Zivilprozessrecht. Irmgard Gleußner
id="ulink_89e7d136-a227-572b-a9d1-e3ac6c075261">Im Jahr 2012 hat der Gesetzgeber die Mediation gesetzlich verankert, um in Deutschland auf breiter Ebene eine Kultur der Streitvermeidung zu etablieren. Am 26.7.2012 ist das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (MediationsG)[1] in Kraft getreten, das gesetzliche Regelungen zur außergerichtlichen und gerichtlichen Mediation in allen Verfahrensordnungen (ZPO, ArbGG, FamFG, VwGO, FGO, SGG) enthält. Erklärtes Ziel ist eine rasche und kostengünstige außergerichtliche Streitbeilegung. Einen Schwerpunkt des Gesetzes bilden die berufsrechtlichen Vorgaben für Mediatoren und Mediatorinnen (Aufgaben, Befugnisse, Ausbildung, Verjährung). Zusätzlich wurden die gerichtlichen Güteversuche (§§ 278 Abs. 5, 278a ZPO) neu konzipiert.
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Das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung aus dem Jahr 2009 hat zahlreiche Neuerungen im Vollstreckungsrecht gebracht.[2] Die meisten Änderungen sind 2013 in Kraft getreten. Ganz im Sinne des Gläubigerschutzes steht nun die frühzeitige Informationsbeschaffung über (pfändbare) Vermögenswerte des Schuldners an erster Stelle. Zudem wurde die elektronische Datenverarbeitung im Vollstreckungsrecht fortentwickelt. Das Vermögensverzeichnis (§ 802f Abs. 5 ZPO) und das Schuldnerverzeichnis (§ 882h Abs. 1 ZPO) werden elektronisch geführt. Die EuKoPfVO (Nr. 655/2014) erlaubt seit 2017 eine (einfache) grenzüberschreitende vorläufige Kontenpfändung in der EU; die (deutschen) Ausführungsvorschriften sind neu in die ZPO eingefügt worden (§§ 946–959 ZPO).
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Die fortschreitende Digitalisierung stellt auch die Justiz vor neue Herausforderungen. Zahlreiche Neuregelungen in der ZPO greifen diesen technischen Fortschritt auf (Videokonferenz § 128a ZPO, Internetversteigerungen § 814 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, Fotos in elektronischer Form §§ 885a Abs. 2, 760 S. 2 ZPO etc.). Mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERV-Gesetz) vom 10.10.2013[3] wird der Versuch gestartet, auch für Gerichtsverfahren endgültig in das Zeitalter papierloser (elektronischer) Kommunikation vorzustoßen. Die wichtigsten Änderungen sind 2016 bzw. 2018 in Kraft getreten. Zum 1.1.2018 kommt das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) gem. § 31a BRAO. Es leidet allerdings unter Startschwierigkeiten. Nach dem neuen § 130a ZPO können Anträge nun elektronisch über das beA bei Gericht eingereicht werden. Es besteht für Anwälte eine sog. passive Nutzungspflicht (= ins beA sehen; § 31a Abs. 6 BRAO).[4] Die Pflicht zur elektronischen Einreichung von Schriftsätzen (§ 130d ZPO n.F.) wird für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen erst 2022 verbindlich. Mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (E-Akte-Gesetz) vom 5.7.2017[5] wird es auch für die (Zivil-)Gerichte ernst. Auch sie müssen ihre Papier-Aktenführung allmählich aufgeben. Die Gerichte dürfen sich allerdings mit der E-Akte bis 2026 Zeit lassen (§ 298a Abs. 1a ZPO). Für sehbehinderte Personen gilt es, einen barrierefreien Zugang zu allen Dokumenten zu schaffen (§ 191a GVG).
Anmerkungen
BGBl. I 2012, 1577; hierzu Ahrens NJW 2012, 2465.
BGBl. I 2009, 2258.
BGBl. I 2013, 3786.
Zur E-Justiz Jost/Kempe NJW 2017, 2705; Kasper/Ory NJW 2017, 2709; Siegmund NJW 2017, 3134.
BGBl I 2017, 2208.
1. Teil Einführung in das Zivilprozessrecht › E. Herausforderungen einer ZPO-Prüfung
E. Herausforderungen einer ZPO-Prüfung
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Juristen und Juristinnen stehen bei jeder Prüfung vor der Herausforderung, für die Fallfragen eine sachgerechte (vertretbare) Lösung zu finden. Die Art und Weise, eine Lösung zu finden, ist in sämtlichen juristischen Fragestellungen durch die Methodenlehre vorgegeben. Die Kenntnis der Methodenlehre ist für eine überzeugende Argumentation unverzichtbar. Die Rechtswissenschaft lebt von der Sprache, der Diskussion und dem Gerechtigkeitsgedanken. Jeder Studierende ist daher gut beraten, seine Gedanken in ausführlicher Weise auf Papier zu bringen. In Deutschland, wie auch in vielen anderen europäischen Kontinentalländern, existiert der Vorteil, dass Rechtsuchende in nahezu allen Rechtsgebieten auf ein Gesetz zurückgreifen können. Englische Juristen dagegen stehen regelmäßig vor der Herausforderung, zur Falllösung Gerichtsurteile (auswendig) abrufen zu müssen (= case law). In Deutschland werden Prozesse unter den Rahmenbedingungen der ZPO geführt. Für eine Falllösung ist somit primär der Wortlaut einer Vorschrift aus der ZPO zugrunde zu legen. Dies bedeutet, dass die Studierenden zunächst dadurch „punkten“ können, dass sie die richtige Vorschrift finden und deren Wortlaut richtig wiedergeben. Ist der Wortlaut mehrdeutig, kommt die systematische Auslegung zum Tragen. Damit ist es von Vorteil, zu wissen, in welchem Kontext die Vorschrift steht (Nachbarvorschriften, Abschnitt). Helfen Wortlaut und systematische Auslegung nicht weiter, wird die teleologische Auslegung relevant, die nach dem Zweck der Vorschrift fragt. Das Positive für Studierende ist, dass sie den Zweck des Gesetzes nicht selbst erfinden müssen, sondern – das mag langweilig anmuten – die bereits geäußerten Vorstellungen von Rechtsprechung und Literatur übernehmen können und müssen. Der Knackpunkt ist also oft, den Meinungsstreit zu kennen und korrekt wiederzugeben. Dieses Buch will hierzu Hilfestellung bieten.
Hinweis
Viele Themenbereiche der ZPO sind nicht zentral und zusammenhängend an einer Stelle behandelt, sondern auf eine Vielzahl von Vorschriften verteilt. Diese im Kontext stehenden Vorschriften sollten daher am Rand der „Hauptnorm“ kommentiert werden (soweit es die jeweilige Prüfungsordnung erlaubt). Hier ist aktives Handeln beim Lesen gefordert. Die ZPO (Schönfelder) und ein Bleistift sind unverzichtbare Arbeitsmittel für dieses Buch.
2. Teil Erkenntnisverfahren
Inhaltsverzeichnis
A. Konzepte gütlicher Streitbeilegung
D. Ablauf eines Zivilprozesses