Insolvenzstrafrecht. Gerhard Dannecker

Insolvenzstrafrecht - Gerhard Dannecker


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werden darf.[91] Ansonsten droht den beteiligten Verantwortlichen eine Strafverfolgung wegen Insolvenzverschleppung bzw. wegen einer diesbezüglichen Beihilfe. Abgrenzungsschwierigkeiten und Graubereiche sowohl für die Strafverfolgungsorgane als auch für die Strafverteidigung sind hierbei durch die Vielzahl von erst durch Auslegung ermittelbaren Merkmalen und Erfordernissen zur Feststellung der Insolvenzreife eines Unternehmens jedoch vorprogrammiert. Die Liquidation eines insolventen Unternehmens bringt gesamtwirtschaftlich den Vorteil mit sich, dass Produktionsfaktoren wie Arbeit und Kapital in gesunden Betrieben besser und produktiver verwendet werden können als in erfolglosen Unternehmen.[92] Dieser Erkenntnis kann und darf sich auch ein Gläubiger-/Bankenpool nicht entziehen.

      Als Resümee kann festgehalten werden, dass auf Grund der geschilderten Vorteile nichts Generelles gegen eine freie Sanierung spricht, im Einzelfall jedoch eine missbräuchliche Verwendung dieses Instrumentariums droht.[93]

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      Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Einrichtung eines Verwertungspools. So kann im Poolvertrag die Klausel enthalten sein, dass sich nach erfolglosem Sanierungsversuch des Unternehmens dessen Verwertung anschließt. In einer solchen Verwertungsklausel können die Beteiligten vereinbaren, wie das Vermögen des Schuldners liquidiert werden soll und welche Bank im Liquidationsfalle zu welchem Anteil bedacht wird. Die Verwertung kann bei entsprechend negativer Feststellung der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens auch von Beginn an das erklärte Ziel des Poolvertrages sein. Letzteres ist schwerpunktmäßig bei den Lieferantenpoolverträgen der Fall.

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      Von den Verwertungspoolverträgen unterscheiden sich die Bankenpoolverträge maßgeblich in dem Punkt, dass hier keine Beweis- und Abgrenzungsschwierigkeiten im Vordergrund stehen, da zumindest im Zeitpunkt des Abschlusses des Bankenpoolvertrages gemeinsame Rechte der Gläubigerbanken untereinander noch gar nicht existieren.[94] Ausdrückliche Verwertungspools unter Beteiligung von Banken kommen daher oft nur in der Form gemischter Sicherheitenpoolverträge zwischen Waren- und Geldkreditgebern in Betracht. An solchen Sicherheitenabgrenzungsverträgen beteiligen sich Banken vornehmlich deshalb, weil sie gemeinsam mit anderen Kreditgebern konkurrierende Interessen durch eine optimale (Aus-)Nutzung sämtlicher Sicherheiten zur Geltung bringen wollen. Aufgrund von Vorbehalten der Kreditwirtschaft finden sich solche Verträge in der Praxis jedoch eher selten.

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      Rechtstechnisch handelt es sich bei einem Sicherheitenpool entweder um eine BGB-Gesellschaft oder um ein unechtes Treuhandverhältnis.[95] Auf das Innenverhältnis der Banken als Gesellschafter untereinander, auf die Vermögensstruktur einer solchen BGB-Gesellschaft, den Saldenausgleich, die Verwertung und Erlösverteilung von bzw. aus den Sicherheiten, die Befristung oder die Kündigung soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.[96] Es genügt der Hinweis, dass bei der Bildung eines Bankenpools die allgemeinen Grenzen für die Bestellung von Sicherheiten eingehalten werden müssen, insbesondere also die Sittlichkeitskontrolle gem. § 138 BGB zu keinen Beanstandungen führen darf. Zu Einzelheiten sei auf die allgemeine zivilrechtliche Fachliteratur verwiesen. Ein Verstoß gegen § 138 BGB hat die Nichtigkeit des Sicherungs- wie des gesamten Poolvertrages zur Folge, wenn der Zweck der BGB-Gesellschaft als sittenwidrig im Sinne dieser Vorschrift zu qualifizieren ist. Am Pool beteiligten Gläubigern droht eine Schadensersatzklage anderer Gläubiger nach den §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, 840 Abs. 1 BGB. So kann in einer Benachteiligung nicht in dem Pool organisierter Gläubiger eine Gläubigergefährdung im Sinne von § 826 BGB liegen, wenn ein Gläubiger sich bei der Ausübung seiner Rechte zur an sich legitimen Verfolgung eigener Interessen unlauterer Mittel bedient, durch die Ansprüche anderer Gläubiger vereitelt werden können.[97] Eine Insolvenzverschleppung zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass einem insolvenzreifen Unternehmen ein unzulänglicher Kredit gewährt wird, um damit den Eintritt der Insolvenz hinauszuzögern.[98]

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      Poolvereinbarungen von Gläubigerbanken mit dem Gemeinschuldner zum Zwecke der Unternehmenssanierung sind insolvenzrechtlich dagegen unbeachtlich.[99] Einzelne von Schuldnerseite aus zustimmungsbedürftige Vertragsklauseln bedürfen jedoch einer näheren insolvenzrechtlichen Betrachtung. Die Mitwirkung des Schuldners als berechtigte und verpflichtete Partei im Poolvertrag stellt eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO dar und ist somit mit der Rechtsfolge des § 143 InsO anfechtbar. Gleiches gilt für Poolverträge, die ohne Zustimmung des Schuldners abgeschlossen worden sind. In Frage könnte eine Anfechtung wegen inkongruenter Deckung gem. § 131 InsO kommen. Eine Sicherheit wird dann zu einer inkongruenten Deckung, wenn ihr Geber diese Sicherheit nicht, nicht in der gewährten Art oder nicht zu diesem Zeitpunkt schuldete.[100] Eine entsprechende Anfechtung scheidet allerdings aus, wenn der Gläubigerpool durch den Abschluss des Poolvertrages nicht mehr Rechte erhält, als den beteiligten Gläubigern bereits zuvor einzeln zustanden. Willigt der Schuldner vor Ablauf der in § 131 Abs. 1 InsO genannten Frist in die Erweiterung des Sicherungszwecks ein, so kommt eine Anfechtung nach dieser Vorschrift ebenfalls nicht in Betracht. Gleiches gilt, wenn ein Poolgläubiger vor diesem Zeitraum einen Anspruch auf Erweiterung des Sicherungszwecks hatte.

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      Bargeschäfte gem. § 142 InsO sind ebenfalls der Anfechtung nach § 131 InsO entzogen. Zu beachten gilt es allerdings, dass es an einem Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO fehlt, wenn der Sicherungszweck im Zusammenhang mit Neuvalutierungen lediglich auf bereits bestehende Forderungen erweitert wird. Unter den strengen Anforderungen der Absichtsanfechtung nach § 133 InsO sind Bargeschäfte auch dann anfechtbar, wenn durch eine poolvertragliche Nachbesicherung der Sicherungszweck nicht verändert wurde.[101]

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      Bei vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung besteht die Anfechtungsmöglichkeit des § 133 Abs. 1 InsO. Ein hierzu nachgewiesenes unlauteres, die Gläubiger benachteiligendes Verhalten ist allerdings zu verneinen, wenn der Schuldner zwar die (stets immanenten) Risiken einer Sanierung erkennt, für ihn aber die auf Grund positiver Prognose nachvollziehbare und vertretbare Bemühung um die Rettung des Unternehmens im Vordergrund steht. Durch eine sorgfältige Prüfung der Sanierungsmöglichkeit können die Pool-Banken das Risiko einer Anfechtung nach § 133 InsO minimieren.

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      Die Bildung eines Gläubigerpools ist zulässig und per se nicht strafbar. Inzwischen ist dies sowohl vor wie auch innerhalb eines Insolvenzverfahrens gängige Praxis, kann doch so im Interesse der Mitglieder oftmals eine Fortführung des angeschlagenen Unternehmens erreicht werden.[102] Ein drohendes Insolvenzverfahren steht der Poolbildung nicht entgegen.[103] Die freie Sanierung[104] durch einen Bankenpool kann aus Schuldnersicht eine günstige Alternative zum Insolvenzverfahren und seiner Liquidation sein. Sollte es später dennoch zu einem Insolvenzverfahren kommen, so wird die Rechtsstellung der am Pool beteiligten Gläubiger in diesem Verfahren durch die vorherige Poolbildung jedoch nicht verbessert. Unabhängig von der Zusammenfassung im Poolvermögen muss für jede einzelne Sicherheit bewiesen werden[105], für welchen der Gläubiger und zur Absicherung welcher der gestellten Forderung sie bestellt wurde.[106] Den Gläubigerpools ist die Gefahr der Täuschung und Benachteiligung vor allem von Nichtpoolmitgliedern immanent. Dies eröffnet oftmals die Möglichkeit der Einleitung von Strafverfahren wegen Betruges, Untreue oder Bankrotts gem. § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB.[107] Banken können sich insbesondere über § 14 StGB nach §§ 283 ff. StGB, wegen Insolvenzverschleppung oder Untreue – etwa durch die Vergabe weiterer ungesicherter Kredite – strafbar machen.[108]


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