Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
unabhängig. Sein Zweck soll die Einzelpersönlichkeit der Mitglieder überdauern. Der Verein besteht deshalb auch weiter, wenn ein oder mehrere Mitglieder ausscheiden. Auch ein vollständiger Mitgliederwechsel ist grundsätzlich zulässig.
Zu den Vereinigungsarten, die auf den eingetragenen Verein zurückzuführen und deshalb ebenfalls juristische Personen sind, gehören u. a. die Aktiengesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, obwohl beide als Gesellschaften bezeichnet werden.
Die juristische Person, wie z. B. eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft, kann auch dann noch bestehen, wenn nur ein Mitglied vorhanden ist. Das bedeutet z. B., dass eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH weiterbesteht, wenn sich die Anteile auf Grund des Ausscheidens der anderen Gesellschafter in einer Person vereinigen. Eine GmbH und eine AG können sogar als Einmann-Gesellschaft gegründet werden (vgl. dazu Rn. 815 ff.). Daran zeigt sich, dass das Gesellschaftsrecht nicht nur das Zusammenwirken mehrerer Gesellschafter regelt, sondern darüber hinaus bestimmte Organisationsformen zur Verfügung stellt, deren sich auch Einzelpersonen bedienen können.
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Fraglich ist, ob es eine Einmann-Personengesellschaft (Einpersonengesellschaft) geben kann. Während die Gründung einer Personengesellschaft mit nur einer Person nach geltendem Recht nicht möglich ist, wird die Einmann-Personengesellschaft als Fortsetzungs- oder Liquidationsgesellschaft zur Diskussion gestellt und von manchen bejaht (vgl. dazu § 140 Abs. 1 S. 2 HGB). Weimar[2] verweist in diesem Zusammenhang auf die EWIV-Regelung des europäischen Gesellschaftsrechts, nach der eine EWIV mit nur einem Gesellschafter grundsätzlich bestehen kann. Gegen die Möglichkeit einer Einpersonengesellschaft sprechen allerdings die Gesetzesmaterialien zu § 140 Abs. 1 S. 2 HGB.[3]
2. Die juristische Person
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Juristische Personen sind soziale Organisationen, denen die Rechtsordnung eine eigene Rechtsfähigkeit zuerkennt, damit sie selbst Träger von Rechten und Pflichten sein können. Die juristischen Personen sind also selbst rechtsfähig. Ihre Rechte und Pflichten sind ihre eigenen und nicht diejenigen der ihr angehörenden natürlichen Personen.
Beispiel:
Eigentümer des Grundstücks, auf dem die „Europäische Erdöl-Aktiengesellschaft“ eine Raffinerie betreibt, ist die Aktiengesellschaft als juristische Person, wenn sie das Eigentum an dem Grundstück erworben hat, und nicht die Aktionäre oder der Vorstand der Aktiengesellschaft.
Die Schaffung der Rechtsfigur „juristische Person“ war notwendig, um einen selbstständigen juristischen Zuordnungspunkt für Rechte und Pflichten zu schaffen, die nicht einer natürlichen Person zugeordnet sind. Mit der juristischen Person werden Organisationsformen ermöglicht, die für den Rechtsverkehr in einer modernen Industriegesellschaft unerlässlich sind.
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Man unterscheidet zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts, z. B. Bund, Ländern, Gemeinden, Kreisen, und den juristischen Personen des Privatrechts. Zu Letzteren gehören u. a.: eingetragene Vereine, Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragene Genossenschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und der wirtschaftliche Verein.
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Die Rechtsfähigkeit erwerben juristische Personen erst mit der Eintragung in ein staatliches Register (Vereinsregister, Handelsregister, Genossenschaftsregister) oder durch staatliche Verleihung, wie z. B. der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Allein der Erwerb der Rechtsfähigkeit setzt die juristische Person allerdings noch nicht in den Stand, im Rechtsverkehr zu handeln, wie z. B. einen Kaufvertrag abschließen zu können. Eine juristische Person kann im Rechtsverkehr nur mit Hilfe von natürlichen Personen handeln, die die Organe der juristischen Person bilden. Organe, die diesen Zweck erfüllen, sind z. B. der Vorstand eines eingetragenen Sportvereins und der Vorstand einer Aktiengesellschaft.
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Die Organe können außerdem der Willensbildung innerhalb der juristischen Person dienen. Einen solchen Zweck hat z. B. die Mitgliederversammlung eines Sportvereins oder die Mitgliederversammlung (auch Hauptversammlung genannt) einer Aktiengesellschaft.
Beispiel:
Organe der Aktiengesellschaft sind: der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung (Mitgliederversammlung).
Es gibt auch Organe, die eine Kontrollfunktion wahrnehmen.
Beispiel:
Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft kontrolliert den Vorstand.
Das Verhalten der Organe einer juristischen Person wird nur der juristischen Person, nicht den handelnden Organwaltern zugerechnet. Die juristische Person handelt also selbst, wenn ihre Organe für sie handeln. Man kann sagen: Die juristische Person handelt durch ihre Organe.
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Die unmittelbaren privatrechtlichen Folgen des Handelns, im Wesentlichen der Erwerb von Rechten und Pflichten, treffen deshalb nur die juristische Person selbst. Den Gläubigern einer juristischen Person haftet nur deren Vermögen. Grundsätzlich haften die Mitglieder der juristischen Person nicht mit ihrem Privatvermögen. Während die juristischen Personen die Rechtsfähigkeit auf Grund eines konstitutiven Staatsaktes, der Eintragung in ein Register, erwerben, erlangen Personengesellschaften, wie die Personenhandelsgesellschaften, die Partnerschaftsgesellschaften und die Außengesellschaften bürgerlichen Rechts die Rechtsfähigkeit ohne staatliche Mitwirkung. Dies wird allerdings durch die Haftungsregeln kompensiert[4]. Während die Mitglieder einer juristischen Person das Haftungsprivileg genießen, also für Verbindlichkeiten der juristischen Person nicht mit ihrem Privatvermögen einstehen müssen, haften die Gesellschafter der Personengesellschaften grundsätzlich für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit ihrem Privatvermögen.
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Grundsätzlich können auch juristische Personen, wie z. B. eine Aktiengesellschaft, Träger des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein. Allerdings ist diese Rechtsträgerschaft inhaltlich begrenzt. Die Begründung dafür ergibt sich aus dem Entstehungsgrund, nämlich der Ableitung des Persönlichkeitsschutzes aus Art. 1 und 2 GG zur Ausfüllung einer Lücke. Nach Ansicht des BGH[5] ist eine Ausdehnung der Schutzwirkung des Persönlichkeitsrechts über natürliche Personen hinaus auf juristische Personen nur insoweit gerechtfertigt, als sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Dies ist der Fall, wenn juristische Personen in ihrem „sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen werden“[6].
3. Unterschiede zwischen juristischer Person und Personengesellschaft
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Das bürgerliche Recht knüpft im Hinblick auf die Rechtsfähigkeit an den grundlegenden Begriff der Person an. Es unterscheidet zwischen natürlichen Personen (Menschen) und juristischen Personen (z. B. eingetragenen Vereinen und Aktiengesellschaften). Die wichtigste Eigenschaft einer Person ist die Rechtsfähigkeit. Das Gesellschaftsrecht unterschied ehemals zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Vereinigungen. Nach traditioneller Auffassung konnte eine Vereinigung die Rechtsfähigkeit nur durch die Eintragung in ein öffentliches Register oder durch staatliche Verleihung erlangen; erst damit wurde sie zur juristischen Person. Nicht rechtsfähig waren deshalb bei den Personengesellschaften die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und bei den Körperschaften der nicht eingetragene Verein. Zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Vereinigungen standen die Personenhandelsgesellschaften