Arbeitsrecht in der Umstrukturierung. Stefan Schwab
Als (grobe) Faustregel kann ein halbes (letztes) Monatsgehalt pro Dienstjahr zugrunde gelegt werden, wenngleich die konkreten Faktoren abhängig von Branche und wirtschaftlicher Situation erheblich nach unten oder oben schwanken können.
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Häufig werden als Ausgangspunkt auch vorhergehende Abschlüsse herangezogen. Lagen diese deutlich über der vorgenannten „Faustformel“ ist es in der Praxis regelmäßig empfehlenswert, mit höheren Sozialplankosten zu kalkulieren. Zwingend ist ein entsprechender Abschluss allerdings nicht. Entscheidend ist die konkrete Betriebsänderung und die damit verbundenen Nachteile. Auch steht es den Betriebsparteien grundsätzlich frei, anlässlich der konkreten Situation von etwaigen Rahmensozialplänen abzuweichen.
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Nach § 75 BetrVG müssen die Betriebsparteien den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Dieser verbietet eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen gegenüber anderen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen in vergleichbarer Lage. Die Prüfung, ob eine unterschiedliche Behandlung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen zulässig ist, hat sich am Zweck der Sozialplanleistung zu orientieren. Durch den Sozialplan sollen wirtschaftliche Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer ausgeglichen oder gemildert, nicht etwa erbrachte Leistungen für den Betrieb oder eine Betriebszugehörigkeit nachträglich vergütet werden.[307]
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Die mit der ansteigenden Betriebszugehörigkeit letztlich einhergehende Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer ist als legitimes Ziel allerdings gerechtfertigt[308] und üblich. Für den Beginn der zu berücksichtigenden Betriebszugehörigkeiten wird regelmäßig auf das arbeitsvertragliche Eintrittsdatum abgestellt. Werden hierzu keine näheren Regelungen getroffen, ist in der Regel davon auszugehen, dass vorangehende Dienstzeiten bei dem betreffenden Arbeitgeber nur berücksichtigt werden, wenn zwischen den Dienstzeiten ein enger zeitlicher Zusammenhang bestand oder Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Anrechnung der Betriebszugehörigkeit im Arbeitsvertrag vereinbart haben,[309] denn unter „Betriebszugehörigkeit“ ist nach allgemeinem Sprachgebrauch und der Rechtsterminologie der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses zu verstehen.[310] Der Begriff der Betriebszugehörigkeit setzt damit voraus, dass der Arbeitnehmer in der fraglichen Zeit dem Betrieb des Arbeitgebers angehörte. Das schließt Beschäftigungszeiten bei einem anderen Arbeitgeber aus. Zur „Betriebszugehörigkeit“ im Sinne eines Sozialplans gehören damit regelmäßig nur die zuletzt ununterbrochen zurückgelegten Beschäftigungszeiten bei dem Arbeitgeber. Die Betriebspartner können in einem Sozialplan auch regeln, dass für die Bemessung der Abfindung nur die Betriebszugehörigkeit beim Arbeitgeber und seinem Rechtsvorgänger, nicht aber die in einem Überleitungsvertrag anerkannte Betriebszugehörigkeit bei einem früheren Arbeitgeber zu berücksichtigen ist.[311]
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Ein Sozialplan kann die Kürzung einer Abfindung für den Fall der Ablehnung eines zumutbaren Weiterbeschäftigungsangebots im Betrieb, Unternehmen oder Konzern vorsehen.[312]
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Zu der Frage, welche Arbeitsplatzangebote zumutbar sind, kann der Sozialplan selbst Festlegungen treffen.[313] Das ist in der Regel bereits deswegen sinnvoll, weil hierdurch Auslegungsprobleme vermieden werden, kommt aber in erster Linie dann in Betracht, wenn konkrete Arbeitsplätze in Aussicht stehen.
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Dabei sind die Betriebsparteien nicht verpflichtet, verheiratete Arbeitnehmer oder solche, die mit ihren Kindern in häuslicher Gemeinschaft leben, gegenüber unverheirateten, kinderlosen Arbeitnehmern zu bevorzugen, in dem sie von einer Reduzierung der Abfindung diejenigen Arbeitnehmer ausnehmen, die eine ihnen angebotene Weiterbeschäftigung wegen familiärer Bindungen ablehnen. Der grundgesetzliche Schutz von Ehe und Familie, der bei der Aufstellung des Sozialplans grundsätzlich zu beachten ist, verpflichtet die Betriebsparteien damit nicht zu einer „positiven Diskriminierung”.[314]
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Möglich ist auch, Mitarbeiter, die einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz ablehnen, vollständig aus dem Geltungsbereich des Sozialplans auszunehmen.[315] Eine solche Regelung erfasst auch den Fall, dass Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Wege eines Betriebsüberganges nach § 613a BGB widersprechen.[316] Hierzu hat das BAG in der Entscheidung vom 10.11.1993[317] zutreffend festgestellt, dass das Widerspruchsrecht bestehe, damit ein Arbeitnehmer sich bei dem mit einem Wechsel des Arbeitgebers verbundenen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang frei für oder gegen die Beibehaltung des bisherigen Arbeitsplatzes entscheiden kann. Daraus folge nicht, dass das – aufgrund der freien Entscheidung des Arbeitnehmers erhalten gebliebene – Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer in jedem Falle ebenso behandelt werden muss, wie das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, der die Möglichkeit nicht hatte, sein Arbeitsverhältnis mit einem Betriebserwerber fortzusetzen. Hierfür spricht auch, dass die Weiterarbeit beim Betriebserwerber nach einem Betriebsübergang dem Arbeitnehmer aufgrund des Bestandsschutzes nach § 613a BGB in der Regel zumutbar ist.[318]
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Sieht ein Sozialplan Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen vor und werden keine abweichenden Regelungen getroffen bzw. gibt es keine anderen Anhaltspunkte, können grundsätzlich aber auch solche Arbeitnehmer einen Anspruch haben, die infolge des Widerspruchs bei ihrem bisherigen Arbeitgeber gekündigt werden müssen. Das gilt auch dann, wenn der Sozialplan für diejenigen Arbeitnehmer, die dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse nicht widersprechen, besondere Leistungen vorsieht.[319] Um dieses Auslegungsergebnis zu vermeiden, empfehlen sich in der Praxis klare Regelungen.
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Diese weite Auslegung resultiert aus dem Charakter des Sozialplans, der nach der Rechtsprechung des BAG als „Betriebsvereinbarung besonderer Art“ zu qualifizieren und wie Tarifverträge auszulegen ist. Damit kann der Wille der Betriebspartner nur Berücksichtigung finden, soweit er im Sozialplan selbst seinen Niederschlag gefunden hat.[320]
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Regelmäßig wird losgelöst von der Abfindungsformel auch über weitere Regelungen verhandelt, die etwa besondere Härten für schwerer auf dem Arbeitsmarkt vermittelbarer Arbeitnehmer ausgleichen sollen, z.B. für Schwerbehinderte. Auch die Berücksichtigung der unterschiedlichen Unterhaltspflichten der betroffenen Arbeitnehmer ist ein gängiges Mittel, um dem Zweck der Sozialplanleistungen (Abmilderung der Nachteile) Rechnung zu tragen. Dabei ist es zulässig, nur solche Kinder zu berücksichtigen, die in der Lohnsteuerkarte eingetragen sind.[321]
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Die Betriebsparteien sind auch nicht verpflichtet, sich innerhalb eines Sozialplans auf eine Berechnungsformel zu beschränken. Vielmehr gehört es zu ihrem Gestaltungsspielraum, verschiedene Formeln zu kombinieren.[322] Sozialpläne dürfen nach der Rechtsprechung des BAG insbesondere eine nach Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen. Sie können etwa für rentennahe Arbeitnehmer Sozialplanleistungen reduzieren.[323]
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Zulässig ist bei Vereinbarung einer Abfindung, die mit der Betriebszugehörigkeit und dem Lebensalter steigt, auch die Vereinbarung von Kappungsgrenzen, d.h. Höchstbeträgen.[324] Denkbar ist (in kleineren Betrieben) auch, die Abfindungen nach den Verhältnissen der jeweiligen Arbeitnehmer festzulegen. Es bedarf nicht der Verwendung einer abstrakten Formel.[325] Allerdings ist dabei besonderes Augenmerk auf das Diskriminierungsverbot und den Gleichbehandlungsgrundsatz zu legen, der im Falle eines Verstoßes zu Ansprüchen auf einen Ausgleich „nach oben“ führen kann.[326]
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Die Zahlung einer Sozialplanabfindung