Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
Ist der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages und damit die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsregeln zu verneinen, kann ein Ausgleichsanspruch nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht kommen, wenn die Lebensgemeinschaft beendet wird. Das setzt voraus, dass der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung, derentwegen Ausgleich verlangt wird – etwa ein Grundstück, auf dem die Lebenspartner eine Haus errichtet haben, um darin zu wohnen –, „die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung die Zuwendung gedient hat, werde Bestand haben.“[21] Gemeinschaftsbezogene Zuwendungen in diesem Sinne sind nicht die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens erbrachten Leistungen, und auch nicht die Arbeitsleistungen, die ein Partner zugunsten des anderen erbringt.[22]
Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 2. Altern. auf Herausgabe der Zuwendung wegen Zweckverfehlung kann nur dann in Betracht kommen, wenn eine Willensübereinstimmung mit dem Empfänger der Leistung über den mit der Leistung bezweckten Erfolg festzustellen ist.[23]
Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 9 Die BGB-Gesellschaft als reine Innengesellschaft › III. Zur Abgrenzung: Gemeinschaften im Rechtssinne
III. Zur Abgrenzung: Gemeinschaften im Rechtssinne
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Abzugrenzen ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts von der Gemeinschaft i. S. d. § 741 BGB. Gemeinschaft ist die Innehabung eines Rechts durch mehrere Rechtsträger zu ideellen Bruchteilen (Bruchteilsgemeinschaft)[24]. Im Unterschied zur Gesellschaft setzt die Gemeinschaft keinen gemeinsamen Zweck voraus. Ein weiterer Unterschied zur Gesellschaft besteht darin, dass bei der Gesellschaft durch den Gesellschaftsvertrag eine schuldrechtliche Zweck- und Förderungsgemeinschaft geschaffen wird; demgegenüber besteht das Gemeinschaftsverhältnis i. S. d. §§ 741 ff. BGB in der gemeinschaftlichen Innehabung eines Rechts[25].
Beispiel:
Die Gemeinschaft nach Bruchteilen der Miteigentümer (§§ 1008 ff. BGB).
Unvereinbare Gegensätze bilden nach inzwischen h. M.[26] Gemeinschaft und Gesamthand. Das folgt vor allem daraus, dass derselbe Gegenstand entweder mehreren Personen zu Bruchteilen zusteht, oder aber er steht einer Gesamthand zu; beides zugleich ist nicht möglich[27].
Beispiel:
Durch die sog. Globalaktien wird eine Vielzahl von Aktien gleicher Art und Gattung in einer einheitlichen Aktienurkunde (Globalaktie) zusammengefasst. An der Globalurkunde haben die einzelnen Aktionäre Miteigentum nach Bruchteilen; die Miteigentümer bilden eine Gemeinschaft gem. §§ 741 ff. BGB.
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Der wichtigste Unterschied zwischen Gemeinschaft und Gesamthand besteht darin, dass die Rechtszuständigkeit bei der Gemeinschaft unter den Teilhabern geteilt, bei der Gesamthand aber ungeteilt ist. Ein weiterer Unterschied wird dadurch deutlich, dass die Gesamthand rechtsfähig und damit Rechtssubjekt sein kann. Bei der OHG zeigt dies § 124 HGB; für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat der BGH[28] dies inzwischen ebenfalls anerkannt (vgl. dazu Rn. 104 ff.). Dagegen ist die Gemeinschaft der Anerkennung als Rechtssubjekt nicht fähig[29].
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Um klar zwischen Gesamthand einerseits und Gemeinschaft andererseits abgrenzen zu können, sollte nach alledem stets von der Gemeinschaft als einer Bruchteilsgemeinschaft gesprochen werden[30]. Im Unterschied zur Gesamthand (vgl. Rn. 76 ff.) ist die Bruchteilsgemeinschaft Vielheit, nicht Einheit. Es existiert kein Sondervermögen der Gemeinschaft, und es gibt auch keine Einbringung von Gegenständen in die Gemeinschaft. Jeder Bruchteil an einem Gegenstand ist uneingeschränkt dem einzelnen Teilnehmer zugeordnet; er kann ihn z. B. auf Dritte übertragen[31]. Die Gemeinschaft ist kein organisierter Verband. Sie ist nicht fähig, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, und nimmt deshalb weder selbst noch durch Vertreter am Rechtsverkehr teil[32].
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Die Bruchteilsgemeinschaft beruht auf der gemeinsamen Rechtszuständigkeit mehrerer Personen. Dies ist zugleich die Grundlage für ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen den Teilhabern[33]. In den so begründeten Sonderrechtsbeziehungen wird für die Verletzung derselben nach allgemeinen Regeln gehaftet. Gemeinschaftsrecht ist u. a. noch in den §§ 1008 ff., 1415 ff. und 2032 ff. BGB geregelt.
Keine Gemeinschaft i. S. d. §§ 741 ff. BGB ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft; denn die Gemeinschaft knüpft an die gemeinsame Rechtszuständigkeit an und nicht an den Sachverhalt einer sozialen Gemeinschaft[34].
Typische Gemeinschaften im Rechtssinne sind die Wohnungseigentümergemeinschaft und die Gemeinschaft der Erfinder. Bei Letzterer ist Gegenstand der Bruchteilsgemeinschaft das materielle Erfinderrecht einschließlich des Rechts auf ein Patent oder Gebrauchsmuster.
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Lösung zu Fall 16:
Wenn zwischen A und E eine (Innen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestünde, könnte A seine Mitgesellschafterin E nicht ohne weiteres aus der Gesellschaft ausschließen; das wäre vielmehr nur unter den in §§ 723 ff., 737 BGB genannten Voraussetzungen möglich. Außerdem dürfte A wegen der den Gesellschaftern gemeinschaftlich zustehenden Geschäftsführungsbefugnis (§ 709 BGB) nicht ohne Zustimmung der E seine Freundin F einstellen. Auf die Vertretungsmacht nach § 714 BGB kommt es nicht an, da das Fehlen der Vertretung der Gesellschaft nach außen für Innengesellschaften gerade charakteristisch ist (Rn. 182). A hat die F im eigenen Namen eingestellt, ist also selbst Vertragspartner geworden. Wegen der Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis (Widerspruch der E) macht A sich eventuell gem. § 280 BGB schadensersatzpflichtig.
Für die Frage nach der Wirksamkeit des Ausschlusses der E kommt es darauf an, ob zwischen A und E eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts besteht. In Betracht kommt eine BGB-Gesellschaft als Innengesellschaft. Die Rspr. hat häufig BGB-Gesellschaften als reine Innengesellschaften zwischen Eheleuten angenommen, wenn der eine Ehegatte in erheblichem Umfange ohne entsprechende Vergütung in dem Geschäft des anderen mitgearbeitet hat, das nach außen nur im Namen des anderen betrieben wurde[35]. In so gelagerten Fällen kommt ein Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 BGB durch schlüssiges Verhalten, d. h. durch die Abgabe entsprechender auf den Vertragsschluss gerichteter Willenserklärungen durch konkludentes Verhalten, zustande. Der BGH[36] geht von einer durch schlüssiges Verhalten begründeten Innengesellschaft insbesondere dann aus, wenn die Eheleute einen über den „typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck dadurch verfolgen, dass sie durch Arbeit und Einsatz von Vermögenswerten gemeinsam ein Unternehmen aufbauen oder auch nur gemeinsam gleichberechtigt eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausüben“[37]. Indem E 12 Jahre lang unentgeltlich im Laden die im Betrieb hergestellten Backwaren verkauft, die notwendigen Waren für den Betrieb kauft und die Bücher führt, übt sie durch ihre verantwortungsvolle Arbeit berufliche und gewerbliche Tätigkeiten aus, die über den typischen Rahmen einer ehelichen Lebensgemeinschaft weit hinausgeht. Wegen der im Übrigen mit A gleichberechtigten Stellung im Betrieb kann von einer durch schlüssiges Verhalten begründeten Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ausgegangen werden. Infolgedessen kann sich A von E nur nach den für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltenden gesetzlichen Regeln trennen, soweit es sich um den Bäckereibetrieb handelt.
Anmerkungen