Handbuch des Strafrechts. Dennis Bock
§ 247 StGB nur anwendbar, wenn Eigentümer und Gewahrsamsinhaber zu den in § 247 StGB genannten Personen gehören.[453]
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Der Begriff des Angehörigen wird in § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB legaldefiniert; Angehörige sind danach Verwandte, Ehepartner, Verlobte sowie weitere in lit. a und b aufgeführte Personen. Eine häusliche Gemeinschaft setzt voraus, dass Täter und Verletzter aufgrund eines freien Willens (der etwa für Soldaten in einer Kaserne oder für Strafgefangene fehlt) und eines ernstlichen Entschlusses (der fehlt, wenn der Täter das Zusammenleben von vornherein nur zum Zwecke der Begehung von Straftaten gegen die Mitglieder der Gemeinschaft herbeiführt)[454] für eine gewisse Dauer[455] tatsächlich mit gemeinsamem Haushalt zusammenleben und dabei zudem den Willen haben, die Verpflichtungen aus der persönlichen Bindung zu tragen.[456]
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§ 247 StGB statuiert ein Antragserfordernis, das prozessualen Charakter hat. Die Vorstellung des Beteiligten ist dabei irrelevant, maßgeblich sind allein die objektiven Voraussetzungen des Tatbestands.[457]
2. Voraussetzungen des § 248a StGB (Diebstahl geringwertiger Sachen)
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Die Norm enthält heute nur mehr ein (relatives) Strafantragserfordernis und stellt eine Ausnahme zu Legalitätsprinzip und Verfolgungszwang (§§ 152 Abs. 2, 170 Abs. 1 StPO) im Bereich der Bagatellkriminalität dar.
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§ 248a StGB ist auf die Fälle der §§ 242 und 246 StGB einschließlich der veruntreuenden Unterschlagung[458] und des Versuchs[459] unmittelbar anwendbar. Ebenso ist die Norm kraft Verweisungen in §§ 248c Abs. 3, 257 Abs. 4 S. 2, 259 Abs. 2, 263 Abs. 4, 263a Abs. 2, 265a Abs. 3, 266 Abs. 2 und 266b Abs. 2 StGB anzuwenden. Dagegen sind Fälle der §§ 244, 244a, 249 ff. und 252 StGB nicht erfasst.[460] Im Falle des § 243 StGB kann eine Geringwertigkeit nur dann zu einem Strafantragerfordernis führen – sonst scheidet gemäß § 243 Abs. 2 StGB schon ein Fall des besonders schweren Falles aus –, wenn das Regelbeispiel nach Nr. 7 einschlägig ist, die Geringwertigkeit verkannt wird, oder nach teilweise vertretener Auffassung ein nicht benannter besonders schwerer Fall vorliegt.[461]
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Für die Bestimmung der Geringwertigkeit[462] ist der objektive Verkehrswert, d.h. der am Markt zu erzielende Verkaufspreis zum Zeitpunkt der Tat, heranzuziehen,[463] wobei Veränderungen nach der Tat[464] genauso wie ein Affektionswert[465] außer Betracht bleiben. Bei mehreren Tatobjekten ist der Gesamtwert entscheidend.[466]
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Die Geringwertigkeitsgrenze stieg in den 1980er Jahren auf etwa 50 DM.[467] Nach der Einführung des Euro wurde sie zunächst – gewissermaßen mittels einfacher Umrechnung – mit 25 Euro angenommen, uneinheitlich gehandhabt[468] und dürfte sich bei dem gut anwendbaren Wert von 50 Euro[469] wieder stabilisieren.
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Der gegenständliche Anwendungsbereich der Norm erstreckt sich unmittelbar auf alle Sachen (körperliche Gegenstände), wobei keine Beschränkung (etwa auf Gebrauchsgüter) besteht. Hierfür nötig ist, dass sich ein objektiver Wert der Sache bestimmen lässt, was in erster Linie bei Sachen mit Verkehrswert der Fall ist. Hat die Sache hingegen „keinen Verkehrswert“, so ist zu unterscheiden: Im Falle eines objektiv nennenswerten funktionalen Wertes (z.B. Ausweispapiere) fällt die Sache nicht in den Anwendungsbereich der Norm; es bedarf keines Strafantrags.[470] Ist hingegen auch kein funktional nennenswertes Interesse gegeben, so ist ihre Bewertung nach Marktkriterien maßgeblich, mit der Folge, dass dies auch zu einem Wert von Null oder nahe Null führen kann, was zu einer Anwendbarkeit der Norm führt.
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Soweit die Vorschrift kraft gesetzlich angeordneter Analogie Anwendung findet, bezieht sie sich nicht nur auf körperliche Gegenstände, sondern auf alle in der jeweils verweisenden Norm geschützten Vermögensbestandteile.[471]
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Anders als bei § 243 Abs. 2 StGB, der ein Schuldmaß betrifft, ist für § 248a StGB als prozessuale Norm allein die objektive Geringwertigkeit ausschlaggebend.[472] Irrtümer sind ohne Belang, denn diese betreffen nur die Verfolgbarkeit der Tat.[473] Im Falle eines Versuchs ist das Handlungsunrecht maßgeblich,[474] wozu also der Täter entsprechend seiner Vorstellung angesetzt hat.[475]
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In Fällen der Mittäterschaft ist – bis auf Exzessfälle – auf die Gesamtbeute abzustellen.[476] Gleiches gilt bei Teilnehmern, soweit sich ihr Beitrag darauf bezieht.[477]
1. Unbefugte Verwendung eines Fahrzeugs, § 248b StGB
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Die Vorschrift stellt in Abweichung von der ansonsten geltenden Straflosigkeit des „Gebrauchsdiebstahls“ (furtum usus) den Sonderfall der Anmaßung des Gebrauchs von Fahrzeugen unter Strafe und wurde durch das 3. StrÄndG vom 4. August 1953[478] eingefügt. Geschütztes Rechtsgut ist das Gebrauchsrecht,[479] denn hierfür sprechen sowohl der Wortlaut der Norm als auch die Gepflogenheiten des Automobilmarktes, erfolgt in diesem doch oft eine Trennung von Nutzungsberechtigung und Eigentum, etwa bei einem Ratenkauf unter Eigentumsvorbehalt oder Leasingverträgen. Eine andere Ansicht hingegen sieht – mit beachtlichen Argumenten – das Eigentum als geschütztes Rechtsgut an und begründet dies mit der systematischen Stellung der Vorschrift,[480] wobei diese Ansicht zur Folge hat, dass der Eigentümer gegenüber dem Nutzungsberechtigten kein tauglicher Täter wäre. Dies steht letztlich aber im Widerspruch zum Wortlaut der Vorschrift, denn es wird kein „fremdes“ Fahrzeug gefordert und es wird zudem auf den Willen des „Berechtigten“ und nicht auf den des Eigentümers abgestellt. Auch erfolgt mittelbar ein Schutz gegen die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch unbefugte und damit gefahr- und unfallträchtige „Schwarzfahrten“.[481]
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a) Taugliche Tatobjekte sind lediglich Kraftfahrzeuge und Fahrräder. Entsprechend der Legaldefinition in Abs. 4 sind Kraftfahrzeuge solche Fahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Gleise gebunden zu sein, wie z.B. Autos, Motorräder, Flugzeuge und Motorschiffe. Straßenbahnen und Fahrzeuge ohne eigenen Antrieb wie Segelflugzeuge, Segelboote und Anhänger sind dagegen nicht erfasst. Ebenso sind Oberleitungsbusse, Seil-, Hänge- und Schwebebahnen aufgrund ihrer (wie bei einer Gleisgebundenheit) eingeschränkten Beweglichkeit und Reichweite und der damit leichteren Wiederauffindbarkeit ebenfalls keine tauglichen Tatobjekte.[482]
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Das Fahrrad ist hingegen nicht legaldefiniert. In Abgrenzung zu den motorbetriebenen Kraftfahrzeugen sind darunter radgebundene Fortbewegungsmittel zu verstehen, die mit Körperkraft betrieben werden.[483] Unter den Begriff fallen auch Sondermodelle wie z.B. Dreiräder und Krankenfahrstühle, denn – wie bei den Kraftfahrzeugen auch – besteht keine Abhängigkeit zu der tatsächlichen Anzahl der Räder.[484] Hingegen fallen Tretroller (sog. „Kickboards“ oder „Scooter“, soweit sie nicht motorisiert sind und daher als Kraftfahrzeuge gelten) nicht unter die Wortschrift, da diese bereits außerhalb des denkbaren Wortsinns liegen dürften.
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b) Die Vorschrift setzt weiter eine Ingebrauchnahme eines der genannten Fahrzeuge voraus. Hierunter versteht man das Ingangsetzen bzw. Inganghalten des Fahrzeugs zur selbstständigen Fahrt.[485] Auch