284]
aa) Gegenstand, Erzwingbarkeit, Form
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Gegenstand des Sozialplans ist gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer Betriebsänderung entstehen. In der Praxis werden die Verhandlungen über den Sozialplan regelmäßig mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verknüpft, soweit ein solcher nicht ausnahmsweise (wie in Tendenzbetrieben nach § 118 BetrVG) entbehrlich ist. Abweichungen im Verfahrensverlauf ergeben sich bereits daraus, dass der Sozialplan anders als der Interessenausgleich nicht nur „versucht“, sondern tatsächlich abgeschlossen werden muss.
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Diese Verbindung macht regelmäßig Sinn, da nur dann näher über die abzumildernden Nachteile verhandelt werden kann, wenn die Einzelheiten der durchzuführenden Maßnahmen konkretisiert werden. Auch macht der Betriebsrat den Abschluss des Interessenausgleichs regelmäßig von dem Abschluss des Sozialplans abhängig. Zwingend ist dies jedoch nicht. Auf diese Weise kann der Betriebsrat die Durchführung zwar verzögern, aber nicht verhindern. Hier gilt in der Praxis letztlich: je eher die Einigungsstelle angerufen wird, desto schneller kann die Umsetzung erfolgen.
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Abgesehen von den Fällen des § 112a BetrVG (vgl. dazu Rn. 170) ist ein Sozialplan bei jeder Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG abzuschließen und seine Aufstellung über eine Einigungsstelle erzwingbar. Die Erzwingbarkeit betrifft allerdings nur Regelungen über den Ausgleich oder die Abmilderung der durch die konkrete Betriebsänderung entstehenden Nachteile. Die Einigungsstelle ist nicht zuständig für darüber hinausgehende Maßnahmen wie etwa die Aufstellung von Rahmensozialplänen. Entsprechende Rahmenvereinbarungen können freiwillig vereinbart werden, sind aber dem Spruch der Einigungsstelle entzogen.[285]
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Die Sozialplanpflicht besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber einen Interessenausgleich nicht versucht hat oder der Versuch gescheitert ist. Unabhängig von etwaigen Nachteilsausgleichsansprüchen (§ 113 BetrVG) ist der Arbeitgeber damit grundsätzlich auch nach Durchführung der Betriebsänderung, etwa durch Ausspruch der Kündigungen nach Scheitern der Verhandlungen oder in Fällen des § 118 BetrVG (Tendenzschutz), zum Abschluss eines Sozialplans verpflichtet, so dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle und damit die Erzwingbarkeit nicht allein deshalb entfällt, weil die Maßnahme umgesetzt wurde.[286]
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Verbleiben Zweifel, ob eine Betriebsänderung vorliegt, können Arbeitgeber und Betriebsrat vorsorglich einen Sozialplan abschließen. Dies hat das BAG etwa für den Fall anerkannt, dass bei der Kündigung eines Auftrages über bestimmte Dienstleistungen und Neuvergabe dieses Auftrages an einen anderen Auftragnehmer ungewiss bleibt, ob ein Betriebsübergang vom bisherigen auf den neuen Auftragnehmer vorliegt oder ob der bisherige Auftraggeber seinen Arbeitnehmern – vorsorglich – betriebsbedingt kündigen muss.[287] Denkbar ist auch, dass zwischen dem Arbeitgeber und dem Gesamtbetriebsrat vorsorglich ein Sozialplan vereinbart wird, der für eine Vielzahl künftig möglicher, noch nicht geplanter Betriebsänderungen den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsieht; sieht der örtliche Betriebsparteien im Falle einer konkreten Betriebsänderung dann von einer eigenen Regelung ab, beansprucht dieser Rahmensozialplan Geltung.[288] Anlässlich einer konkreten Betriebsänderung können die Betriebsparteien freiwillige Dauer- oder Rahmensozialpläne aber auch einvernehmlich abändern.[289]
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Die Regelung des § 112a Abs. 1 BetrVG schränkt die Erzwingbarkeit in Fällen des Personalabbaus ein. Danach hängt eine Erzwingbarkeit über die Einigungsstelle in Fällen, in denen eine geplante Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG allein in der Entlassung von